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Die besten Brötchen aus Bettenhausen

Agathofstrasse 32, ehemals Baeckerei Holzapfel, 2016

Haus der ehemaligen Baeckerei Holzapfel in der Agathofstrasse 32, 2016
Foto: Bernd Schaeffer, Kassel

Die Bäckerei als Handwerksbetrieb mit nur einer Verkaufsstelle ist immer seltener geworden. Für die Nachkriegsgeneration war es noch selbstverständlich einen Blick in die Backstube werfen zu dürfen und die Entstehung des täglichen Brotes mitzuerleben. Dieser Beitrag erzählt die Geschichte der Bäckerei Fr. Holzapfel in der Agathofstraße 32 von den Anfängen bis zur Schließung am Ende des letzten Jahrhunderts. Die Fotos und Pläne verdanken wir einem Nachfahren des Bäckermeisters Karl Holzapfel, der selbst einen anderen Beruf ergriffen hat.

In seiner Chronik aus dem Jahr 1956, anlässlich des 50. Jahrestages der Eingemeindung Bettenhausens in die Stadt Kassel, nennt Kurt Klehm noch fünf handwerklich geführte Bäckereien in Alt-Bettenhausen.

Mit Ausnahme der Bäckerei in der Leipziger Straße 189 wo heute (2016) die Bäckerei Christoph Riede noch ihre Backwaren verkauft, die in der Staufenbergstraße 1 gebacken werden, ist von den oben aufgeführten Bäckereien keine mehr zu finden.

Baeckerei mit Familie Holzapfel im Eingang
Die Baeckerei Holzapfel in der Agathofstr. 32, 1940  Foto: R. und B. Holzapfel, Kassel
Meisterbrief des Friedrich Holzapfel von 1912
Meisterbrief des Friedrich Holzapfel von 1912  Foto: R. u. B. Holzapfel, Kassel

Die folgende Bilderserie ist der ehemaligen Brot- und Feinbäckerei Fr. Holzapfel gewidmet, da der Autor durch den persönlichen Kontakt mit den Nachfahren der Familie Holzapfel in den Besitz dieser gut erhaltenen, aussagekräftigen Dokumente Schwarzweißfotos gekommen ist. Mit der Bäckerei in der Agathofstraße 32 verbinden sich auch persönliche Erinnerungen. Dort gab es, noch lange nachdem schon überall Brötchen aus Backmischung hergestellt wurden, kleine, feste, knusprige Brötchen, sie waren die besten Brötchen aus Bettenhausen. Jedes Jahr im Dezember, wenn unsere Mutter in Vorbereitung auf das Weihnachtsfest ihre zwei Christstollen zum Backen in die Bäckerei Holzapfel gebracht hatte, durfte ich als Schüler mitgehen, um die fertigen Stollen abzuholen. Dies geschah nicht im Verkaufsraum am Tresen sondern in der im rückwärtigen Hof liegenden Backstube. Schon zehn Meter vor die Tür zur immer warmen Backstube roch es köstlich nach frisch gebackenem Stollen. Ein Duft von noch warmen Hefeteig mischte sich mit dem Aroma von Orangeat, Zitronat und Rosinen, da lief einem das Wasser im Mund zusammen.

Nachdem 2015 die Fotos auftauchten, begann der Autor mit seinen Nachforschungen. Sie erlauben einen knappen Einblick in die Geschichte der alten Bäckerei in der Agathofstraße 32.
In einem Kartenauszug vom Oktober 1906 war das Grundstück noch unbebaut und gehörte dem Bäckermeister Heinrich Wilhelm Bellof und seiner Frau Else, geb. Noll. Die damalige Adresse bis zur Eingemeindung lautete, Schulstraße 118. Von 1907 bis 1910 erscheint Heinrich Bellof als Bäcker in der nun umbenannten Agathofstraße 32. Ihm folgt ab 1911 der Bäckermeister Fritz Holzapfel mit seiner Frau Marie, geb. Hoffmeister.

Baecker Fr. Holzapfel mit Familie in der Backstube
Baecker Fr. Holzapfel mit Familie in der Backstube  Foto: R. u. B. Holzapfel, Kassel
Willi Heckmann, Lehrvertrag von 1945 und Foto von 1960
Willi Heckmann, Lehrvertrag von 1945 und Foto von 1960  Foto: Stadtteilzentrum Agathof e.V.

Im November 1945 wurde der 15jährige Willi Heckmann aus der Osterholzstraße 19 als Lehrling eingestellt. Er war sein ganzes Berufsleben lang in der Bäckerei Holzapfel beschäftigt und alte Bettenhäuser kannten ihn als das „Bäckerle“.
Als Fritz Holzapfel im Oktober 1945 starb, übernahm seine Witwe Marie Holzapfel bis 1954 die Führung des Geschäfts.

Im Adressbuch von 1955 wird erstmals Karl Holzapfel als Bäckermeister in der Agathofstraße 32 genannt und dies bleibt so bis zu seinem Ableben am 11. April 1991. Ab 1992 ist die Bäckerei Ursula Röhr mit ihrer Bäckerei Röhr GmbH in der Agathofstraße 32 geschäftsansässig. Nach 1996 versuchte ein anatolischer Bäcker mit Fladenbrot sein Glück in der Werkstatt mit dem kleinen Lädchen. Wann er aufgehört hat, ließ sich nicht mehr sicher ermitteln. Fest steht, dass in der Bäckerei, in der noch fast alles so vorhanden ist wie es um die Jahrtausendwende verlassen wurde, keine Brötchen mehr gebacken werden, obwohl sie für mich einmal die besten Brötchen von ganz Bettenhausen waren.

Fritz Holzapfel mit seiner Frau Marie und Mitarbeitern
Fritz Holzapfel mit seiner Frau Marie und Mitarbeitern  Foto: R. u. B. Holzapfel, Kassel

Autor und Editor: Bernd Schaeffer, Dez. 2016

Quellen:

  • Private Fotos und Dokumente von R. und B. Holzapfel
  • Kasseler Adressbücher (1906-1994)
  • Privatarchiv K-P. Wieddekind, Kassel
  • Bettenhausen 1906 – 1956, Chronik, Bettenhäuser Verlag Kurt Klehm

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Kurzbeschreibung

Die Bäckerei als Handwerksbetrieb mit nur einer Verkaufsstelle ist immer seltener geworden. Für die Nachkriegsgeneration war es noch selbstverständlich einen Blick in die Backstube werfen zu dürfen und die Entstehung des täglichen Brotes mitzuerleben. Dieser Beitrag erzählt die Geschichte der Bäckerei Fr. Holzapfel in der Agathofstraße 32 von den Anfängen bis zur Schließung am Ende des letzten Jahrhunderts. Die Fotos und Pläne verdanken wir einem Nachfahren des Bäckermeisters Karl Holzapfel, der selbst einen anderen Beruf ergriffen hat

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