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Café "Duck Dich" ist nicht mehr
- Autor: Bernd Schaeffer
- Zeit: 1863
- Ort: Leipziger Straße < Leipziger Platz
- Vom: 21.11.2012
- Themen: Firmen- und Industriegeschichte, Handel und Dienstleistungen
In der Leipziger Straße 171 Ecke Ringhofstraße haben in mehr als 125 Jahren fünf Generationen der Familie Griesel (vier Konrad und ein Daniel) feine Backwaren hergestellt und vertrieben. Dazu gehörte auch eine Cafestube, die wegen der niedrigen Deckenhöhe bei den Bettenhäusern als Café „Duck Dich“ bekannt war. Ende der 1990er Jahre musste Konrad Griesel der Vierte, wie viele andere Bäcker in Bettenhausen, sein Geschäft aufgeben
Viele Bettenhäuser backten bis weit ins 19. Jahrhundert hinein ihr Brot und den Kuchen im Gemeindebackhaus des Dorfes noch selbst. Mit der Eröffnung einer Bäckerei und Konditorei durch den Bäckermeister Konrad Griesel in der Ringhofstraße 4 an der Ecke zur Leipziger Straße in 1863 änderte sich das grundlegend. Von diesem Zeitpunkt an hat die Familie Griesel fünf Generationen lang beste Backwaren zur Zufriedenheit der Bettenhäuser Kunden hergestellt und verkauft.
Allem Neuen gegenüber aufgeschlossen, erweiterte Konrad Griesel 1915 sein Geschäft um ein kleines aber feines Café. Die Cafestube unmittelbar hinter dem Ladenlokal hatte eine auffallend niedrige Geschoßdecke und wurde sehr schnell unter dem Namen Café „Duck Dich“ bekannt. Der ganze Stolz des Bäckermeisters war der dort servierte Baumkuchen mit Krone.
Die Geschäfte liefen gut und deshalb ersetzte Konrad Griesel 1925 Fahrrad, Stoßkarren und Hundewagen durch einen modernen Lieferwagen der Marke „Stoewer Modell D“ aus Stettin, um seinen gewachsenen Kundenkreis schneller beliefern zu können.
1928 eröffnete Café Griesel ein ca. 100 qm großes Gartenlokal entlang der Ringhofstraße. Allerdings dauerte die Freude am Kaffee im Freien nur kurze Zeit, als nämlich 1935 die Spinnfaser AG ihre Zellstoffproduktion aufnahm, lag das Café Griesel genau in der Windrichtung der stinkigen, schwefelwasserstoffhaltigen Abgase.
Diese nach faulen Eiern riechende Luft vermieste besonders bei Westwind nicht nur den Cafegästen von Griesels sondern auch allen anderen Bettenhäuser Einwohnern den Aufenthalt im Stadtteil. Der schlechte Ruf von Bettenhausen als Wohnquartier beruhte in erster Linie auf diesem unerträglichen Gestank. Das wurde erst wieder in 1984 besser, als die Enka Glanzstoff AG ihre Produktion in Kassel aufgab.
Den Zweiten Weltkrieg hatte die Bäckerei relativ unbeschädigt überstanden, doch der Cafegarten wurde aus obengenannten Gründen aufgegeben. Die Nachkriegszeit mit dem eklatanten Mangel an Mehl und Zucker verlangte von den Bäckern viel Improvisationsvermögen. Süßstoff ersetzte Zucker und die Torten wurden mit Hafer „angereichert“. In dieser schwierigen Zeit kam es auch zu einem bedauerlichen Zwischenfall im Backhaus Griesel, über den die KN in ihrer Stadtausgabe am 27.08.1949 berichtete und die Bettenhäuser noch lange zu erzählen wussten:
Mohrenköpfe verräucherten, Feuerwehr musste eingreifen |
Kassel: 1600 Mohrenköpfe verräucherten am Freitagabend gegen 20 Uhr in den Kellerräumen der Bäckerei Griesel in Bettenhausen infolge eines Papierbrandes in der neben der Bäckerei liegenden Spar- und Kreditkasse Bettenhausen. Die alarmierte Feuerwehr konnte durch ihr Eingreifen eine durch unsachgemäßes Papierverbrennen entstandene Schornsteinverstopfung beseitigen und den Rauch zum Abziehen bringen. In der Bäckerei hatte man inzwischen bereits Löschmaßnahmen vorbereitet, damit einem größeren Brand gerechnet werden musste. Die Mohrenköpfe waren am selben Tag erst hergestellt und verpackt worden. Sie mussten, weil sie Rauch angezogen hatten, sofort vernichtet werden. |
Mitte der 1980er Jahre wurde das alte Backhaus entlang der Ringhofstraße abgerissen und durch einen Neubau mit Wohnetage ersetzt. Das Angebot an Backwaren aller Art hatte sich vervielfacht und die Fa. Griesel bediente mit ihren Lieferwagen einen großen Kundenkreis. Mit Daniel Griesel stand die sechste Generation bereit, um das traditionelle Handwerk fortzusetzen.
Doch es sollte anders kommen. Brot und Brötchen wurden zunehmend von Filialbetrieben in Supermärkten und Handelsketten verkauft, Maschinen ersetzten mehr und mehr die Handarbeit und die Familienbetriebe hatten keine Chance, um auf dem Markt konkurrenzfähig zu sein und bestehen zu können.
So musste Konrad Griesel der Vierte Ende der 1990er Jahre das Geschäft nach mehr als 125 Jahren aufgeben. Er hat später bei einem Kollegen in der Kasseler Innenstadt Anstellung gefunden.
In den Laden in der Leipziger Straße 171 zog für ein paar Jahre die Bäckerei Ralf Rössel mit dem Café Len ein. Danach versuchte der eine oder andere Pizzabäcker sein Glück in den alten Geschäftsräumen, meist aber ohne Erfolg.
Das alte Bäckerhandwerk hat offensichtlich keinen Weg in die Zukunft gefunden.
Editor: Bernd Schaffer, November 2012
Quelle:
- Beilage "Für uns" der HNA vom 10.04.1986 anlässlich der 80jährigen Eingemeindung von Bettenhausen
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Kurzbeschreibung
In der Leipziger Straße 171 Ecke Ringhofstraße haben in mehr als 125 Jahren fünf Generationen der Familie Griesel (vier Konrad und ein Daniel) feine Backwaren hergestellt und vertrieben. Dazu gehörte auch eine Cafestube, die wegen der niedrigen Deckenhöhe bei den Bettenhäusern als Café „Duck Dich“ bekannt war. Ende der 1990er Jahre musste Konrad Griesel der Vierte, wie viele andere Bäcker in Bettenhausen, sein Geschäft aufgeben
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