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Das Thalia weckte Abenteuerträume
- Autor: Erhard Schaeffer
- Zeit: 1951
- Ort: Gaststätte Nadler-Thalia
- Vom: 19.01.2011
- Themen: Jugend- und Kindheitserinnerungen, Menschen erzählen
Rolf Pabst lebte im Nachkriegs – Deutschland in beengten Verhältnissen in Salzmannshausen . Sein Spielen mit Freunden fand auf der Straße zwischen den Ruinen der Vorstadtsiedlung satt. Ein großer Luxus war der Besuch des Thalia-Filmtheaters, das 1948 in der Leipziger Straße neu eröffnet hatte. In seinem Buch „Neubeginn“ schreibt er wie ein besonderer Besuch dort abgelaufen ist:
….Hatte irgendeiner ein neues Spielgerät, wollten wir anderen natürlich das gleiche haben. Da dies aber oftmals aus finanzieller Sicht nicht möglich war, ließen die Eigentümer großzügig auch die anderen Jungs daran teilhaben, zumal wir unsere Spielsachen ja auch austauschen konnten, und so jeder etwas davon hatte.
Das „Diabolo“ kam groß in Mode und es wurden Meisterschaften im Hochwurf und im Dauerbetrieb ausgetragen. Einige beherrschten das Gerät wahrhaftig artistisch und jonglierten mit Zweien gleichzeitig. Es gab Wettbewerbe mit „fliegenden Propellern“, die, aus neuartigem bunten Plastik hergestellt, mit einem Seilzug abgeschossen wurden und möglichst lange in der Luft bleiben mussten. Wir versuchten damit die Kastanien von den Bäumen zu holen, was nicht selten dazu führte, dass die wertvollen Propeller in den Ästen hängen blieben. Aber mit gezielten Stockwürfen holten wir nicht nur die Propeller, sondern auch die Kastanien herunter, aus denen wir dann Pfeifen oder Männchen bastelten. Und dann gab es bei „Spielwaren-Frisch“ die ersten kleinen Wasserpistolen aus durchsichtigem Plastik zu kaufen, und die musste nun wirklich jeder von uns haben.
Für all das brauchte man natürlich Geld. So war ich regelmäßig hartnäckig dabei, meine Mutter um Geld anzubetteln, auch für das Kino in Bettenhausen, denn am Sonntag gab es im „Thalia“ einen Farbfilm mit Errol Flynn zu sehen. Es wurde „Freibeuter der Meere“ gezeigt, und diese Piratenfilme standen bei uns genauso hoch im Kurs, wie die Cowboyfilme mit Tom Mix, Buffalo Bill und Hopalong Cassidy. Schon ein paar Mal waren meine Freunde ohne mich ins Kino gegangen, und ich war bisher nur einmal gemeinsam mit meinen Eltern in einer Abendvorstellung gewesen. Aber da gab es nur einen langweiligen Liebesfilm.
Diesmal musste es klappen, zumal ich ja schon einen Groschen hatte. Tatsächlich gab mir meine Mutter nach längerem Verhandeln die fehlenden vierzig Pfennige. Mit meinen Freunden und den fünf Groschen in der Hosentasche ging ich fröhlich, voll Vorfreude auf die „Freibeuter der Meere“, die vier Kilometer bis zum Kino nach Bettenhausen. Wir balancierten auf den Gleisen der Eisenbahn, die zum E-Werk führten und alberten herum, bis wir geschwitzt am „Thalia“ ankamen. An der Kinokasse erfasste mich dann das blanke Entsetzen, denn ich hatte nur noch vier Zehner in meiner Tasche. Eine Münze war auf dem Weg irgendwie verloren gegangen. Die Frau an der Kasse schüttelte bedauernd mit dem Kopf und meine Freunde hatten ihr Geld auch nur abgezählt dabei.
Einer nach dem anderen verschwand im dunklen Vorführraum und ich machte mich heulend auf den Weg nach Hause, nicht ohne beim Laufen nach meinem Geldstück zu suchen. Vergeblich!
Ich weinte noch, als ich atemlos bei meinen Eltern ankam. Vater fragte, was los sei, und nachdem ich es ihm schluchzend erzählt hatte, nahm er mich bei der Hand, wir stiegen in seine „Remonte“ und er fuhr, so schnell er konnte, zum Kino. Dort gab er mir den fehlenden Zehner und ich konnte den Hauptfilm noch von Beginn ansehen, denn gerade war das Vorprogramm mit dem langweiligen „Kulturfilm“ zu Ende gegangen, den das jugendliche Publikum sowieso mit Buhrufen bedacht hatte.
Der Piratenfilm war dann wirklich ein grandioses Erlebnis, und ich war über die Hilfe meines Vaters und seinen Groschen sehr glücklich. Danach bekam ich öfter Geld für einen Sonntagnachmittag im Thalia-Filmtheater, und bald gehörten die Cowboy- und Freibeuterfilme zu unseren aufregendsten und spannendsten Erlebnissen, die wir versuchten, in unseren Spielen nachzuempfinden.
Editor: Erhard Schaeffer, 2010
Quelle: Rolf Pabst, Neubebinn -Autobiografie einer Kindheit-, 2010
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Kurzbeschreibung
Hier erzählt Rolf Pabst wie er als Kind in das Thalia-Filmtheater in Bettenhausen ging und dort seine aufregensten Erlebnisse bei Cowboy- und Freibeuterfilmen hatte.
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