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Maschinenfabrik Gustav Richter im Gebäude einer Lossemühle
- Autor: Bernd Schaeffer
- Zeit: 1872
- Ort: Dorfplatz an der Losse
- Vom: 18.11.2017
- Themen: Firmen- und Industriegeschichte, Industrie und Gewerbe
Auf dem Gelände der ehemaligen „Mühle mitten im Dorf“ , an einem Lossemühlgraben, gründete 1872 Gustav Adolph Richter seine Maschinenfabrik. Mithilfe der Wasserkraft betrieb Richter seine Werkzeugmaschinen zur Instandsetzung hauptsächlich von landwirtschaftlichen Geräten und Motorfahrzeugen. Später entwickelte die Firma Richter Bergbaumaschinen für den Braunkohleabbau und im Zweiten Weltkrieg war die Firma Zulieferer für die G. Fieseler Flugzeugwerke. Unter dem Namen Hyguri wurden Hydraulikpumpen, Hydraulikzylinder, Axialkolbeneinheiten und komplette Steuerungssysteme hergestellt. Zum 31.3.1976 stellte die Maschinenfabrik Gustav Richter ihren Betrieb ein.
Die Maschinenfabrik Gustav Richter wurde am 1. Dezember 1872 von Gustav Adolph Richter (gest. 1900) auf dem Gelände der ehemaligen Getreidemühle „Mühle mitten im Dorfe“ in der Dorfstraße 9, später Erfurter Str. 15, in dem Straßendreieck Dorfstraße, Inselweg und Pfingstweide gegründet. Der Antrieb der Maschinen erfolgte über ein Mühlrad, angetrieben durch das Wasser aus dem parallel zum Inselweg verlaufenden Mühlgraben. Die Firma Richter wartete und setzte in dem damaligen Dorf Bettenhausen die Dresch- und Antriebsmaschinen instand, war Reparaturwerkstätte für Maschinen und Motorfahrzeuge für den mittlerweile erweiterten Kundenstamm in Kassel und Nordhessen. Bereits 1926 waren 25 Arbeiter und Angestellte bei Richter beschäftigt.
Die Maschinen der Firma Richter wurden noch bis ca. 1948 über Transmission des Mühlrads angetrieben. Während des 2. Weltkriegs war die Firma Richter als einzige in Kassel in der Lage, bei Stromausfall den Betrieb durch eigene Stromerzeugung mittels Mühlrad aufrechtzuerhalten. Erst Mitte der 1950er Jahre wurde das Mühlrad abgebaut und der Mühlgraben zugeschüttet.
Als 1900 der Firmengründer starb, übernahmen sein Sohn Paul Emil Gustav Richter (geb. 16.9.1870 in Plagwitz/Leipzig, gest. 20.2.1952 in Kassel) und sein Enkel Gustav Heinrich Richter (geb. 19.08.1896 in Bettenhausen, gest. 16.05.1955 in Kassel) die Nachfolge. Als Sohn Paul Emil Gustav 1952 starb, war Enkel Gustav Heinrich alleiniger Geschäftsführer.
Während des 2. Weltkriegs fertigte die Firma Richter für die Firmen Junkers und Fieseler Zubehörteile für Flugzeugmotoren. Gustav Heinrich Richter hatte einen Flugschein, war mit Gerhard Fieseler befreundet und hat für die Fieseler Flugzeugwerke Flugzeuge überführt. Nach dem Zweiten Weltkrieg bis etwa zum Jahr 1960 entwickelte die Firma Richter Bergbaumaschinen für den Braunkohleabbau, u. a. Grubenhunde, Haspeln, auf die die Firma Richter das Patent angemeldet hatte, und Kreiselwipper. Parallel dazu hatte Richter die Werksvertretung für Reparaturen von LKW-Kippern der Firma Meiler übernommen.
Nach dem überraschenden Tod von Gustav Heinrich Richter im Jahr 1955 übernahm dessen Ehefrau Gerta (geb. 13.09.1906, gest. 19.03.1984) die Firma. Zusammen mit Tochter Ilse Rehn, geb. Richter (geb. 27.06.1929), und deren Ehemann Dipl.-Ing. Bernhard Rehn (geb. 31.05.1928 in Melsungen, gest. 16.11.1984 in Helsa) führten sie den Betrieb weiter.
Wegen Rückläufigkeit im Bergbau mussten neue Wege beschritten werden. Es wurden nun u. a. Hydraulikpumpen, Hydraulikzylinder, Axialkolbeneinheiten, auf die auch ein Patent angemeldet wurde, sowie komplette hydraulische Steuerungen hergestellt. Ein neues Firmenlogo mit der Kurzbezeichnung Hyguri, eine Abkürzung für Hydraulik Gustav Richter, wurde eingeführt und im Handelsregister beim Amtsgericht Kassel unter der Nummer HRB 3949 registriert.
Die Firma Richter war vor 1945 und in den Jahren danach Ausbildungsbetrieb. Bis zu drei Lehrlinge wurden jährlich ausgebildet und übernommen. Das Betriebsklima bei Richter war gut. Es wurden jährliche Betriebsausflüge, z. B. zur Sababurg und dem Seeburger See bei Göttingen, in den Harz, zur Atta-Höhle und dem Diemelsee, organisiert. Zum Jahresabschluss fanden zwischen den Jahren Betriebsfeiern bei guter Beteiligung statt. Sogar ein Motorboot mit dem Namen „Hai“ wurde von den Beschäftigten in Eigenarbeit entwickelt und gebaut. Leider musste diese Aktivität nach misslungenem Probelauf auf der Fulda eingestellt werden.
Finanzielle Zahlungen von Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Gesundheitsvorsorge in Form von Grippeschutzimpfungen und die Vorhaltung von Medikamenten gehörten zu den sozialen Leistungen der Firma Richter.
Zum 31.03.1976 stellte die Maschinenfabrik Gustav Richter ihren Betrieb ein.
Text: Mai 2009, Klaus-Peter Wieddekind, Kassel,
mit Unterstützung von Frau Ilse Rehn, Kassel, Karl-Heinz Roth, Lohfelden, Horst Bauer, Söhrewald und Konrad Brigandt, Kaufungen, sowie dem Stadtarchiv Kassel, veröffentlicht in:
„Industriestandort Bettenhausen, Band 2“ , Firmengeschichten aus dem Kasseler Osten,
Fotos: Karl-Heinz Roth, Lohfelden, Ilse Rehn und Agathofarchiv Bettenhausen
Editor: Bernd Schaeffer, Nov. 2017
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Kurzbeschreibung
Auf dem Gelände der ehemaligen „Mühle mitten im Dorf“, an einem Lossemühlgraben, gründete 1872 Gustav Adolph Richter seine Maschinenfabrik. Mithilfe der Wasserkraft betrieb Richter seine Werkzeugmaschinen zur Instandsetzung hauptsächlich von landwirtschaftlichen Geräten und Motorfahrzeugen. Später entwickelte die Firma Richter Bergbaumaschinen für den Braunkohleabbau und im Zweiten Weltkrieg war die Firma Zulieferer für die G. Fieseler Flugzeugwerke. Unter dem Namen Hyguri wurden Hydraulikpumpen, Hydraulikzylinder, Axialkolbeneinheiten und komplette Steuerungssysteme hergestellt. Zum 31.3.1976 stellte die Maschinenfabrik Gustav Richter ihren Betrieb ein.
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