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Der Blüchergarten – Community Garden
- Autor: Erhard Schaeffer
- Zeit: 1986
- Ort: Blücherviertel
- Vom: 22.09.2022
- Themen: Stadtteilkultur, Künstler, Chronisten und Biografen
Der Blüchergarten in der Unterneustadt wurde von der Familie Balcke schon Mitte der 1980 Jahre gleich hinter ihrem Wohnhaus an der Fulda gegründet. Ganz ohne Zäune und Begrenzungen entstand hier über die Jahre ein Gemeinschaftsprodukt, ein Grabeland, in dem bis heute alle Generationen und Ethnien in großem Einvernehmen arbeiten.
Gegründet haben dieses Projekt die Familie Balcke, Christian seine Frau Gretel und der Sohn Philip. Sie sind gut in die Sozialstruktur der Unterneustadt mit ihrem Blüchervirtel integriert. Die humanistisch offene Haltung von Christian Balcke hat entscheidend zum Erfolg dieses Gemeinschaftsprojektes beigetragen. Seine Energie scheint grundlegend für den Zusammenhalt diese Ortes zu sein. Er selbst schreibt dazu:
Ein Jahr nach Gründung der Grabelandgemeinschaft Blüchergarten und dem Reaktorunfall in Tschernobyl machte der Geigerzähler im Garten >tack-tack-tack<. „Den Spinat könnt ihr noch essen“, das war die wichtigste Aussage für die Gärtnerinnen und Anlass darüber nachzudenken und Vereinbarungen zu formulieren.
Die Grabelandgemeinschaft ist einem dauernden Veränderungsprozess unterworfen. Das Erdreich der vom Menschen genutzten Natur ist als eine Konstante zu verstehen. Die Gemeinschaft von Menschen und Land gilt es zu erhalten und weiter zu entwickeln. Z. B. die Wahrnehmung zu fördern. Jeder der sich im Garten umschaut fragt sich - was wächst denn da, was rieche ich, was höre ich jetzt, wie schmeckt denn dies, wann kann ich ernten. Wenn wir uns diesem Stückchen Erde ganz zuwenden, tut das ihr und uns gut. Ein Kind braucht zum Wachsen auch Hinwendung und Pflege. Die Gärtner sind die Mütter und Väter für ihr Land, sie sind verantwortlich.
Das Gemeinschaftsleben wird im Jahreslauf durch die Festzeiten gestaltet. Im Frühjahr Osterputz, Osterbrunch und Ostereiersuche. Im Sommer Heu machen und alle zwei Jahre den „Gartenzirkus“ veranstalten bzw. Beteiligung am Blücherviertelfest. Im Herbst das gemeinsame Zwetschgenmus kochen bevor die Winterzeit beginnt. Es folgt der Martinsumzug, dann die Adventsspirale, am Heiligabend singend und Sterne verteilend durch den Garten ziehen, zum Abschluss Fasching und Winter austreiben. Zu diesen Veranstaltungen wird auch im Stadtteil eingeladen. Es ist uns wichtig die Unterneustädter Nachbarn mit einzubeziehen.
War früher die Nutzpflanzenzucht als Zusatzversorgung relevant, wurde diese inzwischen in das nahe gelegene Selbsterntefeld in den Waldauer Wiesen verlagert. So gewann der Garten mehr Platz für das Naturschöne, die Freizeit, die Kinder und die Beschäftigung mit der Gemeinschaft. Regelmäßig werden Kindergarten Gruppen und Grundschüler in den Garten geführt um dabei die Natur mit ihrer Flora und Fauna mit allen Sinnen unter geführter Anleitung zu erfahren. Christian Balke ist stets die Antriebsfeder dieser Aktionen, er ist auch als Buchautor von gesammelten und illustrierten Anekdoten sehr bekannt. Herr Balke zeigt in seiner kleine Werkstatt den Kunstinteressierten seine mit Pastellkreide gefertigten Zeichnungen. Zahlreiche Abdrucke von Lenolschnitten zur Geschichte des Gartens zieren den Arbeitsplatz des Künstlers und das kleine Glashaus am Rande des Gartens.
Sohn Philip hat als Erfinder und Konstrukteur eines besonderen Windrades nach dem Vorbild des Fahrrad Dynamos ein Zeichen für die erneuerbare Energie im Garten platziert. So können durch einen Spannungswandler Strom betriebene Geräte wie Rasenmäher, Wasserfasspumpe, Heckenschere und ein Häckselwerk zum Apfelsaftpressen zum Einsatz kommen.
Zur Umsetzung der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt fördert das Bundesumweltministerium herausragende Konzepte und innovative Projektideen, die dem Schutz, der nachhaltigen Nutzung und der Entwicklung der biologischen Vielfalt in Deutschland dienen. Mit diesem Förderprogramm des Bundesministerium für Umwelt, Natur, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz wurde auch das Projekt Blüchergarten ausgezeichnet.
Auch bei der Documenta fifteen 2022 war der Blüchergarten im Rahmen des Projektes „Eine Landschaft“, welches Erkenntnisse aus dem direkten Umgang mit den räumlichen, kulturellen oder geologischen Gegebenheiten der Landschaft präsentierte, beteiligt. Hierbei konnten die Besucher der Documenta geführt durch einen Tourguide diesen besonderen Garten kennenlernen. Was beeindruckt ist die zurückgezogene Stille dieses Ortes in einer lebendigen Urbanen Umgebung.
Editor: Erhard Schaeffer, September 2022
Quellen:
Projekt Eine Landschaft, MAP Projekte GmbH, Düsseldorf 2022
Bundesministerium für Umwelt, www.bmuv.de/WS102
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Kurzbeschreibung
Der Blüchergarten in der Unterneustadt wurde von der Familie Balcke schon Mitte der 1980 Jahre gleich hinter ihrem Wohnhaus an der Fulda gegründet. Ganz ohne Zäune und Begrenzungen entstand hier über die Jahre ein Gemeinschaftsprodukt, ein Grabeland, in dem bis heute alle Generationen und Ethnien in großem Einvernehmen arbeiten.
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