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„Schwimmis“ Hölzerne Badebrücke an der Fulda
- Autor: Erhard Schaeffer
- Zeit: 1800-1849
- Ort: Fulda-Schifffahrt
- Vom: 04.05.2019
- Themen: Stadtteilkultur, Bedeutende Persönlichkeiten
Ab 1828 bestand am rechten Ufer der Fulda ein Badebetrieb, der jedes Jahr in den Sommermonaten die Schwimmer zum Baden anlockte. Am Anfang war das Bad nur für Männer, später aber auch für Schüler und Schülerinnen aller Kasseler Schulen erlaubt. Anfang des 20. Jahrhunderts betrieb August Gerhardt, genannt Schwimmi, erfolgreich diese Badeanstalt.
Alles begann damit, das der Konditor Jerome Francois Labasse' aus der Unterneustadt 1828 auf die Idee kam an der Fulda eine Flussbadegelegenheit zu schaffen. Das Bad bestand auf einer Wiese hinter Erlen- und Weidenbäumen auf dem Gartengrundstück des Landwirts Kaspar Reinemann mit einer ins Wasser führenden Treppe zum rechten Flussufer. Im Jahr 1838 erwarb der Hutmacher Jean Baptiste Collet den Badebetrieb von dem Konditor aus der Schweiz.
Von der Kurfürstlichen Polizei wurde der Betrieb stillschweigend geduldet, da sich die Badegesellschaft ausschließlich aus ehrbaren Männern zusammensetzt. Der Badebetrieb florierte so gut, dass ein Kahn angeschafft wurde, der die Badefreunde auf Pfiff vom anderen Ufer an der Aueseite abholte. 1839 zählte die Badegemeinde bereits über hundert Mitglieder. J. B. Collet gab später sein Geschäft am Altmarkt auf. Er erhielt die behördliche Genehmigung zum Errichten einer Holzhalle mit einer Waschgelegenheit und die Erlaubnis „Personen männlichen Geschlechts zum Schwimmen unterrichten zu dürfen“. Durch Werbung in den örtlichen Höheren Schulen bekam Collet alljährlich eine größere Anzahl von Schülern zugewiesen. Es galt der Spruch: „Biem ahlen Collet das Schwimmen lernen“.
Drei Generationen Collet leiteten hintereinander die Badeanstalt an der Fulda:
Erstens Jean Babtiste, dann dessen Sohn Georg und ab 1871 der Enkel Jean Baptiste. Er stellte einen kurfürstlichen Schwimmlehrer des alten Regiments Garde du Corps ein, der durch seine auffallend hünenhafte Gestalt und seine Schwimmkünste imponierte.
Als Jean Baptiste Collet 1891 an einem Schlaganfall plötzlich verstarb, erwarb der Kasselaner August Gerhardt von der Witwe die Badeanstalt. Er, den alle „Schwimmi“ nannten, vergrößerte sofort den Betrieb. Die Herrn-Badeanstalt und das Badefloß wurden renoviert und ein neue Badeanstalt für Frauen nahe der Drahtbrücke eingerichtet. Wie beliebt das Baden in der Fulda in dieser Zeit war, zeigt die große Zahl von Badeeinrichtungen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts konnten die Kasseler zwischen drei Badeflößen, vornehmen Holzbadeanstalten und zwei Badeschiffen wählen.
Links im Bild ist Dr. Wiedeholds Badeanstalt zu sehen, auch als Gossmanns Badeschiff bekannt. Im Hintergrund überspannt die Holzbadebrücke zu Gebhardts Badeanstalt die Fulda. Die Postkarte stammt aus der Sammlung von Rolf Lang.
Ab 1896 wurde in jedem Frühjahr eine Holzbrücke für den Fußgängerverkehr über die Fulda errichtet, die im Herbst wegen der drohenden Eisbewegungen und Hochwasser wieder abgebaut werden musste. Die Zeiten der Bootsüberfahrt waren damit vorbei. Nach dem Ersten Weltkrieg schloss Schwimmi dem Bad ein Strand-Café an. 1938 gab es eine entscheidende Änderung, als Pioniere der Mündener Garnison die provisorische Badebrücke durch eine stabile Pfahl-Konstruktion ersetzten. Die neue Brücke war mit 3m doppelt so breit wie die alte, mit einem asphaltierten Holzbelag versehen und ruhte auf zahlreichen, 12m langen Pfählen. Doch die Freude daran währte nicht lange. Im Februar 1940 wurde die Brücke von Eisschollen zerstört. Auch die Drahtbrücke wurde damals beschädigt.
Kurz vor erreichen des 65. Lebensjahres verstarb 1934 August Gerhardt. Der engagierte Sportler war stets ein Förderer des Kasseler Schwimmsports, Ehrenmitglied des Kasseler Schützenvereins, des Bundes Deutscher Radfahrer und Mitglied der Kasseler Wasserwehr. Beim Hochwasser 1917 hatte er unter Einsatz seines Lebens einen Menschen vor dem Ertrinken gerettet, wofür er die Rettungsmedaille bekam. Als in den 1920er Jahren das Städtische Flussbad am anderen Ufer von der Stadt errichtet wurde stand er als Sachverständiger mit Rat und Tat zur Seite. Das städtische Flussbad an der Fulda wurde 1923 von OB Philipp Scheidemann eingeweiht. Kassel war damals die erste Stadt in Deutschland mit einem derart großen Flussbad. Das Bad wurde aus einer Geldspende von Aschrott gebaut, die allerdings für den Bau eines Hallenbades vorgesehen war.
Ein Nachfahre der Familie Collet war Betriebsleiter des Städtischen Flussbades und lange Jahre Vorsitzender des „Vereins Deutscher Bäderfachmänner“. Dieser wurde am 13. Januar 1897 als „Verein der Badefachmänner“ in Köln gegründeten, 1902 in „Verein Deutscher Badefachmänner" umbenannten und seit 1988 firmiert er als „Bundesfachverband Öffentliche Bäder“ dem Berufsverband der öffentlichen Bäder.
Editor: Erhard Schaeffer, Mai 2019
Quellen:
Blick zurück aufs alte Kassel, Wolfgang Hermsdorff, 1979
Sammlung Rolf Lang, Niestetal
Sammlung Gerhard Böttcher, Kassel
Sammlung Carl Eberth, Kassel
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Kurzbeschreibung
Ab 1828 bestand am rechten Ufer der Fulda ein Badebetrieb, der jedes Jahr in den Sommermonaten die Schwimmer zum Baden anlockte. Am Anfang war das Bad nur für Männer, später aber auch für Schüler und Schülerinnen aller Kasseler Schulen erlaubt. Anfang des 20. Jahrhunderts betrieb August Gerhardt, genannt Schwimmi, erfolgreich diese Badeanstalt.
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