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Wir Schaffner hatten Angst vor den Frauen
- Autor: Falk Urlen
- Zeit: 1941
- Ort: Betriebshof Sandershäuser Straße
- Vom: 18.10.2012
- Themen: Zweiter Weltkrieg, Menschen erzählen
Cornelius van den Nieuwendijk (gestorben 2010 in Sandershausen) veröffentlichte 2002 seine Lebenserinnerungen als Zwangsarbeiter (Schaffner bei der KVG) in Kassel. Er schildert, wie man als Holländer in Deutschland Fremdarbeiter wurde, er berichtet von ernsten und lustigen Begebenheiten mit Vorgesetzten, Gestapo, Mitbürgern und Fahrgästen und von der Tatsache, dass man plötzlich Zwangsarbeiter war. Interessant ist es aber auch, zu lesen, wie es ihm nach dem Krieg in Deutschland und Holland erging - keiner wollte ihn mehr haben. In diesem Beitrag schildert er, wie problematisch die Arbeit als Schaffner sein konnte, in einem Land, in dem fast alle Männer im Krieg sind.
Die gesamten Lebenserinnerungen können Sie als PDF-Datei herunterladen. Diese Veröffentlichung erfolgt mit Einverständnis seiner Ehefrau.
Er schreibt: „Zwangsarbeiter am Band arbeiteten hauptsächlich kolonnenmäßig und hatten wenig Gelegenheit, mit der Bevölkerung Kontakt zu bekommen. Aber 300 Straßenbahner waren eine psychologische Gefahr. Es waren immerhin 200 bis 300 Männer, davon nur ein Teil verheiratet, viele flotte gutaussehende Großstädter, die da auf die holde Weiblichkeit der Stadt Kassel losgelassen wurden, 10 bis 12 Stunden täglich. Besonders die Fahrer standen im Blickpunkt der Interessen. Die Dienstfahrpläne begünstigten auch darüber hinaus die Kontakte mit den Fahrgästen. Fast jeder Fahrer oder Schaffner hatte seine feste Kundschaft. Im Omnibusbetrieb über Land war das noch ausgeprägter. Die Fahrgäste kannten mitunter die Pläne besser als das Personal. Und so kam es, ob nach Nieste, Münden, Witzenhausen, Großalmerode, Helsa, Kaufungen, dass es hieß, heute sind die Holländer dran, die nehmen uns mit. In überfüllten Bussen quälten sich die Schaffner dann ab, die Tasche offen, damit evtl. die Lebensmittelmarken, Zigaretten, "Ahle" Wurst Platz fanden, das war nicht immer so, aber man sollte planen. Es waren trotzdem keine paradiesischen Zustände, aber es half, den Überlebensprozess zu begünstigen.“
Dann schildert er, wie das Liebesleben an Endstationen oder bei Überlandfahren florierte und kommt dann auch auf unseren Stadtteil zu sprechen:
Es gab Omnibuslinien bis 43, die direkt den Schaffnern Angst einflößten, z. B. mittags eine Linie zum Erlenfeld, ab Hallenbad und ab Leipziger Platz zur Eichwaldsiedlung. Beide Linien wurden fast nur von berufstätigen Frauen frequentiert. Das war die Schattenseite. In dem übervollen Bus vom Hallenbad nach Erlenfeld (Afrika im Volksmund genannt), war es fast unmöglich für den Schaffner durchzukommen, ohne irgendwelche Blessuren davonzutragen. Von der Seite und von vorne griffen die Weiber an die Hoden, und das mitunter ziemlich schmerzhaft. Anzügliche Angebote waren Tagesgespräch, und es hatte keinen Sinn, sich bei den Aufsichtsbeamten zu beschweren, die schauten höchstens mal bei der Abfahrt zu, aber mitfahren taten sie nicht.“
Redaktion: Falk Urlen, Oktober 2012
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Kurzbeschreibung
Cornelius van den Nieuwendijk (gestorben 2010 in Sandershausen) veröffentlichte 2002 seine Lebenserinnerungen als Zwangsarbeiter (Schaffner bei der KVG) in Kassel. Er schildert, wie man als Holländer in Deutschland Fremdarbeiter wurde, er berichtet von ernsten und lustigen Begebenheiten mit Vorgesetzten, Gestapo, Mitbürgern und Fahrgästen und von der Tatsache, dass man plötzlich Zwangsarbeiter war. Interessant ist es aber auch, zu lesen, wie es ihm nach dem Krieg in Deutschland und Holland erging - keiner wollte ihn mehr haben. In diesem Beitrag schildert er, wie problematisch die Arbeit als Schaffner sein konnte, in einem Land, in dem fast alle Männer im Krieg sind.
Die gesamten Lebenserinnerungen können Sie als PDF-Datei herunterladen. Diese Veröffentlichung erfolgt mit Einverständnis seiner Ehefrau.
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