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Chronik des Kleingärtnervereins Forstgelände e.V. von 1929 bis 1955

Vereinswappen_KGV_Forstgelaende

Vereinswappen_KGV_Forstgelaende
Foto: Kleingärtnerverein Forstgelände e.V.

Die niedrige Wohnqualität in der Kasseler Altstadt Anfang des 20. Jahrhunderts führte dazu, dass die dort wohnende Bevölkerung nach Grünflächen und Pachtflächen suchte, die zum Anpflanzen von Obst und Gemüse geeignet waren. Die Stadt Kassel stellte entsprechende Freiflächen, die zunächst als „Grabeland“ genutzt werden konnten, im Bereich des früheren "Forstes" zur Verfügung.

Die Eingemeindung des ehemaligen Bauerndorfes Bettenhausen im Jahre 1906 bot die Möglichkeit, diese Wünsche der Altstadtbewohner zu erfüllen. Hier standen nunmehr genügend Freiflächen zur Verfügung, die bereits landwirtschaftlich genutzt wurden, bzw. einer solchen Nutzung zugeführt werden konnten. So schlossen sich im Jahre 1929 ca. 180 Bürgerinnen und Bürger zusammen, die vorwiegend in der Altstadt von Kassel wohnten, und gründeten im Juli 1929 den „Kleingartenverein  zum Forstgelände“. Im Dreieck zwischen der alten Nürnberger Straße und der Lilienthalstraße lag der ehemals als Truppenübungsplatz genutzte „Forst“. Dort fanden die ersten Vereinsmitglieder genug Grabeland, um ihre Wünsche zu erfüllen. In einem alten Plan aus dem Archiv der Gruppe „Erinnerungen im Netz“ wurde von mir das erste Gartengelände eingezeichnet.

Karte des alten und neuen Vereinsgeländes
Karte des alten und neuen Vereinsgeländes  Foto: Stadtteilzentrum Agathof e.V.

Als erster Vorsitzender  wurde Gfd. (Gartenfreund) Heinrich Lehr gewählt. Durch  günstige Staatsdarlehen  konnten weitere Gartenfreunde  geworben werden, so dass 1931 bereits 300  Mitglieder dem Verein angehörten.

In 1931 wurde mit dem  Bau eines Vereinsheims  begonnen, das bereits ein Jahr später fertig  war. Trotz der damals  herrschenden wirtschaftlichen Krise  und politischen Zerrissenheit bildeten  die Mitglieder eine verschworene Gemeinschaft. In 1938 musste aus  (wehr-) wirtschaftlichen Gründen das Vereinsgelände, welches mit viel Liebe und noch mehr Arbeit aufgebaut worden war, geräumt werden. Hier wurden die Werkshallen der „Junkers Werke“, deren Nachfolger dann später die ehemalige „AEG“ war, aufgebaut. Die Verbundenheit der Mitglieder war jedoch so stark geblieben, dass man gemeinschaftlich nach einem neuen Gelände Ausschau hielt. Schließlich wurde in der Gemarkung „Waldau“, auf der anderen Seite des Wahlebachs, ein geeignetes Gelände gefunden. Nach dem Umzug in das neue Gelände änderte sich auch der Vereinsname in „Kleingärtnerverein Forstgelände e.V.“.

Mit der Übernahme des neuen Geländes waren nicht nur „Altstädter“ als Mitglieder interessiert, sondern auch die Bewohner der „Fieseler Siedlung“ und der „Städtischen Siedlung“ wurden Mitglieder des Vereins. Und wieder begann für die Vereinsmitglieder die Arbeit von vorn. Mit Hilfe eines Reichsdarlehens konnten die Gärten parzelliert, Bäume gepflanzt, Wege angelegt und eine neue Umzäunung des Geländes angebracht werden. Sogar die technische Nothilfe bot ihre Unterstützung an und baute eine Holzbrücke über den Wahlebach, so dass die Gärten ohne Umweg auch von der „Fieseler Siedlung“ und der „Städtischen Siedlung“ gut zu erreichen waren.

Für das Jahr 1939 war der Bau einer neuen Vereinshalle geplant, und das Material wurde bereits angekauft und gelagert. Ihre Erstellung war jedoch nicht mehr möglich, da mitten in den Vorbereitungen der 2.Weltkrieg ausbrach. Seine Spuren der Zerstörung und des Leides blieben auch der Vereinsgemeinschaft des KGV Forstgelände e.V. nicht erspart. Die unmittelbar neben dem Gartengelände gelegenen, für die Herstellung von Kriegsmaterial wichtigen Betriebe, wie Junkers, AEG und Spinnfaser waren oft Ziel von Luftangriffen. Leidvoller Höhepunkt war der 30. Juli 1943, als das Vereinsmitglied Gfd. Hartenauer mit seinem Sohn, Schwiegertochter und 4 Enkelkindern in der Gartenanlage bei einem Bombenangriff auf den Stadtteil Bettenhausen und Sandershausen ums Leben kam. Als 1945 der 2.Weltkrieg zu Ende war, waren durch Bomben und Brände 65% aller Gärten einschließlich Gartenlauben zerstört. Auf dem Gelände wurden 148 Bombentrichter gezählt, und das ehemals blühende Gartengelände glich einer Kraterlandschaft. Anlage und Gärten waren zerstört, aber nicht der Wiederaufbauwille der verbliebenen Mitglieder. Diese begannen von Neuem mit Fleiß und Arbeitseinsatz, ihre Gärten zum Blühen zu bringen und die zum Überleben wichtigen Gemüsearten anzubauen und zu ernten. In den Jahren 1946 bis 1950 wurden durch die Nothilfe der Stadt Kassel weitere zerstörte Gärten neu angelegt. 1951 wurde eine Freifläche als Grünanlage angelegt und Wege neu hergerichtet und die beschädigte Umzäunung wieder instandgesetzt. Im Jahr 1954 feierte der Verein sein 25-jähriges Jubiläum. Wesentliche Inhalte davon sind der heutigen Generation nicht mehr bekannt. Nach zähen Verhandlungen mit der Stadt Kassel konnte der erste Frischwasseranschluss ins Vereinsgelände gelegt werden. Leider verhinderten finanzielle Schwierigkeiten, dass alle Gärten an das Wassersystem angeschlossen werden konnten.

Das alte Vereinsheim vom Parkplatz aus gesehen
Das alte Vereinsheim vom Parkplatz aus gesehen  Foto: Wilfried Strube

In 1955 wurde die kleine Vereinskantine fertiggestellt und an das öffentliche Stromnetz angeschlossen. Die Kantine erfreute sich nicht nur bei den Gartenpächtern regen Zuspruchs. Das Essen war gutbürgerlich und preiswert und da im gleichen Jahr die Bundesgartenschau in Kassel stattfand, sprach sich das schnell herum, so dass auch einige Busse mit Gästen kamen, um dort zu rasten und  zu speisen.
Mittlerweile hatte der Verein 400 Mitglieder und durch die Erweiterung des Geländes standen nun mehr 458 Kleingartenparzellen zur Verfügung. Die Wohnstadt Waldau war noch nicht vorhanden, und so mussten, weil keine Interessenten für 58 Gärten vorhanden waren, einige Pächter einen zweiten Garten hinzu pachten, und andere Gärten wurden an die Stadt Kassel zurückgegeben.

 

Autor: Wilfried Strube, Dezember 2018
ehemaliger 1.Rechner des KGV

Editor: Joachim Schmidt, Juni 2019

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Kurzbeschreibung

Die niedrige Wohnqualität in der Kasseler Altstadt Anfang des 20.Jahrhunderts führte dazu, dass die dort wohnende Bevölkerung nach Grünflächen und Pachtflächen suchte, die zum Anpflanzen von Obst und Gemüse geeignet waren. Die Stadt Kassel stellte entsprechende Freiflächen, die zunächst als „Grabeland“ genutzt werden konnten, im Bereich des früheren „Forstes“ zur Verfügung.

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