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Woher stammen die Straßennamen in der Unterneustadt?

Unterneustadt, Straßenplan vor dem Zweiten Weltkrieg

Unterneustadt, Straßenplan vor dem Zweiten Weltkrieg
Foto: Stadtmuseum Kassel

Der Stadtteil Unterneustadt, im Volksmund das Dörfchen genannt, wurde im Zweiten Weltkrieg fast komplett zerstört. Mit dem Bebauungsplan für die neue Unterneustadt bekamen auch die alten Straßennamen wieder Bedeutung. Sie sind alle historischen Ursprungs. Viele bezeichnen den Weg zu einer Ansiedlung oder Ortschaft z.B. Bettenhäuser Straße oder Waldauerfußweg . Andere führten zu einem markanten Ziel im Dörfchen. Ein besondere Gruppe bilden die Straßenbezeichnungen im Blücherviertel.

Ferdinand von Schill, Porträt von Ludwig Buchhorn (1808/09)
  Foto: wikipedia.org/wiki/Ferdinand_von_Schill

Bettenhäuser Straße: Die einstige Brückenstraße, die von der Brücke aus der Altsadt durch die Unterneustadt führte, wurde zuerst Leipziger Straße und danach Bettenhäuser Straße genannt.

Christophstraße: Die Bezeichnung Christophstraße hängt zusammen mit dem Heiligen Christophorus, er ist zu ständig für Reisende zu Land und Wasser. Der Name der Straße war ursprünglich "Ziegenstall".

Hafenstraße: Sie führt zum Kasseler Hafen, der 1892 bis 1895 angelegt wurde.

Holzmarkt: Der ehemalige Holzmarkt entstand nach der Verlegung der Fuldabrücke durch Landgraf Wilhelm 1794 in die Flucht der Leipziger Straße. Damit verbunden war der Abriss der Magdalenen Kirche, sodass eine große Freifläche entstand. Sie wurde Mittelpunkt des Staßenhandels.

Kreuzstraße: Die Herleitung kommt von sich kreuzenden Straßen.

Maulbeerplantage: Am Ende des Siebenjährigen Krieges versuchten es die Bewohner des Armen und Waisenhauses mit der Seidenraupenzucht. Die Blätter des Maulbeerbaumes dienten den Raupen als Futter.

Mühlengasse: Die Mühlengasse, von Landgraf Moritz eine Zeit lang in "Moritzstraße" umbenannt, führte zur Kornmühle an der Fulda. Die Reste es Toreingangs zur Mühle stehen noch heute. In ihr ist ein neu erbautes Wohnhaus integriert.

Ölmühlenweg: Er geht auf die Ölmühle zurück, die mit dem Wasser der Losse über einen Mühlgraben, der am Dorfplatz in Bettenhausen abzweigte, betrieben wurde. Aus gequetschten Nüssen und Samen wurde einst Öl gewonnen. 1762 wurde die Ölmühle durch die Franzosen in Brand gesetzt.

Pulvermühlenweg: Dicht bei der Mündung des Mühlarmes der Losse in die Fulda lag die Pulvermühle. Schwarzpulver, ein Gemisch aus Salpeter Holzkohle und Schwefel, diente zur Zündung von Feuerwaffen. Die Bestandteile wurden dort zermahlen und gleichmäßig vermischt und der feuchte Kuchen verpresst, getrocknet und wieder zerstoßen zu Pulver.

Salztorstraße: Nahebei an der Fulda lag eine Anlagestelle für die Salzlieferungen. Die Straße führte von dort durch das nach ihr benannte Tor in der Befestigungsmauer der Neustadt. Dort gab es noch 1913 eine Zündholzfabrik, Stahl und Nölke.

Schillstraße: Nach dem Freiheitskämpfer Ferdinant von Schill (1776-1809) benannt.

Schwanenweg: Nach Erzählungen nisteten Schwäne auf der Schwanenwiese an der Bettelbrücke in der Nähe des Siechenhofes. Dort wurden die Reisenden auf der Leipziger Straße um eine milde Gabe angefleht.

Sommerweg: Vermutlich war es im Sommer der Zugweg zu den Gärten vor den Befestigungsanlagen.

Tapsgasse: Sie leitet sich von dem Familienname Tap ab. Diese Familie wird bereits im 17. Jahrhundert unter den Bewohnern aufgeführt.

Unterneustädter Kirchplatz: Hieß ursprünglich Leipziger Platz und die Gestaltung ist auf Simon Louis du Ry zurückzuführen. Er erhielt erst mit dem Bau der Kirche, die auf der Mitte des Platzes stand, den Namen Unterneustädter Kirchplatz.

Waisenhausstraße: Der Name Waisenhausstraße führte auf das Waisenhaus zurück, das bis zur Bombennacht im Oktober 1943 südlich des Unterneustädter Kirchplatzes an der Bettenhäuser Straße stand.

Wallstraße: Die Straße erinnert an den vorgelagerten Befestigungswall der Stadt Cassel, den Friedrich II nach dem Siebenjährigen Krieg schleifen ließ.

Gebhard Leberecht von Blücher, Gemälde von Ernst Gebauer, um 1815
Foto: wikipedia.org/wiki/Gebhard_Leberecht_von_Blücher

Die Straßen im Blücherviertel tragen die Namen von deutschen Militärs aus dem napoleonischen Befreiungskriegen sowie von Dichtern der damit verbundenen Nationalbewegung. Das Viertel wurde ab 1889 von Beamten und wohlhabenden Bürgern errichtet und zeugt mit den Namensgebungen von ihrem gesteigerten Nationalbewusstsein.

Arndtstraße: Ernst Moritz von Arndt, Freidichter, 1769-1860

Blücherstraße: Loberecht von Blücher, Feldmarschall der Freiheitskriege, 1742-1819

Jahnstraße: Friedrich Ludwig Jahn, 1778-1852, genannt Turnvater Jahn, Initiator der deutschen Turnbewegung

Kleiststraße: Heinrich von Kleist, Dichter, 1777-1811

Körnerstraße: Theodor Körner, 1791-1813, Dichter, Dramatiker und Freiheitskämpfer, Bedeutender Lyriker der Befreiungskriege

Yorckstraße: Ludwig Graf Yorck von Wartenburg, Feldmarschall, 1759-1830

Editor: Erhard Schaeffer, 2011

 

Quellen:

  • Straßennahmen erzählen, Monika Junker-John, 2008
  • Mühlen in Bettenhausen, Geschichtskreis Bettenhausen früher und heute
  • Wikipedia, 2011

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Kurzbeschreibung

Der Stadtteil Unterneustadt, im Volksmund das Dörfchen genannt, wurde im Zweiten Weltkrieg fast komplett zerstört. Mit dem Bebauungsplan für die neue Unterneustadt bekamen auch die alten Straßennamen wieder Bedeutung. Sie sind alle historischen Ursprungs. Viele bezeichnen den Weg zu einer Ansiedlung oder Ortschaft z.B. Bettenhäuser Straße oder Waldauerfußweg . Andere führten zu einem markanten Ziel im Dörfchen. Ein besondere Gruppe bilden die Straßenbezeichnungen im Blücherviertel.

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