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Der Fischhof in Bettenhausen
- Autor: Bernd Schaeffer
- Zeit: 1700-1749
- Ort: Quellgebiet der Eichwasserleitung
- Vom: 19.10.2014
- Themen: Stadtteilkultur, Kommunale und staatliche Einrichtungen
Zwischen Lindenberg und Eichwald , südlich der Losse , richtete Landgraf Karl I. im Jahr 1711 für die Hofküche einen Fischhof ein. In sieben Becken wurde der Fischfang aus der niederhessischen Fischzucht für die spätere Verwendung aufgenommen. Es ist anzunehmen, dass der Zulauf des Frischwassers aus dem zum Messinghof führenden Mühlgraben entnommen wurde und der Auslauf in die tieferliegende Losse zurückfloss. Ein landgräflicher Teichmeister führte die Aufsicht über den vom Hoffischer geführten Betrieb. Der Fischhof existierte unter preußischer Verwaltung noch bis 1874 und wurde danach an den Kasseler Fischereiverein verpachtet. Zunehmende Verschmutzungen der Losse durch Abwassereinleitungen im Oberlauf, z.B. durch die in Niederkaufugen angesiedelte Papierfabrik, führten zur Stilllegung der Anlage. Ein Teil der zugeschütteten Teiche wird bis heute von einer Baumschule genutzt.
Fische waren zu jeder Zeit ein wichtiges Nahrungsmittel. Die christliche Kirche hat durch die Festsetzung vieler Fastentage und -zeiten, an denen der Fleischgenuss verboten war, sehr zur Förderung des Fischereiwesens beigetragen. Typisch für die Klöster, in denen die Fastenzeiten besonders streng eingehalten wurden, waren die Anlage von Teichen und der Fischfang in den Strömen.
Grundsätzlich gehörte die Fischerei zum „Forst“, dem juristischen Begriff der Aneignungsgewalt durch den König. Der Begriff „Forst“ enthielt vor allem den freien Tierfang, also die Jagd auf das Wild, aber auch den Fischfang in den Gewässern. Einer der ersten Fischteiche in Hessen wurde 1288 unter Landgraf Heinrich I. bei Frankenberg an der Eder angelegt.
Die Fische aus den Teichen und Bächen dienten in erster Linie der Versorgung der landgräflichen Küche. Nicht nur der eigentliche Hofstaat – also die landgräfliche Familie mit Dienerschaft – wurde gespeist, sondern auch die gesamte Beamtenschaft, soweit sie am Hof anwesend war, wurde von der Hofküche mit Essen versorgt. So ist zu erklären, dass nicht nur die Jagdstrecken an Wild, sondern auch die Fischfänge in erster Linie an die Hofküche geliefert werden mussten.
Auch als Teil der Beamtenbesoldung wurden Fischlieferungen hin und wieder eingesetzt. Verkäufe an die Bevölkerung kamen erst in späteren Jahrhunderten auf. Auch dafür war der Fischhof in Bettenhausen zuständig.
Für die landgräfliche Hofhaltung war die Versorgung mit Fisch von großer Bedeutung. Auch außerhalb der Fastenzeiten wurde damals gern Fisch gegessen, zumal die Versorgung mit Fleisch nicht immer gesichert war und die Aufbewahrung von Fisch und Fleisch trotz mannigfacher Konservierungsverfahren Schwierigkeiten bereiteten. Auch der Vorbehalt, dass Wildbret nur für die Hofhaltung verbraucht werden durfte, deutet auf einen Engpass bei der Fleischbeschaffung hin.
Über die Mengen, die für die Speisung des vielköpfigen „Dienertums“ benötigt wurden, gibt das Tabellenwerk des „Ökonomischen Staates“, das unter Wilhelm IV. zwischen 1566 und 1589 aufgestellt wurde, Auskunft. Für die Hofküche war ein jährlicher Betrag von 5309 Gulden ausgeworfen. Davon waren 792 Gulden (15 %) für Seefisch bestimmt, dagegen nur 92 Gulden (2 %) für Süßwasserfische. Dieser geringe Betrag ist dadurch begründet, dass die einheimischen Erzeugnisse aus den Teichen nicht mit Geld angekauft werden mussten, weil sie kostenfrei der landgräflichen Küche angeliefert wurden. Dass dies nicht stimmte, wurde erst 200 Jahre später erkannt, als man daran ging Erträge und Kosten gegeneinander abzuwägen.
Der „Ökonomische Staat“ gibt folgenden jährlichen Durchschnittsverbrauch des Hofes an: „6.400 Pfund Stockfisch, 40 Tonnen Heringe, 50 Zahl (1 Zahl = 220 Stück) Platteisen (Schollen), 40 Pfund gedörrten Lachs, 2 Tonnen gesalzenen Lachs, 5 Fässchen Bricken (Flussneunaugen), 4 Fass gesalzenen Hecht, 7 Tonnen Schellfisch, 6 Stroh (1 Stroh = eine bestimmte Menge in Stroh verpackte Menge) Bücklinge, 20 Salmen, 700 Hechte, 9.000 Karpfen, 1.000 Forellen, 1.500 Pfund Barben, 150 Pfund Aale, 1.500 Pfund sonstige Fische“.
Das statistische Werk des „Ökonomischen Staates“ gibt auch eine Übersicht über die Teiche und Forellenbäche der Niederfürstentums Hessen wieder. Dabei wurde unterschieden zwischen den „Hauptteichen“, in denen wohl die Hauptmenge der Fische, insbesondere Karpfen und Hechte, erzeugt und gefangen wurden, den „Forellenteichen“ und den „Laichteichen“.
Um die Versorgung der landgräflichen Küche mit Fischen sicherzustellen, wurde die Teichwirtschaft besonderen Beamten, den sog. „Teichmeistern, auch „Teichschreiber“ genannt, anvertraut. Sie unterstanden dem Haushofmeister des Landgrafen. Nach der Hofdienerbesoldung von 1569 erhielten der Teichmeister 20 Gulden, der Forellenfänger und der Hoffischer je 12 Gulden und der Knecht des Hoffischers 8 Gulden. Außerdem standen den Fischereibediensteten noch Naturalien zu.
Die Bauarbeiten und die Unterhaltung der Teiche wurden von sog. „Teichgräbern“ ausgeführt.
Leider sind über die Fangergebnisse der Fischgewässer des Niederfürstentums aus dem 16. Jahrhundert keine Nachrichten erhalten. Das gilt auch für das 17. Jahrhundert. Am Ende des 17. Jahrhunderts wurden für die Wiederherstellung der Teiche Tiroler Teichgräber beschäftigt, weil sie geringere Lohnforderungen stellten.
Im 17. und 18. Jahrhundert scheint die Ernährung mit Fisch nicht mehr so gefragt gewesen zu sein wie in den Jahrhunderten vorher. Es ist sehr gut möglich, dass die Reformation mit der Aufhebung der langen Fastenzeiten daran beteiligt gewesen ist, aber auch der Geschmack kann sich geändert haben. Außerdem wurde im Laufe der Zeit die Versorgung mit Fleisch für die Allgemeinheit durch die Verbesserung der landwirtschaftlichen Methoden der Tierhaltung etwas günstiger, wenn auch die furchtbaren Kriege dieser beiden Jahrhunderte immer wieder schwerste Rückschläge ergaben.
Landgraf Karl I. hatte 1723 einige Zweifel an den Fischereikenntnissen seiner Beamten. Er übergab die Verantwortung einem schlesischen Fachmann, dem Teichmeister Wladislaus Herrmann. Er und seine Nachkommen haben im 18. Jahrhundert der niederhessischen Teichwirtschaft vorgestanden, und sie auf das Stärkste beeinflusst.
1711 richtet Landgraf Karl I. in Bettenhausen in der Nähe der Papier-, Schneide- und Bohrmühle einen Fischhof ein. In den Teichen wurde der Fang aus den übrigen hessischen Fischzuchtanlagen aufgenommen und so die laufende Frisch- und Vorratshaltung für die Hofküche ermöglicht. Auch Bürger konnten hier nach festgelegten Sätzen frische Fische kaufen. Die Aufsicht hatte der Teichmeister, der in Immenhausen stationiert war. Den eigentlichen Betrieb leitete der Hoffischer, dem die Anlage ab 1785 zur höheren Wirtschaftlichkeit verpachtet wurde.
Von den Hermannschen Nachkommen war Ernst Georg Hermann Teichmeister in niederhessischen Diensten. Sein Sohn Johann Karl Christian Hermann wurde ihm bereits 1781 als „Adjunkt“ beigegeben, ein Verfahren, das auch im Forstdienst üblich war.
Von 1802 – 1806 wird ein Conrad Blumenauer als Fischmeister-, Hof- und Vorratsfischer auf dem Fischhof in Bettenhausen genannt. Wahrscheinlich ist aber, dass J. K. Ch. Hermann als Nachfolger seines Vaters weiterhin als Teichmeister in Bettenhausen tätig war. Dies gilt gleichermaßen für die westfälisch-französischen Zeit (1807-1813), in der auch die hessischen Forstbeamten ihr Amt weiter versehen haben. Hermann gab 1812 eine Meldung nach Kassel über den Mariendörfer Teich ab.
Nach der Wiederkehr des Kurfürsten wird in den Akten von 1814 wieder J. K. Ch. Hermann als Teichmeister genannt. Er wohnte aber nicht mehr in Immenhausen, sondern betreute den Fischhof in Bettenhausen von Kassel aus. Er beaufsichtigte auch die Fischerei in den Strömen.
In den folgenden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts ging die Teichwirtschaft in Niederhessen immer mehr zurück. Als Grund ist der erhöhte Bedarf der Landwirtschaft an Wiesen zu nennen. Die immer mehr einsetzende Abkehr von der Waldweide und die stärker bevorzugte Stallfütterung erforderten eine höhere Erzeugung von Heu und damit größere Grünlandflächen, d. h. Wiesen.
Am Ende des 19. Jahrhunderts kamen neue Probleme auf die niederhessische Teichwirtschaft zu. Das eine war die zunehmende Verunreinigung der Gewässer außerhalb des Waldes. Der Fischhof in Bettenhausen existierte unter preußischer Verwaltung bis 1874 und wurde dann an den Kasseler Fischereiverein verpachtet. Dieser musste ihn aber wegen der zunehmenden Verunreinigung der Losse, z.B. durch die Einleitung der Abwässer der flussaufwärts liegenden Papierfabrik, aufgeben. Ein Teil der zugeschütteten Teiche wird bis heute von einer Baumschule genutzt auf der übrigen Fläche wird aus Tiefbrunnen Trinkwasser gefördert (s. Beitrag Eichwasserleitung).
Berufsfischer waren in der Zeit nach 1945 noch an der Fulda und den Aueteichen tätig.
An den ehemaligen Fischhof in Bettenhausen erinnert der Fischhausweg, der von der Leipziger Straße in Höhe des ehemaligen Eisenhammers abzweigt und zum Eichwald führt.
Text: Volker Renkwitz
Editor: Bernd Schaeffer, 0ktober 2014
Quelle: Bonnemann, 1984
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Kurzbeschreibung
Zwischen Lindenberg und Eichwald , südlich der Losse , richtete Landgraf Karl I. im Jahr 1711 für die Hofküche einen Fischhof ein. In sieben Becken wurde der Fischfang aus der niederhessischen Fischzucht für die spätere Verwendung aufgenommen. Es ist anzunehmen, dass der Zulauf des Frischwassers aus dem zum Messinghof führenden Mühlgraben entnommen wurde und der Auslauf in die tieferliegende Losse zurückfloss. Ein landgräflicher Teichmeister führte die Aufsicht über den vom Hoffischer geführten Betrieb. Der Fischhof existierte unter preußischer Verwaltung noch bis 1874 und wurde danach an den Kasseler Fischereiverein verpachtet. Zunehmende Verschmutzungen der Losse durch Abwassereinleitungen im Oberlauf, z.B. durch die in Niederkaufugen angesiedelte Papierfabrik, führten zur Stilllegung der Anlage. Ein Teil der zugeschütteten Teiche wird bis heute von einer Baumschule genutzt.
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