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Die Autobahnausfahrt Kassel-Ost im Wandel von 80 Jahren

Zwei Personen vor dem Hinweisschild Kassel-Ost

Hinweisschild auf die Autobahnausfahrt Kassel-Ost, 1955
Foto: Karl Wills, Kassel

Zwei persönliche Fotos von Karl Wills mit Autobahnhinweisschildern aus 1955 führten zu meinen Recherchen. Wie sah die an Kassel vorbeiführende Autobahn früher aus, ab wann und unter welchen Bedingungen wurde die bedeutendste deutsche Nord-Süd-Verbindung gebaut? Zurzeit (2018) wird die A7 völlig verändert, zusätzliche Fahrspuren und extreme Lärmschutzmaßnahmen sollen den stetig steigenden Fernverkehr der Zukunft aufnehmen. Die Planung und der Bau der Autobahn begannen vor mehr als 80 Jahren und über die Anfänge und die nachfolgenden Veränderungen sind örtlich kaum noch Spuren zu finden, deshalb konzentrierte ich meine Suche, neben Fotos aus dem Stadtteilarchiv, auf das weltweite Internet.

Bevor die örtliche Bauten in Kassel-Ost und deren Wandlung in den Mittelpunkt des Betrachtens rücken, sollen kurz die Anfänge des Autobahnbaus im Deutschen Reich geschildert werden. Am 6. November 1926 wurde in der "Geschlechterstube" des Frankfurter Rathauses eine Gesellschaft namens "Hafraba" (Hamburg-Frankfurt-Basel) gegründet. Der eingetragene Verein, dem Länder, Städte und Verbände angehörten, hatte sich zum Ziel gesetzt, ganz Deutschland mit kreuzungsfreien Autostraßen zu verbinden. Damit ist auch widerlegt, dass die später Autobahn genannten Straßen ein Projekt Adolf Hitlers waren. Zu „der Straße des Führers“ mutierte die Autobahn erst unter der geschickt angelegten Propaganda von Josef Goebbels, was auch erklärt, warum die Legende so lange überlebte.
Elf Tage nach der Übernahme des Kanzleramtes durch Hitler, am 27. Juni 1933, wurde das "Gesetz über die Errichtung eines Unternehmens Reichsautobahnen" verkündet. Und noch im gleichen Jahr, am 23. September, erfolgte durch Hitler der erste Spatenstich für die Strecke Frankfurt - Mannheim.
Der Straßenbau -Ingenieur Dr. Fritz Todt wurde zum Generalinspektor für das deutsche Straßenbauwesen ernannt. Auf den Planungsgrundlagen des Vereins „Hafraba“ wurde das Projekt in Gang gesetzt mit dem Ziel, jährlich 1000 km Straßen zu bauen. Doch schon bald verschwand der Name des Vereins und wurde auf Betreiben Todts in „Gesellschaft zur Vorbereitung der Reichsautobahn“ („Gezuvor“) umbenannt.
Bei dem Blick auf eine frühe (1927) Planungsvariante ist zu erkennen, dass die Fernstraße, die ursprünglich landschaftliche Sehenswürdigkeiten verbinden sollte, im Westen Kassels unterhalb des Schlosses mit einer Brücke über die Wilhelmshöher Allee verlaufen sollte. Heftige Bürgerproteste verhinderten laut Regionalpresse das Ansinnen und man entschied sich für die aktuelle Ostvariante mit allen ihren Folgen.
Für den Bau der Reichsautobahn nördlich und südlich von Kassel wurde am 01.05.1934 die „Oberste Bauleitung Reichsautobahn“ (OBR) unter dem Dach der Reichsbahn in der Kronprinzenstr. 1-2 eingerichtet. Sie war für alle bautechnischen Belange, Grunderwerb, Finanz-und Personalangelegenheiten zuständig.

Bauarbeiten an der Reichsautobahn mit Feldbahn
Erdarbeiten an der Reichsautobahn bei Kassel, 1935  Foto: Bernd Schaeffer, Kassel

Am Sandershäuser Berg, in der Nähe zum Übergang über die Nieste und nicht weit entfernt von der späteren Ausfahrt Kassel-Ost erfolgte im November 1934 der erste Spatenstich für den Bau des Streckenabschnitts Nr. 27 zwischen Kassel und Göttingen mit einer Länge von 38,4 km. Der Spatenstich entsprach buchstäblich der damaligen Zielsetzung, nämlich mit möglichst viel Handarbeit das Heer der Arbeitslosen in Arbeit und Brot zu bringen, der Einsatz schweren Gerätes wurde so weit wie möglich vermieden. Zeitweilig waren über 6000 Arbeiter an der Großbaustelle im Einsatz.
Auf der anderen Seite hatten Großbauern aus dem niedersächsischen Landwehrhagen, die durch den Verkauf ihrer Äcker an die Reichsautobahn zu viel Geld gekommen waren, die Zeichen der Zeit erkannt, schafften sich Lastkraftwagen an und beförderten ab sofort für das Bauvorhaben die Erdmassen.

Gerueste und Kraene zum Bau der Autobahnbruecke ueber das Lossetal
Bau der Autobahnbruecke ueber das Lossetal, 1936  Foto: Stadtteilzentrum Agathof e.V.

Die Einweihung des Streckenabschnitts 27 geschah nach drei Jahren harter Arbeit mit großem Aufwand im Beisein des Gauleiters am 20.06.1937. Schon zwei Monate später am 18.08.1937 wurde die Autobahntankstelle Kassel-Ost eröffnet. Und am 1. September 1937 nahm die Straßenmeisterei Kassel in der Nähe der Ausfahrt ihren Dienstbetrieb auf.
Noch im gleichen Jahr (17.12.1937) wurde der Streckenabschnitt 28 mit einer Länge von 39,6 km in Richtung Süden bis Homberg/Efze für den Verkehr freigegeben. Auch diese Feier fand an der Auffahrt Kassel-Ost statt.
Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs waren im Deutschen Reich über 3500 km Autobahn fertiggestellt. Noch vor der Kapitulation im Mai 1945 wurden viele Straßenbauwerke - vor allem Brücken - durch Kriegseinwirkung oder Sprengung zerstört. Ein Beispiel im Verlauf des Streckenabschnitts 27 ist die Werratalbrücke bei Hedemünden.

Frau vor Autobahnhinweisschild Kassel-Ost
Hinweis auf Snack-Bar Kassel-Ost, 1955  Foto: Karl Wills, Kassel

Die Tankstelle an der Autobahnausfahrt Kassel-Ost bei km 306,5 ging nach dem Krieg in den Besitz der amerikanischen Besatzungsstreitkräfte über. Die sogenannte QM Service Station diente bis in die 1970er Jahre den amerikanischen Soldaten als Tankanlage und Snackbar auf der Fahrt über die jetzt bundesdeutsche Autobahn A7.

Amerikanische Raststaettean der Ausfahrt Kassel-Ost, 1970
QM Service-Station an der Ausfahrt Kassel-Ost, 1970  Foto: Joe Coughlin, aufgerufen www.usarmygermany.com

Diese Sonderregelung war in einem Staatsvertrag von 1964 vertraglich vereinbart worden. Bei der Verbreiterung der A7 in Richtung Süden auf drei Fahrspuren wurde die Tankstelle aus den ersten Tagen des Autobahnbaus ohne eine Frage nach Denkmalschutz abgerissen.
Die Autobahnmeisterei Kassel-Ost bestand noch bis 1. August 1997. Im Zuge der Verwaltungsreform der hessischen Straßenbauverwaltung wurde die Dienststelle nach Baunatal in die Nähe des Autobahnkreuzes Kassel-West verlegt. Die Gebäude der alten Meisterei stehen noch konnten aber nicht alle einer neuen Nutzung zugeführt werden und verkommen, wie auf dem Foto von 2018 deutlich zu erkennen ist.

Leerstehende Gebaeude der Autobahnmeisterei Kassel-Ost, 2018
Leerstehende Gebaeude der Autobahnmeisterei Kassel-Ost, 2018  Foto: Bernd Schaeffer, Kassel

Aus der alten Ausfahrt Kassel-Ost wurde, nach dem Neubau einer Abfahrt an der B7, die Ausfahrt Nr. 77 Kassel-Nord. Nach dem Ausbau der A7 zwischen Kassel-Mitte und dem Dreieck Kassel-Ost auf acht Spuren zwischen 2011 und 2022 werden in Zukunft etwa 100 000 Fahrzeuge pro 24 Stunden die Stelle passieren, an der in 1934 der Autobahnbau für Nordhessen einmal begonnen hat.

Editor: Bernd Schaeffer, Juli 2018

Quellen:

  • HNA Ausgaben vom 26.08.1987 und 20.06.2017
  • Prof. Dr. Richard Vahrenkamp, Universität Kassel,
    Die Zentrallage Kassels Verkehrspolitik und Autobahnbau in Nordhessen 1920 bis 2000, WIP 10/2006
  • Internetaufrufe am 08.07.2018:
  • www.autobahngeschichte.com;
  • www.autobahngeschichte.de;
  • www.usarmygermany.com;

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Kurzbeschreibung

Zwei persönliche Fotos von Karl Wills mit Autobahnhinweisschildern aus 1955 führten zu meinen Recherchen. Wie sah die an Kassel vorbeiführende Autobahn früher aus, ab wann und unter welchen Bedingungen wurde die bedeutendste deutsche Nord-Süd-Verbindung gebaut? Zurzeit (2018) wird die A7 völlig verändert, zusätzliche Fahrspuren und extreme Lärmschutzmaßnahmen sollen den stetig steigenden Fernverkehr der Zukunft aufnehmen. Die Planung und der Bau der Autobahn begannen vor mehr als 80 Jahren und über die Anfänge und die nachfolgenden Veränderungen sind örtlich kaum noch Spuren zu finden, deshalb konzentrierte ich meine Suche, neben Fotos aus dem Stadtteilarchiv, auf das weltweite Internet.

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