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Sozialer Wohnungsbau in den Jahren 1918 – 1939 im Kasseler Osten
- Autor: Wilfried Strube
- Zeit: 1918
- Ort: Forstfeld
- Vom: 09.05.2019
- Themen: Stadtentwicklung, Siedlungsgesellschaften / Genossenschaften
Allgemeine Lage des sozialen Wohnungsbaus
Durch die Eingemeindung von Bettenhausen in das Stadtgebiet Kassel im Jahr 1906 standen mit einem Male enorme Freiflächen für die Errichtung von Industrieanlagen und für den dringend benötigten, bezahlbaren Wohnungsbau zur Verfügung.
Durch das Wohnungsgesetz 1918 wurde das Wohnungswesen zur Gemeindeaufgabe erklärt. In Kassel kam es unter Führung der Stadt und des Preußischen Staates zur Gründung der „CasselerWohnungsfürsorge GmbH“ aus der später die „GWG der Stadt Kassel m.b.H.“ hervorging. Gesellschafter dieser GmbH waren unter anderem eine Reihe privater Unternehmer, Baugenossenschaften, Banken und Versicherungen aber auch Einzelpersonen. Insgesamt waren es 73 Gesellschafter, die zusammen ein Kapital von 1.400.000 Mark aufbrachten. Am 24. Juli 1918 konnte die Casseler Wohnungsfürsorge GmbH in das Handelsregister eingetragen werden. Ziel war die Beschaffung von gesunden und zweckmäßig eingerichteten Wohnungen für minderbemittelte Familien und Personen zu bezahlbaren Preisen in eigens zu diesem Zweck erbauten oder angekauften Häusern zu fördern.
Im ersten Weltkrieg wurde auf dem Areal des heutigen Unternehmensparks Kassel(UPK) von 1915 bis 1917 eine staatliche Munitionsfabrik errichtet. 1920 ging das Fabrikgelände in den Besitz der staatlichen Deutsche Werke AG über. 1933 kauften die Fieseler Werke einen Teil der Anlage und produzierten dort Flugzeuge. 1934 zog die Spinnfaser AG ein. Die Arbeiter benötigten dringend Wohnraum. So entstanden die ersten Häuser an der früheren „General -Emmich – Straße heute Steinigkstraße benannt nach dem ehemaligen Stadtverordneten für Bettenhausen, Carl Steinigk.
Im Jahre 1916 errichtete die“Allgemeine Wohnungs- und Spargenossenschaft zu Cassel eGmbH“, 11 zweigeschossige Vierfamilienhäuser und 8 Einfamilienhäuser mit insgesamt 53 Wohnungen. Leider verhinderten die Nachkriegsereignisse des I. Weltkrieges die Fortführung der Bautätigkeit in diesem Bereich.
1932 nahm die „GWG der Stadt Kassel GmbH“ die Bautätigkeit an der Steinigkstraße (früher General – Emmich – Straße) auf und errichtete zunächst zwei Wohngebäude mit den Hausnummern. 21, 23, 25, 27 mit 16 Wohneinheiten.
2 Ein-Zimmer-Wohnungen mit Küche, Toiletten im Treppenhaus
1 Ein-Zimmer-Wohnung mit Küche und Bad
4 Zwei-Zimmer-Wohnungen mit Küche und Bad
7 Drei-Zimmer-Wohnungen mit Küche und Bad
1 Vier-Zimmer-Wohnung mit Küche und Bad
1 Sechs-Zimmer-Wohnung mit Küche und Bad
Die Häuser wurden in Klinkerbauweise errichtet, da durch die Abgase der Spinnfaser AG ein bleiweißer Putz sich unnatürlich dunkel verfärbt hätte.
Die Grundrisse und die ehemaligen Wohnungsgrößen sind aufgrund von späteren Umbauten und Modernisierungen innerhalb der Häuser, heute nicht mehr zu ermitteln. Mit der Errichtung dieser Häuser wurde die Grundlage für die weitere Bautätigkeit der „GWG“ im Forstfeld für die „Siedlung an der General – Emmich – Straße, heute Städtische Siedlung“ im Volksmund aufgrund der Straßennamen auch (Afrika-Siedlung) genannt, gesetzt. Bis zum 2.Weltkrieg errichtete die GWG 166 Häuser mit 586 Wohneinheiten in der Siedlung. Ab 1949 wurde die Bautätigkeit kontinuierlich auf den freien Flächen zwischen Lüderitzstraße, unterer Wissmannstraße und Ochshäuserstraße, fortgesetzt.
Mit dem Nationalsozialismus erlebte Kassel ein anderes Kapitel der Architektur. Kleinsiedlungsbau war das Ideal des faschistischen Städtebaues, das sich in den 30er Jahren auch in den weiteren Neubauten in der Siedlung durchsetzte. Diese „Volkswohnungen“ in einfachen zweigeschossigen Häusern, ursprünglich ohne Bad und selten vollständig beheizbar, sollten „Dem minderbemittelten Volksgenossen, der vor allem in der Industrie beschäftigt ist, eine angenehme Wohnstätte schaffen“, schrieb damals die Kurhessische Landeszeitung in der Ausgabe vom 15.07.1938.
Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die General – Emmich – Straße in „Steinigkstraße“ umbenannt, weil die Verdienste des ehemaligen Generals inzwischen anrüchig geworden waren und nicht mehr in die neuere Zeit passten. So wurde der sich um Bettenhausen verdient gemachte „Altbettenhäuser“ Carl Steinigk mit der Umbenennung der Straße geehrt.
Die Freiflächen zwischen den Häusern wurden nach dem II. Weltkrieg zum größten Teil als Gartenflächen und eingezäunt auch als Kleintierställe genutzt. Jede zur Verfügung stehende Freifläche zwischen den einzelnen Straßen wurde landwirtschaftlich bearbeitet, um die Ernährung der ansässigen Mieter zu ergänzen.
Erst Anfang der 80er Jahre, als die von den Mietern landwirtschaftlich genutzten Flächen zur Versorgung nicht mehr nötig waren, mussten die widerrechtlich genutzten Freiflächen von den einzelnen Nutzern geräumt werden und es wurden dringend benötigte Garagen und Spielplätze gebaut. So hat sich im Laufe der Zeit auch die Wohnsituation in der „Städtischen Siedlung“ erheblich verbessert.
Viele der Häuser wurden inzwischen an ehemalige Mieter verkauft, so dass von der „GWG“ Gelder angesammelt werden konnten, um den restlichen Wohnbesitz in der Siedlung zu sanieren und die einzelnen Wohnungen mit Bädern auszustatten und die Grundrisse den heutigen Wohnbedürfnissen der Mieter anzupassen.
Autor: Wilfried Strube 2019
Editor: Joachim Schmidt 2019
Quellen:
- Most/Schlier:Wohnungsbau in Kassel während der Weimarer Republik
- 75 Jahre GWG der Stadt Kassel
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Kurzbeschreibung
Allgemeine Lage des sozialen Wohnungsbaus
Durch die Eingemeindung von Bettenhausen in das Stadtgebiet Kassel im Jahr 1906 standen mit einem Male enorme Freiflächen für die Errichtung von Industrieanlagen und für den dringend benötigten, bezahlbaren Wohnungsbau zur Verfügung.
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