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Bahnamtliche Rollfuhrdienste am Güterbahnhof Bettenhausen

Helfer im Haus und Verkehr der Bahn, Werbung

Bahnwerbung 1957
Foto: www.epoche2.de

Am Bahnhof Bettenhausen fährt schon seit dem Mai 1985 kein Personenzug mehr ab nachdem der Zugverkehr nach Waldkappel eingestellt wurde. Das zweite Empfangsgebäude wurde nach 40 Jahren Bestand 2003 abgerissen. So erinnert in 2017 nichts mehr an den Bahnhofbetrieb auf der Strecke der einstigen Cassel-Waldkappeler Eisenbahn . Für den Gütertransport im Kasseler Südosten aber ist das Gelände zwischen Söhre- und Ochshäuser Straße nach wie vor wichtig. Am nun einzigen Güterbahnhof der Stadt Kassel ist die 4,5 Kilometer lange Gleisanlage für die DB Netz AG von hoher Bedeutung. Der Bahnhof dient als Knotenpunkt, um die Industriegebiete Kaufungen-Papierfabrik und Waldau mit Güterwaggons zu erreichen. Noch bis in die zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts hatte der Bahnhof auch eine hohe Bedeutung für den Umschlag der Transportgüter von der Schiene auf die Straße. Bahnamtliche Rollfuhrdienste übernahmen diese Aufgabe.

Emil Hermanns, Transportunternehmen war eine dieser Speditionen. Die in Bettenhausen angesiedelten Gewerbe- und Industriefirmen ohne direkten Gleisanschluss bedienten sich seiner Dienste, die auf der Grundlage eines Vertrages mit der Deutschen Bahn basierten. Emil Hermann (Jahrgang 1894) war ein gelernter Kaufmann der bis Ende des Zweiten Weltkrieges bei der Firma Henschel tätig war. Nach dem Krieg übernahm er ein Pferdefuhrwerk von einem Bekannten. Damit fing für ihn der eigenständige Speditionsbetrieb an, der sich im Güternahverkehr bewegte. Er transportierte alles was er mit seinem Fuhrwerk für private Kunden und Firmen befördern konnte. Seinen Firmensitz hatte er in der Leipziger Straße 90a in einem Holzschuppen gleich neben dem Bettenhäuser Bahnhof, er wohnte aber bis 1953 in der Radestr. 116 und später in der Leipziger Straße 187. Durch Eintrag ins Handelsregister am 12.3.1958 unter der Nummer A 5615 wird Emil Hermann, Transportunternehmen, Leipziger Str. 90a geführt.

Emil Hermann rechts und Mitarbeiter mit Opel Blitz 1956
Emil Hermann rechts und Mitarbeiter mit Opel Blitz vor seinem Schuppen vor 1956  Foto: Jürgen Hermann, Eckrath

Als er sich seinen ersten LKW Marke Opel Blitz zulegte kam der bahnamtliche Rollfuhrdienst dazu. Bahnamtlich hieß damals im Auftrag der Bahn. Er umfasste nicht nur die Ab- und Anfuhr der Eil- und Frachtstückgüter, sondern auch die Eil- und Frachtgutwagenladungen der Klassen A bis C des Deutschen Bahn. Der bahnamtliche Rollfuhrdienst wurde von ausgesuchten und unbescholtenen Arbeitskräften ausgeführt, die mit der Behandlung der Güter vertraut waren. Kunden der Spedition Hermann waren die Firmen Hackländer, Hübner, Spinnfaser, AEG und andere Bettenhäuser Betriebe. Für die Firma Vetter, den Spezialisten für Verdampfungs-, Trocknungs- und Entwässerungsanlagen in der Leipziger Straße 108, fuhr er auch manches Mal einen Spezialtransport mit überlangen Teilen, wofür er einen sog. Nachläufer an den LKW anhängen musste. Das Foto unten entstand an dem 10 Tonnen Portalkran gegenüber dem Güterschuppen am Bahnhof Bettenhausen. Die Anfahrt dorthin erfolgte damals über die Söhrestraße und die Zufahrt zum ehemaligen ARAL Tanklager.

Emil Hermann neben seinem Henschel LKW mit Nachläufer 1960
Emil Hermann neben seinem Henschel LKW mit Nachläufer vor der Krananlage in Bettenhausen ca. 1960  Foto: Jürgen Hermann, Eckrath

Nach dem Tod von Emil Hermann 1968 wurde seine Firma am 10.3.1969 aus dem Handelsregister gelöscht. Das Geschäft übernahm die Spedition Keil, die später nach der Beendigung des Bahnvertrages eine Volvo Vertragswerkstatt betrieb.

Bahnwerbung 1957 Haus zu Haus Verkehr
1957 warb die deutsche Bundesbahn mit dieser Anzeige   Foto: www.epoche2.de

Den Begriff des Bahnamtlichen Rollfuhrdienstes kennt man heute nicht mehr. In Zeiten der Bestellungen per Internet sind aber die Lieferungen bis zur Haustür aktueller und gefragter denn je. Doch diese Lieferdienste laufen überwiegend auf der Straße. Für den Transport von der Straße zur Schiene sind internationale Speditionsunternehmen wie die Firma DB Schenker Rail  und das Schienenverkehrsunternehmen Die-Lei zuständig. Beide sind am Bahnhof in Bettenhausen aktiv. Zu den Kunden am Güterumschlagbahnhof gehören weiterhin Stahlfirmen, KFZ-Zulieferer, Speditions- und Logistikunternehmen. Zum nahen Tanklager an der Söhrestraße rollen auf dem Firmenanschlußgleis auch heute noch regelmäßig Kesselwagen. Dabei werden die Waggons nicht von der Bahn sondern von Loks der Eisenbahnfirma RBH Logistics gezogen.

Luftbild aus 1986 zeigt in der Mitte das Bahnhofsgebäude Bettenhausen
Das Luftbild aus 1986 zeigt in der Mitte das Bahnhofsgebäude, die Gleisanlagen und davor den gelben Portalverladekran  Foto: Veränderungen einer Stadt, Brier und Dettmar, 1986

Editor: Erhard Schaeffer, April 2017

 

Quellen:

  • Jürgen Hermann (Enkel von Emil Hermann), Erkrath 2016
  • Kassel Veränderungen einer Stadt, Brier und Dettmar, 1986
  • www.epoche2.de
  • HNA 19.7.2011

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Kurzbeschreibung

Am einzigen Güterbahnhof der Stadt Kassel in Bettenhausen ist die 4,5 Kilometer lange Gleisanlage für die DB Netz AG von hoher Bedeutung. Auch in der Mitte des letzten Jahrhunderts hatte der Bahnhof eine hohe Bedeutung für den Umschlag der Transportgüter von der Schiene auf die Straße. Bahnamtliche Rollfuhrdienste übernahmen diese Aufgabe. Emil Hermanns Transportunternehmen war eine dieser Bahnspeditionen.

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