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Vom Lossekraftwerk zum modernen Müllheizkraftwerk
- Autor: Bernd Schaeffer
- Zeit: 1911
- Ort: Lossekraftwerk
- Vom: 14.03.2011
- Themen: Stadtentwicklung, Kommunale und staatliche Einrichtungen
Vor 100 Jahren, im Februar 1911, wurde auf den Lamprechtschen Wiesen an der Losse mit dem Bau des Lossekraftwerk zur Stromversorgung der Stadt Kassel begonnen. Rückblickend ist es nur schwer vorstellbar, dass die ersten zwei Generatoren mit zusammen 4°MW Leistung zur Versorgung der Stadt ausreichend waren.
Nach der Umwandlung in eine moderne Müllverbrennungsanlage, in 1968, werden an diesem Standort aus Restmüll durch eine AEG-Kondensationsturbine mit 15°MW Leistung nur noch 5 % des Strombedarfs gedeckt. Die dabei anfallende Abwärme wird als Fernwärme in das Kasseler Verbundnetz eingespeist.
Am 2. Juli 1890 beschlossen Stadtrat und Stadtverordnete der Stadt Kassel den Kauf der Neuen Mühle an der Fulda, um dort das erste Kasseler Elektrizitätswerk errichten zu lassen. Oskar von Miller, bekannt geworden durch die Gründung des Deutschen Museums in München, schuf die Anlage mit anfänglich vier Wasserturbinen zu je 50 PS Leistung. Die Inbetriebnahme der Stromerzeugung erfolgte im Mai 1891 die Wasserversorgung der Stadt Kassel über ein angeschlossenes Wasserwerk folgte ab 6. September 1892. In den Räumlichkeiten des alten Kraftwerks befindet sich seit 1991 das Technikmuseum Neue Mühle mit Exponaten zur Strom-, Gas- und Wasserversorgung.
Wegen der stetig steigenden Nachfrage und zur Verringerung des Leitungsverlustes durch die große Entfernung zu den innerstädtischen Abnehmern wurde 1898 im Königstor ein neues Kraftwerk mit 3 Dampfmaschinen in Betrieb genommen, welches auch die ersten Straßenbahnen mit Starkstrom versorgen konnte.
Innerhalb der folgenden zehn Jahre stieg die Stromabnahme von 740 000 KW/h auf
4 600 00 KW/h an, sodass am 1. Februar 1911 auf den Lamprechtschen Wiesen an der Losse, östlich des Hafens mit dem Bau des Lossekraftwerk begonnen wurde.
Da der Kraftwerksneubau in der Flutmulde der Fulda lag, musste eine hochwasserfreie Konstruktion in einer Betonmulde gewählt werden. Kessel- und Maschinenhaus wurden in Eisenfachwerk ausgeführt. Der danebenstehende 90 Meter hohe Schornstein hatte am oberen Rand einen lichten Durchmesser von 3,3 m. Die Anlage ergänzte ein Wohnhaus für den Pförtner und die Maschinisten.
Um die Braunkohleversorgung sicher zu stellen, wurde ein Industriegleisanschluß zum nahegelegenen Hafen und zum Bettenhäuser Bahnhof verlegt. Den Wasserbedarf deckten zwei 650 m lange Kanäle zur Fulda mit einer Kapazität von bis zu 200 000 m³ Wasser täglich.
Die ersten beiden Turbogeneratoren erbrachten eine Leistung von je 2000 KW. In der Hoffnung auch die Landkreisgemeinden mit Strom versorgen zu können, war Raum für zwei weitere Generatoren mit bis zu 5000 KW vorgesehen. Doch der Kasseler Eigenbedarf stieg so stark, dass es dazu nie gekommen ist.
Bereits 1915, während des Ersten Weltkriegs, mussten größere Generatoren mit 5000 KW Leistung aufgestellt werden.
Ab 1918 erweiterte der damalige Dir. Dinessen das Lossekraftwerk um eine 10 000 KW- und um eine 15 000 KW Maschine, die mit einem erhöhten Betriebsdruck von 20 atm arbeiteten. Neben dem vorhandenen Schornstein wurde ein Zweiter mit 110 m Höhe und einem oberen Durchmesser von 3,65 m lichte Weite am Kopf errichtet.
Innerhalb von 40 Jahren, bis 1954, stieg die Leistung des Kraftwerks von 4 MW auf 32 MW. Zur Steigerung der Versorgungssicherheit wurde der Strom in ein landesweites Verbundnetz eingespeist, das dazu notwendige Umspannwerk entstand oberhalb von Sanderhausen. Auch die Industriekraftwerke von Henschel u. Sohn und der Spinnfaser AG in der Lilienthalstr. waren mit dem Überlandnetz verbunden. So konnte nach den schweren Beschädigungen des Lossekraftwerk durch den Bombenangriff vom 22. Oktober 1943 die notdürftige Stromversorgung von Teilen der Stadt Kassel durch diese Kraftwerke aufrechterhalten werden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg erhöhte sich der Strombedarf rapide und die Kapazität des Kraftwerks konnte an dem Standort in Bettenhausen nicht weiter gesteigert werden. Unter anderem auch deshalb, weil die Kohlelieferungen auf dem Wasserwege zum nahegelegenen Hafen eingestellt wurden.
Die Städt. Werke AG Kassel bauten 1966 gemeinsam mit der Preußenelektra ein neues Kohlekraftwerk mit einer Leistung von 144 MW an der Dennhäuser Straße, ganz in der Nähe der Neuen Mühle, da wo die Kasseler Stromversorgung einmal ihren Anfang genommen hatte.
Das alte Lossekraftwerk wurde zwischen 1968 und 1983 zu einem Müllheizkraftwerk (MHKW) umgerüstet. Mithilfe einer Heizturbine und eines Hochdruckkessels wird die aus dem Restmüll gewonnene Energie in Strom und Fernwärme umgewandelt.
Die Leistung des Müllheizkraftwerks (MHKW) wurde in den zurückliegenden 50 Jahren kontinuierlich gesteigert und durch Nachrüsten in den Jahren 1997,1999, 2008 und 2009 auf dem neuesten technischen Stand gehalten. Das MHKW deckt z. Z. bis zu 5 % des Strom- und bis zu 33 % des Fernwärmebedarfs der Stadt Kassel.
Editor: Bernd Schaeffer, 2011
Quellen:
- Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Stadt Kassel Bd. II, Bruno Jacob, 1948
- Bettenhausen 1906-1956, Eine Chronik, Kurt Klehm; Bettenhäuser Verlag, 1956
- Festschrift „100 Jahre Strom für Kassel, 1891-1991“, Städt. Werke Kassel AG, 1991
- Internet: www.mhkw-kassel.de
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Kurzbeschreibung
Vor 100 Jahren, im Februar 1911, wurde auf den Lamprechtschen Wiesen an der Losse mit dem Bau des Lossekraftwerk zur Stromversorgung der Stadt Kassel begonnen. Rückblickend ist es nur schwer vorstellbar, dass die ersten zwei Generatoren mit zusammen 4°MW Leistung zur Versorgung der Stadt ausreichend waren.
Nach der Umwandlung in eine moderne Müllverbrennungsanlage, in 1968, werden an diesem Standort aus Restmüll durch eine AEG-Kondensationsturbine mit 15°MW Leistung nur noch 5 % des Strombedarfs gedeckt. Die dabei anfallende Abwärme wird als Fernwärme in das Kasseler Verbundnetz eingespeist.
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