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Erfurter Straße 9 - genannt das "Große Maul"

Erfurter Str. 9, 1910

Erfurter Str. 9, AK von 1910 aus
Foto: K-P. Wieddekind

Nach der Eingemeindung des Dorfes Bettenhausen zur Stadt Kassel, 1906, entstanden auf vielen Eckgrundstücken repräsentative, mehrgeschossige Mietwohnungshäuser. Ein Jugendstilhaus mit unverwechselbaren Giebeln baute schon 1905 der Bauunternehmer Justus Lauterbach an der Ecke Ringhofstraße Erfurter Straße (früher: Königinhofstraße). Bis heute begrenzt dieses markante Gebäude den nordwestlichen Rand des Dorfplatzes. Frau Birgit Schultze, ehemalige Miteigentümerin des Hauses, hat den untenstehenden „Lebenslauf“ des Anwesens aufgezeichnet.

1904 kaufte der am 27.02.1874 geborene Bauunternehmer Justus Lauterbach das Baugrundstück des ehemaligen Königinhofes. Dort entlang führte damals die Königinhofstraße - heute Erfurter Straße.
1905 wurde das Haus mit 15 Wohnungen und einem Geschäftslokal im Jugendstil an der Königinhofstraße - heute Erfurter Straße - erbaut. An den drei Bögen nach der Ringhofstraße, Königinhofstraße und Dorfplatz sowie über der Haustür und Bodenfenstern -wurden wunderschöne Stuckarbeiten ausgeführt. Es waren Madonnengesichter mit lang herunterhängenden Locken. Über jedem Fenster waren kleine Gipsrosen angebracht. Diese Stuckarbeiten verliehen dem Haus einen ganz besonderen Charakter.
„Das große Maul“ so nennen die Bettenhäuser auch heute noch das Haus zwischen Erfurter Straße und Ringhofstraße. Die in den Giebel eingearbeiteten Gesichter mit weit aufgerissenen Mäulern zierten die Hausfassade und gehören heute längst der Vergangenheit an. So betrachtet waren die „Mäuler und Gesichter" eigentlich nur Fensterrahmen, wenn auch sehr originelle, die einen originellen Farbtupfer in die Bettenhäuser Landschaft zeichneten.
1906 zogen die ersten Mieter ein.
1927 6. August - 800 Jahrfeier in Bettenhausen.

Erfurter Str. 9, 1927
Erfurter Str. 9, 1927  Foto: @Stadtteilzentrum Agathof e.V.

1934 Errichtung der Spinnfaser-Zellstofffabrik - ein großer Nachteil für das Haus.
1935 Die ersten Reparaturen und ein neuer Anstrich wurden durchgeführt.
1939 Durch Kriegsschäden wurde das Haus in Mitleidenschaft gezogen. Brandbomben beschädigten den oberen Bereich. Diese Schäden konnten bald beseitigt werden. Gravierende Schäden hinterließ allerdings von Jahr zu Jahr die Spinnfaser. Durch die chemischen Mittel der Fabrik - wurde der Stuck am Haus mehr und mehr zerstört und musste schließlich entfernt werden.
1956 verstarb der Erbauer Justus Lauterbach. Nach seinem Tode trat sein Sohn, der Maurermeister August Lauterbach im Alter von 56 Jahren das Erbe an. Durch die Einwirkungen des Krieges standen viele Erneuerungen an; neue Fenster, jede Wohnung bekam nach und nach ein Bad oder eine Dusche - teilweise durch Umbau der Speisekammer-, Einbau von Gasofenheizungen bzw. Etagenheizungen usw.

Erfurter Str. 9, 1935
Erfurter Str. 9, 1935  Foto: @Stadtteilzentrum Agathof e.V.

1967 verstarb August Lauterbach, der Sohn des Erbauers. Nach ihm trat seine Ehefrau, Else Lauterbach geb. Lorenz, das Erbe an. Diese führte um 1935 eine EDEKA-Filiale in dem Geschäftslokal des Hauses.
1968 wurde die Tochter, Ursula Schultze geb. Lauterbach, als Miterbe im Grundbuch eingetragen. Deren Ehemann, der Bauingenieur Emil Schultze, übernahm die Hausverwaltung.
1983 verstarb Emil Schultze im Alter von 61 Jahren. Daraufhin übernahm dessen Ehefrau Ursula Schultze die Hausverwaltung.
1986 – 1988 große Renovierung am Haus (ca. 400.000,00 DM), Einbau einer neuen Zähleranlage im Keller für ca. 25 000.00 DM, Renovierung am Haus für ca. 250 000,00 DM; neues Dach für ca. 70 000,00 DM u.v.m.
1992 verstarb die Mitbesitzerin, Else Lauterbach im Alter von 90 Jahren.
1995 übernahm die Tochter der Eheleute Schultze, Birgit Schultze, die Hausverwaltung.
2001 wurde das Haus überschrieben auf beide Kinder der Eheleute Schultze, Bernd Schultze und Birgit Schultze.

2010 Die Erben Schultze haben das Haus Erfurter Straße 9 an einen neuen Eigentümer veräußert.

Aufgestellt von Birgit Schultze

Erfurter Str. 9, 2010
Erfurter Str. 9, 2010  Foto: B. Schaeffer

Editor: Bernd Schaeffer, Nov. 2010

Quellen:

Jacob, Bruno, Bettenhausen 1126 - 1926, Geschichte des Dorfes Bettenhausen, Hrsg. Bürgerverein Bettenhausen, 1927

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Kurzbeschreibung

Nach der Eingemeindung des Dorfes Bettenhausen zur Stadt Kassel, 1906, entstanden auf vielen Eckgrundstücken repräsentative, mehrgeschossige Mietwohnungshäuser. Ein Jugendstilhaus mit unverwechselbaren Giebeln baute schon 1905 der Bauunternehmer Justus Lauterbach an der Ecke Ringhofstraße Erfurter Straße (früher: Königinhofstraße). Bis heute begrenzt dieses markante Gebäude den nordwestlichen Rand des Dorfplatzes. Frau Birgit Schultze, ehemalige Miteigentümerin des Hauses, hat den „Lebenslauf“ des Anwesens aufgezeichnet

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