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Die Cassel-Waldkappeler Eisenbahn kommt nach Waldau
- Autor: Erhard Schaeffer
- Zeit: 1850-1899
- Ort: Bergshäuser Straße
- Vom: 20.09.2024
- Themen: Stadtentwicklung, Kommunale und staatliche Einrichtungen
In der Zeit der Wende vom 19. auf das 20. Jahrhundert wird Waldau mit dem Ausbau der Cassel-Waldkappeler Eisenbahn an das Eisenbahnnetz angebunden. Es entsteht ein Bahnhof und in der Folge eine Bahnhofsgaststätte. Hundert Jahre danach kann man von beiden nur Spuren entdecken. Mit alten Fotos soll an diese Zeit erinnert werden.
Cassel-Waldkappeler Eisenbahn, CWE
Am 01.12. 1879 wurde die Strecke Cassel-Waldkappel eröffnet, in Richtung Kasseler Hauptbahnhof war sie erst am 15. März 1880 befahrbar. Neben dem großzügigem stattlichen Bahnhofsgebäude in Bettenhausen, erbaut auf dem zu Kassel gehörenden Forstgelände, entstand ein verzweigtes Netz von Anschlussgleisen. An der Strecke zum HBF Kassel lag auch der Haltepunkt Waldau. Ein schlichtes Gebäude mit einem kleinen zur Seite offenen Warteraum.
Die Gleise vom Hauptbahnhof Kassel nach Waldkappel hatten eine 49,6 km lange Streckenführung.
Bettenhausen und Waldau waren am Ende des 19. Jahrhunderts noch eigenständige Gemeinden. Bettenhausen wurde erst 1906 und Waldau sogar erst 30 Jahre später in das Stadtgebiet Kassels eingemeindet. Rückblickend kann festgehalten werden, dass die Entwicklung des Dorfes Bettenhausen zum wichtigsten Industriestandort der Stadt Kassel ohne diese Bahnanbindung nicht möglich gewesen wäre. Während Waldau noch lange Zeit landwirtschaftlich ausgerichtet war. Erst mit der Entwicklung der Fliegerei und Schaffung eines Flughafens am südlichen Rande des Dorfes begann auch für Waldau der technische Aufschwung des 20. Jahrhunderts.
Zur Entwicklung der östlichen Gemeinden von Kassel vor dem Ersten Weltkrieg gehört, das mit der Eisenbahn stark zunehmende Zahl an Industriearbeitern und Arbeiterinnen aus der ländlichen Region des Lossetals und der Söhre an ihre Arbeitsplätze in Kassel und zurück befördert werden konnten. Die Landbevölkerung profitierte auch durch den vereinfachten Zugang an Bildungs- und Kulturangeboten (Gymnasien, Theater, Kino etc.) Die Steigerung des Personenverkehrs lässt sich an der Zunahme des Fahrkartenverkaufs in Bettenhausen ablesen.(1884: 58 791 Fahrkarten, 1906: 147 121 Fahrkarten, 1926: 216 151 Fahrkarten).
1916 lagen an der Strecke der CWE folgende Bahnhöfe und Haltepunkte:
Kassel HBF – Kirchditmold - Niederzwehren - Waldau – Cassel-Bettenhausen – Papierfabrik – Niederkaufungen – Oberkaufungen – Helsa – Eschenstruth – Fürstenhagen – Hess. Lichtenau Stadt – Hess. Lichtenau – Walburg – Harmuthsachsen – Waldkappel. Nahezu alle Bahnhöfe/Haltepunkte lagen bei Beginn und Einweihung der Bahn noch in selbständigen Gemeinden. Für die Planer erforderte dies viel Überzeugungsarbeit bei den örtlichen Gemeindevertretungen. Später wurde die Strecke über Bischhausen – Reichensachsen nach Eschwege West verlängert. Mit der Bahnstrecke war man über den Hauptbahnhof Kassel und das Netz der Preußischen Staatseisenbahn mit der Welt verbunden. Das Foto vom Waldauer Bahnhof ist 1943 mitten im Zweiten Weltkrieg entstanden. Das Schild „Räder müssen rollen für den Sieg“ belegt das.
Die Söhrebahn wurde im August 1912 in Betrieb genommen. Sie war eine 10,6 km lange normalspurige Kleinbahn östlich von Kassel. Die Strecke führte von einem separaten Bahnhofsgebäude hinter dem Bahnhof Kassel-Bettenhausen über Lohfelden und Vollmarshausen nach Wellerode-Wald und trug ebenfalls zu der o. g. Entwicklung bei.
Mit der Zeit des Individual-Verkehrs wurde der Personenverkehr für die Bahn unrentabel. Am 31. Mai 1985 fuhr auf der Strecke von Kassel Hbf. über Waldkappel nach Eschwege der letzte Personenzug. Davor hatte die Bahn begonnen Busse auf der Strecke einzusetzen. Den Haltepunk Waldau gibt es danach nicht mehr.
Gasthaus zum Bahnhof in Waldau
Wo Mensch mit der Bahn reisen muss es auch Wartesäle und Gasthäuser geben. In Bettenhausen erfüllte der Bahnhof mit einer Bahnhofsgaststätte diese Aufgabe. In der Nähe des Haltepunktes Waldau an der Kreuzung des Waldauer Fußweges und der Bahnhof Straße (heutige Bergshäuser Straße) gab es am Anfang nichts vergleichbares. Die Familie Apel erkannte die Zeichen der Zeit und die Nachfrage nach Gastlichkeit. Im Adressbuch von 1914 wird erstmals Heinrich Apel als Gastwirt aufgeführt. Sein Wohn- und Gasthaus befand sich an der Bahhoftraße 41 ¾. Die Bergshäuser Straße hieß bis zur Eingemeindung 1936 Bahnhofstraße. Die Gasträume lagen im EG des prächtigen aus Klinker gebauten dreigeschossigem Gründerzeithauses. Darüber wohnte die Familie. Es trug den Namen Gasthaus zum Bahnhof. Im Nebengebäude hinter dem Haus gab es einen großen Saal. Die Herkulesbrauerei, sie wurde 1897 gegründet, lieferte den begehrten Gerstensaft. Das Schild an der Fassade trug die Aufschrift „Gastwirtschaft Heinrich Apel“. Andere Gasthäuser, von denen es in Waldau noch mehrere gab, lagen weit entfernt vom Bahnhof Waldau im Ortskern.
Auf dem Foto, das kurz vor dem Ersten Weltkrieg entstanden ist, sieht man einen Zug von Kaiserlichen Soldaten, die in der Garnisonstadt Kassel stationiert waren, an dem Haus vorbei marschieren. Möglicherweise sind sie auf dem Weg zum Bahnhof der sich am Ende der Straße befand. Wahrscheinlicher ist aber, dass die Soldaten sich nach einer Gefechtsübung auf dem Truppenübungsplatz von Waldau (dort entstand später der Flugplatz Cassel-Waldau) zur Kaserne in der Stadt befanden. Sie mussten dazu den Waldauer Fußweg benutzen.
Der Gastbetrieb durch die Familie Apel währte anscheinend nicht lange. Schon 1924 findet man unter Apel als Gastwirt im Adressbuch keinen Eintrag mehr. Der Sohn Karl Apel 41 ¾ und die Witwe Sophie Apel 41 ½ werden hingegen noch 1936 aufgeführt. Ab 1939 weist das Adressbuch Wilhelm Hannak als Gastwirt aus. Er betreibt die Gaststätte auch nach dem Zweiten Weltkrieg weiter.
Noch hundert Jahre später 2024 kann man das Haus in der Bergshäuser Straße finden. Es sticht aus der sonstigen modernen Bebauung nebenan heraus. Nach der Eingemeindung Waldaus erfolgte eine neue Nummerierung der Grundstücke. So trägt es jetzt die Anschrift Bergshäuser Straße 40. Durch die Auswirkungen des zweiten Weltkrieges hat das Dachgeschoss seine Gründerzeit Struktur verloren. Die Erkerfenster und Giebel sind heute schlicht und moderner gestaltet. An einen Gastbetrieb erinnert die Glasreklamefläche über dem Eingang, auf deren rechter Seite noch eine Dampflokomotive zu sehen ist. Im Saal des Hinterhauses haben sich noch bis in die 1960er Jahre viele Sportler umgezogen um dann auf dem Waldauer Sportplatz Fußball oder Handball zu spielen. Hier hat sich später der Carambolage Verein Kassel e. V. (CVK) eingemietet. Gegründet wurde er im Januar 1992 und nimmt seitdem am Spielbetrieb im Landesverband Niedersachsen teil.
Text: Erhard Schaeffer und Hannes Pressler, September 2024
Quellen:
Adressbücher Kassel und Umgebung 1914, 1924, 1936, 1939 und 1972
Wikipedia, Bahnstrecke Kassel www.vergessene-bahnen.de
Archiv Arthur Balz, Kassel
Archiv Hannes Pressler
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Kurzbeschreibung
In der Zeit der Wende vom 19. auf das 20. Jahrhundert wird Waldau mit dem Ausbau der Cassel-Waldkappeler Eisenbahn an das Eisenbahnnetz angebunden. Es entsteht ein Bahnhof und in der Folge eine Bahnhofsgaststätte. Hundert Jahre danach kann man von beiden nur Spuren entdecken. Mit alten Fotos soll an diese Zeit erinnert werden.
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