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Israelitisches Hospital zu Bettenhausen
- Autor: Bernd Schaeffer
- Zeit: 1700-1749
- Ort: Leipziger Straße < Leipziger Platz
- Vom: 11.02.2011
- Themen: Stadtteilkultur, Krankenhäuser / Altenpflegeheime
Das Gebäude in der Leipziger Straße 106 nutzte die israelitische Gemeinde von 1740 bis 1880 als Hospital. Was jüdische Krankenpflege auszeichnet und was sich hinter dem Begriff Bikkur Cholim verbirgt, ist, im Zusammenhang mit der Geschichte des Hospitals, Inhalt dieses Beitrags.
Im Judentum gehört es zu den Pflichten des Menschen, anderen zu helfen, ihre Nöte zu lindern. Besonders besteht die Verpflichtung für Arme und Kranke zu sorgen. Darum ist es in Deutschland schon sehr früh zum Ausbau eines dichten Netzes karitativer Vereinigungen gekommen. In Kassel z. B. wurde 1925 eine Arbeitsgemeinschaft gegründet, in der sieben Vereine zusammengeschlossen waren. Der Älteste davon der „Israelische Krankenpflege Verein“ wurde 1773 gegründet.
Jüdische Krankenpflege existierte in Deutschland vor und neben der christlichen Pflege am Menschen. Das erste nachweisbare jüdische Spital wurde 1462 in Frankfurt am Main errichtet. In der jüdischen Krankenpflege hat der Krankenbesuch (hebräisch: Bikkur Cholim ) eine besondere Bedeutung. Für die medizinische Betreuung der Kranken waren in alter Zeit die Gemeindeärzte zuständig. Eine frühere Professionalisierung zeigt sich im Beruf des „Krankenwärters/Krankenwärterin“, die als niedere Gemeindeangestellte dienten. Eine jüdische Krankenpflegestation existierte schon im 17. Jahrhundert in Bettenhausen.
Nach den Angaben von Ludwig Horwitz in der JW 6 von 1929 wurde um 1740 in der Leipziger Straße 106 ein israelitisches Hospital errichtet, das bis 1880 seinem Zweck diente. 1881 kaufte die Familie Schröder das Gebäude und baute es zu einem Wohnhaus um. Es hat den Kranken die notwendige Pflege und Vorsorge, den Obdachlosen aber auch Asyl gewährt und sich um die Bestattungen der Armen gekümmert. „Für die Darstellung der Geschichte des israelitischen Hospitals zu Bettenhausen sollen nun die Ausführungen wörtlich übernommen werden, die dafür Lehrer L. Horwitz (als der beste Kenner der jüdischen Geschichte in Kurhessen) zur Verfügung stellte“, - schrieb Bruno Jacob in seiner Chronik über das Dorf Bettenhausen in 1927.
Um die Wende des 18. Jahrhunderts wohnten in Kassel bereits 50 jüdischen Familien. Als die Juden durch die Konstitution des Königs Jerǒmes, 1807, gleiche Rechte erhielten, wählten sie sich Familiennamen statt der üblichen biblischen Namen. In Bettenhausen wohnten damals die Familien Rosenbaum, Goldschmidt, Bandmann, Gutmann und Fisch. (Philipp Fisch kämpfte als freiwilliger Kurhessischer Jäger in den Befreiungskriegen von 1813/14). Die aus Fürth stammende Familie Fränkel hatte als Verwalter des israelitischen Hospitals über drei Generationen eine Sonderstellung in Bettenhausen.
Vor Einführung einer Sozialversicherung wurde die Krankenpflege durch Spenden finanziert. Die Kosten wurden der jüdischen Gemeinde von dem Krankenpflegeverein erstattet. Im Jahre 1784 z. B. belief sich die Jahresausgabe für das Hospital auf 511 Taler 14 Albus 1 Heller, das Kostgeld für eine Woche auf 6 Taler 3 Albus 8 Heller. Zum Passahfest (erinnert an den Auszug aus Ägypten) wurden „2 Bouteillen Wein“ für 24 Albus gekauft. Zu einer umfassenden Pflege gehörte auch die finanzielle Unterstützung der bedürftigen Kranken. Eine Rechnung (aus dem Jahr 1790) ergibt die Summe von 189 Talern. Davon wurden Unterstützungen in Höhe von 87 Talern gezahlt. Daneben bekam Rabbi Fränkel - 48 Taler, Apotheker Runge – 26 Taler. Die Unterstützungen wurden außer nach Kassel und Bettenhausen auch nach Welheiden und Zwehren vergeben.
Nach 1880 wurde die Pflege der jüdischen Kranken der Charité anvertraut. Später wurde Kapital für den Neubau eines israelitischen Hospitals gesammelt, welches dann aber durch die Inflation vernichtet worden ist.
Das Gebäude des Hospitals in der Leipziger Str. 106 blieb noch lange erhalten und wurde während des 2. Weltkrieges zerstört.
Heute, 2011, befindet sich an dieser Stelle die Maschinenfabrik Vetter GmbH und Co KG.
Was bedeutet Bikkur Cholim?
Der Krankenbesuch ist für alle jüdischen Gläubigen eine heilige Pflicht. Widmet sich ein Mitglied der jüdischen Gemeinde einem erkrankten Mitmenschen, erfühlt dies gleich mehrere Gebote der Thora. Hierbei handelt es sich nicht nur um Körperpflege und Reinigung des Krankenzimmers, sondern auch um psychische und seelische Betreuung des Kranken; dazu gehört auch für die Genesung seiner Mitmenschen zu beten. In den Synagogen wurden und werden für die Kranken Gebete verrichtet. „Es gibt keine bessere Tat, als Hilfe an den Bedürftigen zu leisten, weil im Talmud geschrieben ist: „Wer den Kranken besucht, der wird von Bestrafung in zukünftiger Welt befreit“ - so Rabbiner Freyshist aus der Kasseler Synagoge.
Text: Larysa Chernina
Editor: Bernd Schaeffer, 2011
Quellen:
- Bruno Jacob “Geschichte des Dorfes (und Stadtteile von Kassel). Bettenhausen 1126 – 1926, Stadtarchiv (A 104), 1927
- Paul Arnsberg „Der Jüdischen Gemeinden in Hessen, erster Band, Frankfurt, 1971
- Rabbiner Schlomo Freyshist „Bikkur Cholim“ – Beitrag für Zeitung „Die Brücke“, 19/4 – 2010
- L. Horwitz, JW 6, "Der Isrealitische Krankenpflege-Verein", 1929
- Internet: jüdische Pflegegeschichte.de
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Kurzbeschreibung
Das Gebäude in der Leipziger Straße 106 nutzte die israelitische Gemeinde von 1740 bis 1880 als Hospital. Was jüdische Krankenpflege auszeichnet und was sich hinter dem Begriff Bikkur Cholim verbirgt, ist, im Zusammenhang mit der Geschichte des Hospitals, Inhalt dieses Beitrags.
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