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Wohnen im Sozialen Wohnungsbau der Städtischen Siedlung im Forstfeld
- Autor: Wilfried Strube
- Zeit: 1945
- Ort: Steinigkstraße
- Vom: 04.04.2019
- Themen: Jugend- und Kindheitserinnerungen, Siedlungsgesellschaften / Genossenschaften
Erinnerungen von Wilfried Strube an die Zeit von 1945 - 1965: Der Verfasser dieser Zeilen hat nach dem Krieg zunächst mit seiner Mutter, einer Kriegerwitwe, bei den Großeltern, Paul und Minna Arndt, im Haus der GWG General – Emmich - Straße 38 (heute Steinigkstraße) in einer 2 Zimmerwohnung mit Mansardenzimmer und einer gemeinsamen Toilette im Treppenhaus, gewohnt. Er schildert hier das Wohnen im Sozialen Wohnungsbau der Nachkriegszeit.
"Als dann Ende 1945 noch der Bruder meiner Mutter aus der Kriegsgefangenschaft kam, wurde die Wohnung für 3 Familien zu klein und mit Glück erhielten wir im Hause Wissmannstraße 38 eine 3 Zimmerwohnung ebenfalls über 2 Etagen, so dass eine gemeinsame Küche und für 3 Familien jeweils 1 Zimmer und eine Toilette in der Wohnung, zur Verfügung stand. Aufgrund der beengten Wohnungssituation erhielt mein Onkel , der als Polizeibeamter seinen Dienst versah, dann Ende der 50er Jahre in dem Neubaugebiet der „GEWOBAG“ später „NEUE HEIMAT GmbH“ in der Meißnerstraße im Stadtteil Helleböhn, eine Neubauwohnung.
Im Jahre 1949 heiratete meine Mutter wieder und wir erhielten eine eigene Mansardenwohnung im Haus Wissmannstraße 41. Wohnungen waren in dieser Zeit Mangelware. Das obere Foto zeigt Kinder der städtischen Siedlung in 1950 v. l. Wilfried Strube, Karl-Heinz Nockert †, Arthur B. Buchmann, Roland Heiderich †, Walter Buchmann †, vor dem Haus Wissmannstraße 39.
Bei dieser Wohnung handelte es sich um einen in der Notzeit mit einfachsten Mitteln ausgebauten Dachboden, bestehend aus 2 Zimmern, 1 Abstellraum und Küche. Weiterhin waren eine Abstellkammer, ca. 2 qm als Speisekammer und eine weitere Kammer, ebenfalls 2 qm als Kleiderkammer eingebaut worden. Fließendes Wasser war nur in der Toilette vorhanden.
Weil es in den Jahren an Dämmmaterial fehlte, glitzerten im Winter die Wände innen durch Eis und die Dachlukenfenster aus Metall waren nicht mehr zu öffnen, da sie mit dickem Eis belegt und zugefroren waren. Mein Bruder und ich erinnern uns noch daran, dass im Backofen des Küchenherdes im Winter ständig mehrere Steinhägerflaschen, gefüllt mit Sand deponiert waren, die abends, umwickelt mit einem Handtuch, unsere Betten angewärmt haben. Die Räume wurden in der Küche durch einen Kohleherd und im Wohnzimmer mit einem Kohleofen beheizt. Die Toilette, der Flur und das Schlafzimmer waren unbeheizt und in strengen Wintern fror auch öfters einmal die Wasserleitung ein, da sie ohne Isolierung zwischen Dachziegeln und Mauerwerk außen verlegt worden waren. Aber wir waren glücklich, nunmehr eigene Wohnräume zu haben.
In dieser Wohnung haben mein Bruder Wolfgang Zaun, der Vater Hermann Zaun und ich bis 1965 gemeinsam gewohnt. Im Jahr 1965 habe ich geheiratet und bezog eine eigene Wohnung im Haus Moritzstraße 22. Nachdem mein Bruder 1980 geheiratet und ebenfalls eine eigene Wohnung in der Kölnischen Straße 111 bezogen hatte, lebte der Vater Hermann Zaun allein in der Wohnung. Mit einiger Überredungskunst haben dann wir Brüder gemeinsam erreicht, dass er in eine Erdgeschosswohnung im Hause Payerstraße 7 umgezogen ist, weil ihm das Treppensteigen immer schwerer fiel. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Versorgung der Siedlungsbewohner von einem Verkaufswagen der Bäckerei Ahrens der in der oberen Wissmannstraße zeitweise stand, der Fleischerei Eschstruth, in der Payerstraße, dem Lebensmittelladen Diesler in der unteren Steinigkstraße 21, der Fleischerei Diedrich in der oberen Steinigkstraße 55, dem Lebensmittelladen Ramfeld in der Windhukstraße 17, dem Lebensmittelladen Schlitzberger in der Windhukstraße 1 - 3, gesichert Nicht zu vergessen die „Blaue Bude“ zunächst ein Kiosk aus Holz direkt an der Söhrebahn, Ecke Windhukstraße und der Verkaufstand des Gemüse- und Obsthändlers Stützer, der zunächst vor dem Haus Steinigkstraße 35 und später zwischen den Häusern Windhukstraße 19 und 21 stand. Frau Roßkopf hatte in der oberen Lüderitzstraße 21 einen Verkaufsraum für Nähmaterial und Knöpfe eingerichtet, der einen separaten Zugang hatte. Weiterhin waren der Friseur Lehmann in der Togostraße, ein weiterer Friseur mit Namen Junghans im Anbau am Haus Steinigkstraße 19 und der Schumacher Nette in der oberen Steinigkstraße 68, der Kiosk Stemmer in der Windhukstraße 7 und ein kleiner Laden Schreiber in der mittleren Steinigkstraße 50, ansässig. Später war in dessen Räumen auch eine Verkaufsstelle der Pferdemetzgerei Neuhauer untergebracht, in der Produkte vom Pferd verkauft wurden. Im Keller des Hauses Wissmannstraße 39 war in den 40er Jahren die Kneipe „Tiroler Bierkeller“ entstanden deren erste Wirt Heiderich lange Jahre diese betrieb.
An der Ecke Steinigkstraße / Windhukstraße führte eine Treppe von außen hoch in die Gaststätte „Zum Eckmann“ der Familie Färber. Erst Mitte der 50er Jahre baute die Bäckerei Schröder einen Neubau an der mittleren Wissmannstraße 44a, so dass die Siedlung auch einen eigenen Bäcker hatte. Hier konnten die Anwohner selbst hergerichteten Blechkuchen (Streusel, Kokosflocken oder Butter-Zucker) bringen und backen lassen. Von meinem Bruder wurde besonders der „Kasseler Brocken“ geliebt. Gegenüber den Häusern der GWG Wissmannstraße 22, 24, 26 auf der anderen Straßenseite der Ochshäuser Straße hatte der Kiosk Braun ebenfalls regen Zulauf. Heute sind diese ganzen Geschäfte in der Siedlung nicht mehr vorhanden. Mein Großvater, Paul Arndt, war als Sanitäter ausgebildet und da in den Nachkriegsjahren in der Siedlung kein Arzt ansässig war, musste er manche kleinere Verletzungen versorgen. Das Jod ging ihm nie aus, was ich, der öfters einmal offene Knie vom Fussballspielen auf der Straße von Kanaldeckel zu Kanaldeckel bestätigen kann. Wie ich erst später bei seiner Beerdigung erfahren habe, als eine Abordnung mit der Gründerfahne erschien, war er ein Mitbegründer der „Arbeiter-Samariter-Kolonne Kassel“ die im Jahre 1909 in der Gaststätte „Zum Anker“ in Bettenhausen als Vorläufer des „ASB“ gegründet wurde. Wenn ich das früher gewusst hätte, ich hätte noch viele Fragen an ihn gehabt.
Das Haus der Bäckerei Schröder wurde in den 70er Jahren verkauft, weil der Sohn die Bäckerei nicht übernehmen wollte und kein Nachfolger gefunden wurde. Heute befindet sich in den Räumen die Gaststätte „Bierquelle“.
Der freie Platz zwischen Wissmannstraße und Lüderitzstraße, der vor der Bäckerei Schröder lag und uns Jugendlichen immer als Fußballplatz gedient hatte, wurden unter der Betreuung der Hessischen Heimstätte in den 70er Jahren mit Privathäusern bebaut.
Das Haus Windhukstraße 1 - 3 (früher Lebensmittelladen und Metzgerei Schlitzberger) wurde in den 70er Jahren von der GWG an Frau Knobel veräußert, die jahrelang dort ein Geschäft für Haushaltswaren und Geschenkartikel betrieb.
Heute befindet sich in den Räumen die Gaststätte „Zapfsäule“.
Anfang der neunziger Jahre wurden an der oberen Steinigkstraße ganze Häuserblocks an die dort wohnenden Mieter verkauft, also privatisiert. Das Gesamtbild der Siedlung hat sich seit dieser Zeit erheblich verändert.
Trotz einiger Vorurteile im übrigen Kassel gegen uns „Afrikaner“ haben einige, in der „Städtischen Siedlung“ aufgewachsene ehemalige Bewohner im Beruf und auch im Leben später ihre Frau oder Mann gestanden und für die anderen Stadtbewohner im Sinne des Allgemeinwohls einiges beigetragen."
Autor: Wilfried Strube, 2019
Editor: Erhard Schaeffer, 2019
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Kurzbeschreibung
Erinnerungen von Wilfried Strube an die Zeit von 1945 - 1965: Der Verfasser dieser Zeilen hat nach dem Krieg zunächst mit seiner Mutter, einer Kriegerwitwe, bei den Großeltern, Paul und Minna Arndt, im Haus der GWG General – Emmich - Straße 38 (heute Steinigkstraße) in einer 2 Zimmerwohnung mit Mansardenzimmer und einer gemeinsamen Toilette im Treppenhaus, gewohnt. Er schildert hier das Wohnen im Sozialen Wohnungsbau der Nachkriegszeit.
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