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Die Metzger Gunkel beschreiben Hinrichtungen auf dem Forst
- Autor: Falk Urlen
- Zeit: 1700-1749
- Ort: Kasseler Forst
- Vom: 26.02.2014
- Themen: Stadtentwicklung, Künstler, Chronisten und Biografen
Im Rahmen der Reihe „Tod(t) auf dem Forst“ sollen hier Zeitzeugen zu Wort kommen. Die Familienoberhäupter der Metzgerfamilie Gunkel aus der "(alten) Neustadt" [Unterneustadt ] schrieben über 5 Generationen das ihnen wichtig Erscheinende auf: Hochzeiten, Geburten, Konfirmationen, Sterbefälle, Hochwasser, Preissteigerungen, Hauskosten, Fleischpreise und vor allem Hinrichtungen und Bestrafungen, die fast immer auf dem Forst stattfanden.
Philipp Losch veröffentlichte diese Chronik, verbunden mit vielen Anmerkungen, 1903 in der Zeitschrift „Hessenland“. Der größte Teil der Chronik wurde von Nikolaus Gunkel (1683 – 1749) und seinem Sohn Friedrich Gunkel (1718 – 1775) festgehalten. Losch schreibt: „Charakteristisch für beide Schreiber ist übrigens die gewissenhafte Registrierung der zahlreichen Hinrichtungen, und wenn dabei der junge Gunkel dem Scharfrichter öfters Zensuren erteilt, daß er „gut“ oder „recht gut“ gerichtet habe, so möchte man dieses Interesse fast aus dem Metzgerberufe des Schreibers herleiten, der übrigens als guter Christ selten zu erwähnen unterläßt, ob der Gerichtete sich vor seinem Ende bekehrt habe oder nicht.“
(Insbesondere bei Lutheranern war es wichtig, dass sie sich vor der Hinrichtung zu Gott bekannten, denn nur dann kamen sie ins Paradies. Für Selbstmörder war das nicht möglich, so tötete einer seinen kleinen Neffen, um dann hingerichtet zu werden, um über diesen "Trick" doch noch ins Paradies zu gelangen. Glücklich umarmte er den Henker, der dadurch so perplex war, dass er drei Mal zuschlagen musste).
Im Rahmen der o. a. Reihe suchte der Verfasser die folgenden Schilderungen heraus.
A. 1732 d. 27 septembr. Seindt 2 Arme Sünder hingerichtet, Einer mit Nahmen Heker [?], 1 Soldadt, ist geradebrecht worden, der ander ein schreiner, bürdig auß Kaufungen, demselben ist der Kopf abgeschlagen u. auffs rath gesteckt. Sie haben zu bettenhaußen Eine frau bestohlen u. Ermordet, Es ist Ihret halben auff forst ein schaffot gebauet worden, damit Es alle leudt haben recht sehen können…
A. 1736 b. 4. Maij ist hier ein Mänsche gerichtet worden vom hobbe [Hoof], welche mit einem juden ein Kindt hatte, u. daß selbige umbgebracht, u. der scharffrichter on güddingen daß selbige gerichtet, aber recht guth…
A. 1737 d. 22. Juny ist Ein Dieb auff den forst gehenkt worden, u. hat sich wohl bekehrt…
A. 1740 d. 19. Novembr. Ist ein Mensch gerichtet worden, welches ein Kindt umbgebracht, von lichtenau birtigh, hat sich wohl bekehrt, ist auch von H. gebhart wohl gerichtet worden…
A. 1741 d. 24. Novembr. Hat sich ein Metzgersbursch von schmalkalden, der bei Mstr. Juliuß fuhrman gedienet, in seinem Hauß uffgehangen, und der damalige oberschultze Berisch hat ihn laßen durch den schinder abschneiden, aber im Kunsthauße wieder Ehrlich gemacht und den dritten tag von den gefangenen hinauß getragen und begraben worden. Man hat geuhrdeilet, daß er geiret hat [Der Selbstmord wurde durch sein Irresein entschuldigt]…
A. 1748 d. 26. Opctobr. Seindt 3 kerlen zum gericht geführet, haben alle 3 sollen gehenckt werden, wo von Einer gehenck, 2 aber genade bekommen, aber der eine mit Namen Jonaß, aber sich nicht bekert…
A. 1749 d. 18. Septembr. Ist ein Kerl auff dem forst gerichtet worden, weilen er seinen Cammeraten in den eisen mit einem Brodt Meßer totgestochen, der Kopff ist auff den spiß gestecht worden…
A. 1750 d. 22. Juny sind auff dem forst auffgehenkt worden 5 diebe, Nehmlich 2 Catoliken, 2 luderaner u. ein Jude; der Jude hat gewaltig geruffen im Nauffziehen, die 4 Kerlen sind aber den Abendt wieder abgenommen worden und begraben…
A. 1752 d. 11. Mardy ist ein weibs Mensche hir auff dem Marckt gerichtet, weilen es ein Kind umgebracht. H. Vilmar u. Von der Neustat der phar haben es zum gericht geführet. [Joh. Heinr. Vilmar war damals Garnisonspfarrer zu Kassel.]...
A. 1753 d. 30. Augusty sindt 3 Kerlen auff dem Forst gehenckt worden mit Namen Meyer u. stachelkoff u. schröder, sind alle 3 Catolisch geweßen, es ist auch denselbigen tag, wie sie den letzten gebracht haben, der Stein mit den stacheln (u. hat auch noch ein Kopff daraff gersteckt) umgefallen u. hat 1 Mätgen u. ein Bursch sogleich tod gefallen, der Bursch ist von spangenberg geweßen, das Mätgen ist dem drüber auff der trodt Mühle geweßen [Bruno Jacob vermutet, dass es wohl die Tochter des Müllers auf der Drahtmühle gewesen ist]...
A. 1754 d. 6. Apr. sind 3 Kerlen auff den forst gehenckt worden mit Namen fuckel, welcher sich über aus wohl bekehret, als Niemals von der gleichen leuten geschehen, der andre Mürbel, der dritte weis nicht, einer ist des abendt wieder abgenommen worden und in das Kunsthauß kommen.
A. 1754 d. 12. octobr. ist hir ein weibs Mensch auf den Marckt gerichtet worden, welches ein Kindt umbracht, es ist von Jesberg geweßen...
A. 1761 d. 20 octobr. Ist ein franzose auffs Marckt an den galgen gehenckt worden, des Morgens um 5 Uhr aber wieder abgenommen u. auf eine schleife gelegt u. durch den schindersknecht hin ausgeschleift worden u. wieder auff den forst auffgehenckt worden. (Anm. von Losch: Dieser Galgen war am 6. März während der Belagerung zur Verwarnung für die widersetzlichen Bürger von den Franzosen errichtet worden)...
A. 1761 b. 24. Novenbr. Ist ein schweitzer unter oficiere auff den forst gehenckt worden. Hernach aber am galgen alles ausgezogen worden u. hat also im Hempt so hangen müßen, wer ihn aber so ausgezogen ist nicht auskommen. (Anm. Losch: Von einem der in französischen Diensten stehendem Schweizerregimenter.)…
A. 1762 d. 21. May sind 4 Soldaten vom Regiment belsase auff gehenckt worden bei Wehlheiten, weilen sie Dessertiert vom Regiment sindt.
A. 1762 d. 24. Januar ist ein frantzoscher Husar auff den forst an den galgen gehenckt worden, weilen er auff die straßen gegriffen, die paders haben ihn aus geführt, haben ihm hardt an gelegen die Religion zu schanschieren, er hat aber nicht gewolt, er ist ein lutteraner geweßen. (Anm. Losch: Vielleicht war es einer von den berüchtigten Fischerschen Husaren, deren Führer der Parteigänger Fischer, ein geborener Wüttemberger, selbst von Haus aus lutherischer Theologe war.)…
A. 1762 d. 2. Febr. Ist ein Kerl gantz Nackt ausgezogen worden u. so Nackt an den schinder Karren gebunden worden u. in der gantzen Stat herum durch 6 Haschier und 2 schinder knecht wie auch eine Soldaten wacht geführet worden u. an allen Eckgaßen mit ruten gestrichen worden u. zuletzt dieße Buchstaben auff den rücken gebrent worden als G. U. R. u. hernach des landes verwießen, weilen er im Francösch Hoppital gestohlen, es sindt einige große mitbegriffen geweßen, es ist aber verdebbelt worden.
Editor: Falk Urlen, Januar 2014
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Kurzbeschreibung
Im Rahmen der Reihe „Tod(t) auf dem Forst“ sollen hier Zeitzeugen zu Wort kommen. Die Familienoberhäupter der Metzgerfamilie Gunkel aus der "(alten) Neustadt" [Unterneustadt ] schrieben über 5 Generationen das ihnen wichtig Erscheinende auf: Hochzeiten, Geburten, Konfirmationen, Sterbefälle, Hochwasser, Preissteigerungen, Hauskosten, Fleischpreise und vor allem Hinrichtungen und Bestrafungen, die fast immer auf dem Forst stattfanden.
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