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Ein halbes Jahrhundert Bürgerschule Eichwaldstraße
- Autor: Erhard Schaeffer
- Zeit: 1956
- Ort: Bürgerschulen 25 und 26
- Vom: 06.04.2009
- Themen: Jubiläen, Schulen und Kindergärten
Der Beitrag schildert die bewegten Zeiten der Bürgerschule 26 von ihrer Einweihung durch zwei Weltkriege bis zum fünfzigjährigen Jubiläum 1956. Sie war Mädchenschule, diente als Lazarett, war Ausbildungsschule für die Pädagogische Akademie, beherbergte Zwangsarbeiter, wurde durch Bomben zerstört und wieder aufgebaut.
Über dem Eingang des Schulgebäudes in der Eichwaldstraße 68 steht eingemeißelt der Hinweis, dass das neue Zentralschulgebäude von Bettenhausen in den Jahren 1904/5 erbaut wurde. Als Tag der Einweihung wird im Buch „Das Kasseler Volksschulwesen in Vergangenheit und Gegenwart“ von Konrad Strube der 3. Januar 1906 genannt. So wurde 50 Jahre später am Samstag den 23. Juni und am Sonntag den 24.Juni 1956 ein großes Jubiläumsfest gefeiert. (siehe Artikel HN vom 13.6.1956 zum Herunterladen)
Die Feiern begannen mit einem Festakt im Musiksaal der Schule unter musikalischer Begleitung des Spohr-Quartetts und des Schulchors unter Leitung des Lehrers Kuchenbuch. An den beiden Festtagen präsentierte sich die Schule als Haus der offenen Tür der Schulgemeinde und vielen Gästen mit Ausstellungen, Musik- und Tanzaufführungen und einem Abendsingen des Schulchores vom Balkon des illuminierten Schulgebäudes. Am Abschlussabend wurde im Theater des Ostens (T.d.O.) an der Leipziger Straße ein Heimatspiel über Bettenhausens Vergangenheit aufgeführt.
Wie aus der Mädchenschule ein Lazarett wurde
Von der Einweihung 1906 bis zum 50. Jubiläum erlebte die Bürgerschule 26, oder „Mädchenschule“, wie sie ab dem 1. April 1913 nach der Trennung von der benachbarten Knabenbürgerschule 25 genannt wurde, eine bewegte Vergangenheit. Zwei Weltkriege hatten auch für das Schulwesen einschneidende Folgen. Im Ersten Weltkrieg wurden nacheinander alle Lehrer des Kollegiums zum Kriegsdienst eingezogen. Das Schulhaus musste geräumt werden und wurde zum Lazarett umfunktioniert. Die Bürgerschule 26 teilte die Unterrichtsräume mit der Bürgerschule 8 am Sommerweg. Im Jahr 1919 konnte der Unterrichtsbetrieb wieder ohne Störung aufgenommen werden.
Von der Übungsschule der Akademie bis zur Räumung im Zweiten Weltkrieg
Das Jahr 1928 brachte eine entscheidende Änderung. Kassel bekam eine Pädagogische Akademie in der Wohnstraße 1-3, dem späteren Verwaltungsgebäude der Spinnfaser. Die beiden Bürgerschulen 25 und 26 wurden der Akademie als Übungsschulen zugeteilt. Damit schieden sie aus der Schulaufsicht des Schulverbandes der Stadt Kassel aus. Freiwerdende Lehrerstellen wurden in der Zukunft von der Stadtverwaltung im Einvernehmen mit der Leitung der Akademie besetzt. Die Schulleitung übernahm vorläufig der dienstälteste Lehrer, Kurt Lilienthal. 1929 ernannte der Minister Frl. von Witzleben zur Rektorin der Bürgerschule Eichwaldstraße, sie kam aus Varel bei Oldenburg. Schon im Jahre 1931 endete dieses Zwischenspiel und mit der Akademie ging auch die Rektorin Frl. von Witzleben.
Die Schulleitung kam wieder in die bewährten Hände des Herrn Lilienthal und der Konrektorin Frl. Schmidt. Ihnen folgten in der Schulleitung 1932 Professor Willi Hofmeister von der Pädagogischen Akademie Dortmund. Von 1933 bis 1936 lag die Schulleitung bei dem ehemaligen Seminarlehrer Herrn Hahn. Am 1. Mai 1937 erhielt die Schule in Herrn Ludwig Schaake einen neuen Rektor. In seine Amtszeit fällt auch die verderbliche, zum Zweiten Weltkrieg führende Entwicklung durch den Nationalsozialismus. Die Machthaber bedrängten die Schulen und nahm starken politischen Einfluss auf die Unterrichtsinhalte und die Erziehungsarbeit.
Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1939 begann eine sorgenvolle Zeit für die Schule Eichwaldstraße. Der Lehrerwechsel war stark und Unterrichtseinheiten fielen kriegsbedingt aus. Dazu kamen finanzielle Einsparungen. Bei den beiden schweren Bombenangriffen am 3. und 22. Oktober 1943 blieb das Schulhaus verhältnismäßig gut erhalten. Doch wurden die Schulkinder nunmehr durch die "Kinderlandverschickung" evakuiert, die Schulgemeinschaft Eichwaldstraße löste sich auf. Lehrer Schaake und die Lehrerinnen mehrer Klassen gingen nach Mecklar und Friedlos im Kreis Hersfeld. Andere kamen in den Kreis Hünfeld. In die Schule in Bettenhausen zogen anstelle der Kinder französische Zwangsarbeiter ein. Die Fenster der Räume wurden vergittert. In anderen Räumen kam das Postamt von Bettenhausen, nachdem die Amtsräume in der Leipziger Straße durch Bomben beschädigt waren, unter. Zuvor wurden die Schulbänke in den Gängen gestapelt und die übrigen Möbel, Lehrmittel und Schulakten ausgelagert. In der Folge des Bombenkrieges wurde die Nordwestecke aufgerissen, im Dach klafften große Lücken und es fehlten fast sämtliche Fenster und Türen. Nur die Hausmeisterwohnung war noch einigermaßen erhalten.
Der schwierige Wiederaufbau nach dem Krieg
Der 1945 durch die amerikanische Militärregierung gebildete Schulbaurat beauftragte den Lehrer Ludwig Hofmeister mit der Überwachung des Schulhauses in Bettenhausen. Das Schulhaus in der Rinaldstraße hatte den Krieg unbeschadet überstanden. Unter Hofmeisters Leitung wurde dieses von amerikanischen Militär belegte Gebäude geräumt. In schwerer körperlicher Arbeit wurde das Gebäude gemeinsam von Lehrkräften, einigen Schulkindern und den Hausmeisterfamilien wieder instand gesetzt. Dabei wanderten die Dachziegel von der Turnhalle und dem Schulhaus Eichwaldstraße. durch die Hände langer Ketten auf das Dach der Schule Rinaldstraße. Etwa 1600 Knaben und Mädchen mit unterschiedlichen Kenntnissen und Fähigkeiten wurden im November 1945 eingeschult.
Die teizerstörte Turnhalle wurde nach Wiederaufbau am 9.10.1948 anlässlich des 60. Stiftungsfests des Tuspo Bettenhausens mit einem Schauturnen in Anwesenheit des OB Willi Seidel für den Übungsbetrieb wieder freigegeben.
Schon im Frühjahr 1946 konnte der ständigen Raumnot durch Herrichten von einigen Klassenräumen aus der Eichwaldstraße abgeholfen werden. Im Herbst 1946 siedelten zehn Klassen und sieben Lehrkräfte über. Im Juli 1947 wurden schließlich die beiden Schulen verwaltungsmäßig getrennt. In 1949 waren einige Klassen in den Schulraum des sog. Lettenlagers im Forstbachweg ausgelagert. Mit dem Schuljahr 1949/50 konnten alle 16 Schulräume für 1000 Schüler/innen in 27 Klassen der Bürgerschule benutzt werden. Sie wurden durch 23 Lehrkräfte betreut. Anlässlich der neuen Inbetriebnahme fanden am 18. und 20.05.1949 Abendveranstaltungen der Bürgerschule 26 zum Thema "Das Leben Goethes dargestellt in vier Bildern" und eine musikalische Frühlingsfeier im Theater des Ostens statt.
Erst die Verkleinerung des Schulbezirkes mit der Losse als Grenze und die Einrichtung einer Zweigschule mit zwei Klassen in der Gartenstadt Eichwald im Jahr 1955 schafften eine fühlbare Erleichterung. Aus der ehemaligen Bürgerschule 26 war inzwischen die Eichwaldschule geworden.
Mit Beginn des Schuljahres 1954 übernahm Rektor Otto Schramm die Schulleitung und führte sie in ihr fünfzigjähriges Jubiläum. Schon drei Jahre später im April 1959 begann unter Rektor Schramm mit 80 Schülern des Mittelschulzuges ein neues Kapitel der Schule. Die spätere Gesamtschule "Joseph-von-Eichendorff-Schule" nahm so ihren Anfang.
Editor: Erhard Schaeffer 2009, (ehemaliger Schüler der Schule)
Quellen:
- 50 Jahre Bürgerschule Eichwaldstraße, Jubiläumsschrift 1956
- Konrad Srube: Das Kasseler Volksschulwesen in Vergangenheit und Gegenwart
- Kurt Klehm: Eine Chronik zur 50 Jährigen Eingemeindung von Bettenhausen 1906-1956, Eigenverlag, Bettenhausen, 1956
- Chronik Tuspo Bettenhausen
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Kurzbeschreibung
Der Beitrag schildert die bewegten Zeiten der Bürgerschule 26 von ihrer Einweihung durch zwei Weltkriege bis zum fünfzigjährigen Jubiläum 1956. Sie war Mädchenschule, diente als Lazarett, war Ausbildungsschule für die Pädagogische Akademie, beherbergte Zwangsarbeiter, wurde durch Bomben zerstört und wieder aufgebaut.
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