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Die Heinrich-Steul-Siedlung in Kassel-Forstfeld, gestern und morgen

Heinrich-Steul-Siedlung in Kassel-Forstfeld

Heinrich-Steul-Siedlung in Kassel-Forstfeld
Foto: @ Falk Urlen

Die Heinrich-Steul-Siedlung feiert im Jahr 2014 ihr 40-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass soll hier ein kurzer Abriss der Geschichte gegeben werden. Auf dem Forstfeld neben einem ehemaligen Kanonenkugelfang baut die Firma Junkers (Lilienthalstraße 150) ein Lager aus Steinbaracken für ihre Mitarbeiter. Später werden hier Zwangsarbeiter untergebracht, die UNRA sammelt hier Letten und Esten für den Heimtransport, Deutsche ziehen 1949 in die Wohnungen, die sich bis 1972 in ein Elendslager entwickeln. Die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Kassel baut hier über 400 Wohnungen für 1000 Menschen, von denen die ersten am 1. April 1974 hier einziehen. Einzelheiten finden Sie in den Verlinkungen.

Zu diesem Jubiläum stellte ich eine Mediensammlung als Video zusammen, das Sie sich über YouTube ansehen können.

Am 1. April 1974 wurden die ersten Wohnungen in der Heinrich-Steul-Straße bezogen, die damals noch „Forstbachweg 16 – neue Häuser“ hieß. Auch heute noch ist die Adresse der Gebäude, in dem die Heinrich-Steul-Schule war, das Haus-Forstbachweg und die städtische Kindertagesstätte sind, "Forstbachweg 16".

Steul-Straße, 40
Steul-Straße, 40  Foto: @ Stadtteilzentrum Agathof e.V.

Das hat geschichtliche Wurzeln. Bis 1911 war hier ein  militärisches Übungsgelände mit einem 80 m breiten Kanonenkugelfang, dann war es Lagerstätte für Pulver der Munitionsfabrik, später baute die Firma Junkers (Flugmotorenwerke) 1940 hier 28 Steinbaracken für ihre Mitarbeiter, die sich dann zu Unterkünften für Fremdarbeiter bzw. Zwangsarbeiter entwickelten. Eine UN-Organisation (UNRA) übernahm 1945 dieses „Junkerslager“, dann „Junkerscamp“, um hier die in Deutschland lebenden entwurzelten Menschen aus Lettland und Estland zu sammeln, damit diese schnell in ihre Heimat abgeschoben werden  konnten, wogegen sich die Betroffenen mit Erfolg wehrten. Im Volksmund hieß dieses Lager darum „Lettenlager“. 1949, nach der Auflösung des Lagers,  war dieses mit seinen großen (68 qm) Wohnungen eine nachgefragte Wohngegend mit einem kleinen Einkaufzentrum und einer Gaststätte, aus der später dann das Haus Forstbachweg wurde. Ab Ende der 50er Jahre wurden hier  immer mehr kinderreiche Eltern (mit bis zu 13 Kindern) untergebracht, die aufgrund der Kinderzahl keine Chance hatten, auf dem Wohnungsmarkt eine Wohnung zu finden. Schließlich verwahrloste das Lager teilweise mit seinen 100 Erwachsenen und 300 Kindern und musste deshalb abgerissen werden, die HNA meldete am 09.10.1973, dass die letzte Baracke abgerissen ist.

Heinrich-Steul-Siedlung nach der Fertigstellung
Heinrich-Steul-Siedlung nach der Fertigstellung  Foto: Falk Urlen

Die Geburtsstunde des „Weißen Schlosses“ (auch „Lindwurmsiedlung“ oder „Legohäuser“), heute eine Wohnanlage der GWG mit über 450 Wohnungen, war aber schon eher. Im Mai 1971 war das „Barackenbeseitigungsprogramm“ beschlossen worden, ein Architektenwettbewerb wurde ausgeschrieben, das Ergebnis wurde am 20.11.1972 bekannt gegeben.

Die Häuser wurden Stein auf Stein durch ein rumänisches Subunternehmen von HOCHTIEF erbaut,  die Arbeiter wohnten vor Ort und erholten sich im „Haus Forstbachweg“, zusammen mit den deutschen Jugendlichen spielten sie Fußball. Das soll gut geklappt haben, erzählte der damalige Leiter.  Dieses Haus stand ungefähr dort, wo heute das Haus Nr. 3 steht.

Mit dem  ersten Bauabschnitt, die heutigen Häuser Nr. 27 bis 39, wurde am 02.04.1973 begonnen, die Mieter zogen schon ab 1. April 1975 ein. Erst später wurde die Straße umbenannt in Heinrich-Steul-Straße, wahrscheinlich wegen der Schule für Lernhilfe, die hier gebaut worden war.

Die Hälfte der Wohnungen hatten drei Zimmer, ein Drittel ein oder zwei Zimmer und 20 Prozent vier. Für große Familien sollten bei Bedarf  zwei Wohnungen zusammengelegt werden.

Der zweite Bauabschnitt wurde am 15. Okt. 1974 fertiggestellt, die Vermietung ging zunächst nur schleppend, so dass man sich mit dem dritten Abschnitt mehr Zeit ließ, er wurde am 24.02.1976 bezugsfertig.

Das neue WEIßE SCHLOSS vor den rauchenden Schloten der ENKA AG . (Foto 1978; vom Lindenberg aus)
Das neue WEIßE SCHLOSS vor den rauchenden Schloten der ENKA AG (Foto 1978; vom Lindenberg aus).  Foto: Falk Urlen

Insgesamt kostete die Anlage fast 32 Mio DM. Die 42 Garagen entstanden 1995. Zur Versorgung der 1000 hier wohnenden Menschen galt es, die Infrastruktur zu schaffen. Am Eibenweg entstand ein Versorgungszentrum mit Supermarkt, Arzt- und Zahnarztpraxis, Sparkassenfiliale und einer Apotheke. Für die Post wurde ein Verkaufsraum an der Ecke Eibenstr./Forstbachweg angemietet. Einen großer Konsum-Supermarkt, später SPAR, heute Getränkemarkt gab es bereits an der Ochshäuser Str. Im nachträglich ausgebauten Keller des „Haus Forstbachweg“ entstanden nun Räume für Forstfelder und Bettenhäuser Vereine. Daneben entstand eine Kindertagesstätte und ein Hort.

Zwei, die sich im Weißen Schloss wohlfühlen
Zwei, die sich im Weißen Schloss wohlfühlen  Foto: @Falk Urlen

Die Deutsche Bahn fuhr bis in die 80er Jahre mit ihren Dieselloks noch sehr dicht an den westlichen Häusern vorbei. Dort, wo heute das Haus Forstbachweg steht, war früher die Haltestelle „Eisenhammer“ der Söhrebahn.

Der damalige Geschäftsführer der GWG Habermehl: „Wir glau­ben, dass wir mit der Verwirkli­chung dieses Bauvorhabens, das in herkömmlicher, somit nicht fabrikmäßig vorgefertigter Bau­weise, ausgeführt wurde, den ge­genwärtig erreichbaren Wohnstandard im Rahmen des sozia­len Wohnungsbaus verwirklicht haben."

Frau Hannelore Diederich, damals Fischer,  unterschrieb am 14. März 1974 den Mietvertrag mit der GWG.  Sie zahlte für 3 Zimmer, Bad/WC, Flur, Abstellraum, Kellerraum kalt 241,80 DM, die Nebenkosten betrugen 131,20, gleichzeitig wurde angekündigt, dass wegen Wegfalls der staatlichen Förderung die Mieten 1979, 1982, 1985 und 1988 je um ca. 50 DM erhöht werden sollten. Später musste sie eine Fehlbelegungsabgabe zahlen.

Sie wohnt hier noch heute und fühlt sich rundum wohl, inzwischen war sie Kasseler Stadtverordnete und Forstfelder Ortsvorsteherin. Die Siedlung liegt ihr seit jeher am Herzen, so organisierte sie bisher vier Jubiläen auf einer Festwiese hinter den Häusern.

In einem Interview zum 20jährigen Jubiläumsfest meinte sie 1994: Wenn Menschen diese Hochhaussiedlung sähen, ständen sie dieser zunächst sehr kritisch gegenüber, sähen sie aber die Wohnungen mit den großen Balkonen, wären sie positiv überrascht.  Dadurch, dass die Häuser  verschachtelt gebaut seien, könnte niemand dem anderen auf den Balkon gucken. Die Vermieterin (GWG) lasse den Menschen viel persönlichen Freiraum, jeder könne den Balkon nach eigenem Geschmack gestalten. Ehrengäste bei diesem Fest waren Dr. Karl Branner neben der Landtagsabgeordneten Lisa Vollmer. Der Reinerlös ging an die Jugendarbeit.

Festgäste: v.l.n.r: GWG-Geschäftsführer Helmut Röse, Stadtverordneter Günter Schicketanz, Ortsvorsteher Falk Urlen, unbekannt, ehem. Oberbürgermeister Karl Branner, Stadtverordnete Hannelore Diederich
Festgäste: v.l.n.r: GWG-Geschäftsführer Helmut Röse, Stadtverordneter Günter Schicketanz, Ortsvorsteher Falk Urlen, unbekannt, ehem. Oberbürgermeister Karl Branner, Stadtverordnete Hannelore Diederich   Foto: Falk Urlen

Beim Bezug der Wohnungen gab es in dem Gebiet nach Diederich wenig Kinder. Die Mieter waren deshalb auch keinen Kinderlärm gewöhnt. Als die hier Geborenen heranwuchsen, gab es in den 80er Jahren viele Beschwerden wegen des Lärms. Auch der Vermieter hatte nicht mit dem Heranwachsen gerechnet, so waren die Spielplätze knapp und nicht gepflegt. Der Bolzplatz war sehr staubig. Das wurde dann in den nächsten Jahren geändert.

Noch 1999 konnte Diederich  beim 25jährigen Jubiläum sagen, dass man in manchen Treppenhäusern vom Fußboden essen könne, wenngleich es auch schon einmal eine eingetretene Türe gäbe. Das ist heute anders geworden. Jetzt  müssen die Bewohnerinnen und Bewohner eine Reinigungsfirma bezahlen, weil  sich nicht immer alle an die Hausordnung hielten.

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Kurzbeschreibung

Die Heinrich-Steul-Siedlung feiert im Jahr 2014 ihr 40-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass soll hier ein kurzer Abriss der Geschichte gegeben werden. Auf dem Forstfeld neben einem ehemaligen Kanonenkugelfang baut die Firma Junkers (Lilienthalstraße 150) ein Lager aus Steinbaracken für ihre Mitarbeiter. Später werden hier Zwangsarbeiter untergebracht, die UNRA sammelt hier Letten und Esten für den Heimtransport, Deutsche ziehen 1949 in die Wohnungen, die sich bis 1972 in ein Elendslager entwickeln. Die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft der Stadt Kassel baut hier über 400 Wohnungen für 1000 Menschen, von denen die ersten am 1. April 1974 hier einziehen.

Zu diesem Jubiläum stellte ich eine Mediensammlung als Video zusammen, das Sie sich über YouTube ansehen können.

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