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Die Kasseler Druckerei und Färberei AG, Kadruf
- Autor: Bernd Schaeffer
- Zeit: 1750-1799
- Ort: Kadruf
- Vom: 30.07.2014
- Themen: Firmen- und Industriegeschichte, Industrie und Gewerbe
Mit dem Frieden zu Hubertusburg, am 15. Februar 1763, endete der Siebenjährige Krieg. Im gleichen Jahr gründete Johann Justus Engelhardt in der Alten Leipziger Str. 950 bis 951 (später: Bettenhäuser Str. 10) eine Schwarz- und Schönfärberei. Die folgenden Generationen führten den Betrieb mit großem Erfolg weiter und zogen 1897 nach Bettenhausen in die Stiftstraße, heute: Dormannweg 48, auf das Gelände der ehemaligen Worch‘schen Mahlmühle an der Losse. Zum 150 jährigen Jubiläum beschäftigte die Blaudruckerei Friedrich Engelhardt ca. 30 Mitarbeiter. Nach einer Zeit unter der Regie der Rudolph Karstadt AG Hamburg wurde das Unternehmen, die Kasseler Druckerei und Färberei AG (Kadruf AG), in 1933 wieder selbstständig. Die Kadruf AG galt in jener Zeit als die modernste Stoffdruckerei Deutschlands mit über 400 Beschäftigten.
Nach dem Wiederaufbau und der Beseitigung der Kriegsschäden erlebte die Firma bis 1960 noch einmal eine Blütezeit, produzierte täglich mehr als 60 000 Meter bedruckte Stoffe und beschäftigte 600 Mitarbeiter. 1963 feierte die Belegschaft mit großem Selbstbewusstsein das 200jährige Bestehen, doch schon zwei Jahre später, auf dem Höhepunkt der Textilkrise in Deutschland, musste die Kadruf AG Konkurs anmelden. Die gut erhaltenen Betriebsgebäude beherbergen heute (2014), nach erfolgreicher Konversion, eine Vielzahl neuer Firmen.
Johann Justus Engelhardt (geb. 25.6.1727, gest. 29.10.1780), selbständiger Meister der niederhessischen Landesgilde der Schwarz- und Schönfärber, gründete 1763 einen Betrieb für Schwarz- und Schönfärberei. Er heiratete am 24.7.1751 in der Reformierten Gemeinde der Unterneustadt seine Ehefrau Anna Gertrud, geb. Steinmetz (*1732 † 1814).
Es ist daher anzunehmen, dass er 1751 zum Meister ernannt wurde, denn nach den damaligen Gepflogenheiten wurde mit der Ernennung zum Meister auch geheiratet.
12 Jahre später, im August 1763, machte er auf der ersten Kasseler Herbstmesse erste Bekanntschaft mit dem Blaudruck. Diese damals noch junge Technik der Stoffveredelung hatte sich durchgesetzt und Johann Justus Engelhardt legte noch im selben Jahr den Grundstein für die Blaudruckerei Engelhardt. Der Zeitpunkt hierfür war günstig, da die Landesherren den neuen Gewerbezweig förderten, nachdem der Zeugdruck vormals mit strengen Verordnungen belegt wurden.
Johann Justus Engelhardt war zweimal verheiratet und hatte elf Kinder. Über seine zweite Frau ist nichts bekannt.
Sein Betrieb befand sich fast 150 Jahre in der Unterneustadt in der Alten Leipziger Straße 950 bis 951, der späteren Bettenhäuser Straße 10, wo ihm auch ein Anschluss an die landesherrliche Eichwasserleitung gestattet wurde. Als er 1780 starb, führte seine Witwe den Betrieb weiter.
Sein sechster Sohn (von seiner zweiten Frau) Johann Heinrich Engelhardt (geb. 18.11.1763, gest. 26.2.1831), war als Altgeselle im väterlichen Betrieb beschäftigt und führte später den Betrieb selbständig weiter. Er war verheiratet mit Anna Elisabeth, geb. Steinmetz. Am 30.11.1786 wurde er zum Meister ernannt. Er war ein angesehener Handwerker und von 1794 bis 1799 Gildemeister der Kasseler Färbergilde. Er legte sich für seine Kunden ein Musterbuch mit farbigen Papierabzügen der erzeugten Blaudrucke zu.
Die dritte Generation mit Sohn Friedrich I Engelhardt (geb. 10.3.1796, gest. 28.7.1861) übernahm den Betrieb. Friedrich I Engelhardt beendete seine Lehre 1814 und legte am 18.11.1816, zwanzigjährig, seine Meisterprüfung ab, obwohl die Zunftordnung diese erst mit dem 25. Lebensjahr vorsah. Das vorgerückte Alter seines Vaters ließ wohl diese Ausnahmegenehmigung zu.
Am 5.12.1821 wurde Friedrich Engelhardt I in die Bürgerrolle seiner Vaterstadt Kassel eingetragen und am 31.12.1829 erhielt er die Silberne Gedenkmünze der Kasseler Gewerbeausstellung. Gemeinsam mit seinem Schwager Conrad Schminke, der eine Tuchhandlung besaß, gründete er am 27.5.1830 eine Manufaktur für Wollstoffe und Teppiche, die sich in erster Linie auf die Herstellung des blauen Uniformtuches für das hessische Heer spezialisierte. Blaudruckerei und Tuchfärberei benötigten Indigo als Farbstoff.
Schon kurz nach 1840 schied Friedrich I Engelhardt aus der Manufaktur aus und spezialisierte sich ausschließlich auf den Blaudruck mit der Firma Blaudruckerei Friedrich Engelhard. Er verlegte sich vornehmlich auf die Herstellung von Rohnessel und ließ seit 1842 in dem nahe gelegenen Ort Fürstenhagen bis zu 80 Webstühle für sich arbeiten. Zweimal in der Woche wurde das Rohmaterial für den Blaudruck mit Pferdegespannen nach Kassel geholt. Als erster unter den Blaudruckern ließ er seine Kundschaft mit Reisenden besuchen. Bereits 1850 beschickte er die Leipziger Industrie-Ausstellung mit Waren aus Nessel mit Blaudruck. Das Königlich Sächsische Ministerium des Inneren sprach eine besondere Anerkennung für die gute Ware aus.
Von 1843 bis 1861 gehörte Friedrich I Engelhardt dem Stadtrat und der Stadtbaudeputation zu Kassel an. Friedrich I Engelhardt starb am 28.7.1861. Kurz vor dem Tod seines Vaters trat Conrad Engelhardt (geb. 14.2.1827, gest. 1894) in den Familienbetrieb ein. Er hatte das Polytechnikum zu Kassel besucht und seine Lehre am 26.3.1846 beendet. Anschließend bereiste er Deutschland, Ungarn, Österreich und die Schweiz und studierte in Zürich Chemie. Danach arbeitete er im väterlichen Betrieb und wurde 1861 deren Teilhaber und kurz danach alleiniger Besitzer.
Bereits 1868 ging er zum maschinellen Betrieb der Färberei über. Mit dem Aufkommen der mechanischen Webstühle gab er um das Jahr 1870 das Unternehmen in Fürstenhagen auf. Er konzentrierte alle Kräfte auf den Blaudruck und steigerte Produktion und Absatz mit modernsten Arbeitsmethoden ständig. Conrad Engelhardt, der von 1879 bis 1889 dem Stadtrat von Kassel angehörte, starb 1894.
Sein Nachfolger, Sohn Friedrich II Engelhardt (geb. 9.8.1856), hatte bereits 1893 die Leitung des väterlichen Unternehmens übernommen. Doch der Betrieb in der Unterneustadt wurde zu klein. 1897 wurde ein neuer Betrieb in dem damals noch selbständigen Dorf Bettenhausen an der Stiftsstraße, heute Dormannweg 48, aufgebaut. Auf dem Gelände der ehemaligen Worch´schen Mahlmühle konnte er auch die Wasserkraft der Losse nutzen. Die Produktion wurde ausgeweitet und 1913, zum 150jähringen Jubiläum, hatte die Firma ca. 30 Beschäftigte.
1925 wurde die Blaudruckerei Friedrich Engelhardt unter Beibehaltung seines bekannten Firmennamens der Rudolph Karstadt AG Hamburg eingegliedert. Fabrikdirektor wurde Fritz Albrecht, der auch 1938 noch Vorstandsmitglied und Betriebsführer war. Es folgten umfangreiche Erweiterungen des Betriebs.
1933 erfolgte dann die Umwandlung in ein selbständiges Unternehmen, die Kasseler Druckerei und Färberei AG (Kadruf AG), mit einem Stammkapital von 2,4 Millionen. Reichsmark. Das Unternehmen galt in jener Zeit als die modernste Stoffdruckerei Deutschlands mit über 400 Beschäftigten.
Im Zweiten Weltkrieg wurde das Werk zu 50 % zerstört. Sämtliche Musterbücher wurden vernichtet und durch die Teilung Deutschlands gingen traditionelle Absatzgebiete im Osten verloren. Nach dem Wiederaufbau erlebte das Unternehmen noch einmal ein Hoch. Es wurden 16 Millionen DM in Werkshallen und Maschinen investiert, ein moderner Veredelungsbetrieb wurde gebaut. Während vor dem 2. Weltkrieg in erster Linie Stapeldruck gefertigt wurde, produzierte die Kadruf hochmoderne Stoffdrucke aus Baumwolle, Zellwolle, Viskose, Kunstseide, Acetatseide und Synthetics.
Täglich wurden mehr als 60 000 Meter produziert. 1960 waren bereits über 600 Arbeiter und Angestellte beschäftigt. Das Unternehmen hatte sich der Entwicklung der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) angepasst.
Als einer der ersten Betriebe in Deutschland nutzte die Kadruf AG ab 1963 eine EDV-Anlage des Computererfinders Conrad Zuse aus Bad Hersfeld.
Im gleichen Jahr feierte die Kadruf AG ihr 200jähriges Jubiläum, musikalisch umrahmt von der beliebten Kadruf-Kapelle.
Die Textilkrise brachte 1965 das Ende des Traditionsunternehmens in Bettenhausen. Der Produktionsbetrieb wurde aufgegeben und der Maschinenpark verkauft.
Seit 1965 beschäftigt sich die Kadruf AG nur noch mit der Vermietung von Gewerberäumen auf dem eigenen Gelände. Nach vollständiger Sanierung stehen heute Produktions-, Büro- und Lagerräume in einem modernen Gewerbepark mit einer Grundstücksgröße von insgesamt 25 440 qm, davon 13 400 qm überbaut, zur Verfügung.
Veröffentlicht in der Broschüre „Industriestandort Bettenhausen“ Bd. 2, Nr. 13, 2011
Text: Helmut Schagrün, Niestetal, März 2009
Bilder:
- Helmut Schagrün, Niestetal
- „Kasseler Druckerei und Färberei Aktiengesellschaft“ von Bruno Jacob, 1938
- Klaus-Peter Wieddekind, Kassel
Quellennachweis:
- „Kasseler Druckerei und Färberei Aktiengesellschaft“ von Bruno Jacob, 1938
- Chronik „Bettenhausen 1906 – 1956“ von Kurt Klehm
- Kassel-Wikipedia
- Internetseite www.kadruf.de
Editor: Bernd Schaeffer, August 2014
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Kurzbeschreibung
Mit dem Frieden zu Hubertusburg, am 15. Februar 1763, endete der Siebenjährige Krieg. Im gleichen Jahr gründete Johann Justus Engelhardt in der Alten Leipziger Str. 950 bis 951 (später: Bettenhäuser Str. 10) eine Schwarz- und Schönfärberei. Die folgenden Generationen führten den Betrieb mit großem Erfolg weiter und zogen 1897 nach Bettenhausen in die Stiftstraße, heute: Dormannweg 48, auf das Gelände der ehemaligen Worch‘schen Mahlmühle an der Losse. Zum 150 jährigen Jubiläum beschäftigte die Blaudruckerei Friedrich Engelhardt ca. 30 Mitarbeiter. Nach einer Zeit unter der Regie der Rudolph Karstadt AG Hamburg wurde das Unternehmen, die Kasseler Druckerei und Färberei AG (Kadruf AG), in 1933 wieder selbstständig. Die Kadruf AG galt in jener Zeit als die modernste Stoffdruckerei Deutschlands mit über 400 Beschäftigten. Nach dem Wiederaufbau und der Beseitigung der Kriegsschäden erlebte die Firma bis 1960 noch einmal eine Blütezeit, produzierte täglich mehr als 60 000 Meter bedruckte Stoffe und beschäftigte 600 Mitarbeiter. 1963 feierte die Belegschaft mit großem Selbstbewusstsein das 200jährige Bestehen, doch schon zwei Jahre später, auf dem Höhepunkt der Textilkrise in Deutschland, musste die Kadruf AG Konkurs anmelden. Die gut erhaltenen Betriebsgebäude beherbergen heute (2014), nach erfolgreicher Konversion, eine Vielzahl neuer Firmen.
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