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Einquartierungen in Friedenszeiten in Alt-Bettenhausen.
- Autor: Bernd Schaeffer
- Zeit: 1850-1899
- Ort: Kasseler Osten
- Vom: 12.06.2021
- Themen: Erlebte Geschichte, Gaststätten
Bis in die Mitte des 17.Jahrhunderts wurden die zahlenmäßig kleinen Einheiten der Soldaten zum unmittelbaren Schutz der feudalen Herrscher in der direkten Nähe der Residenz untergebracht. Ausgebaute Bastionen an strategisch wichtigen Punkten hatten eine meist überschaubare Friedensbesatzung. Ausrüstung und Waffen wurden ebenfalls in der Festung untergebracht. Erst in den Zeiten des Absolutismus wurden ständig präsente Regimenter bestehend aus angeworbenen Söldnern und zwangsausgehobenen Untertanen aufgestellt. Die Soldaten wurden durch Requisition in der Nähe ihrer Übungsplätze in dörflichen Soldatenstuben oder sogenannten Bürgerquartieren untergebracht. Bewaffnung und andere Ausrüstungsgegenstände lagerten in großen Zeughäusern und Magazinen. Die Unterbringung in Kasernen war die Ausnahme und geschah in Kassel erstmals ab 1631 mit dem ersten stehenden Heer. Die letzten Einquartierungen von Kurhessischen Soldaten in der Nähe ihres Exerzierplatzes auf dem Forst erfolgten in Bettenhausen und Waldau bis 1866.
In den letzten Jahren des hessischen Kurstaates, also in der Zeit vor 1866, lag eines der beiden hessischen Husarenregimenter stets in sogenannten Bürgerquartieren. Ein zweites Husarenregiment war in Hofgeismar in der späteren Freiherr von Manteuffel Kaserne untergebracht, die zwischen 1838-42 errichtet wurde.
Ab 1864 lag eine Eskadron (die kleinste taktische Einheit der Kavallerie, ca. 150 Pferde und 5 Offiziere) des Kurfürstlich Hessischen 1. (Leib-) Husaren-Regiments (später Nr. 13) in Bettenhausen in Quartier. Ihre Waffenröcke waren hellblau mit weißer Verschnürung, auf dem Kopf trugen sie Pelzmützen mit roten Kolpaks. Die Unterbringung in den Soldatenstuben geschah durch Requisition. Kost und Logis, auch das Futter für die Pferde, wurden von den Regimentern nach Umfang und Höhe festgelegt an die Bürger monatlich bezahlt.
Für viele der betroffenen Bauern waren die Einnahmen aus der Einquartierung eine willkommene Aufstockung ihrer baren Mittel. Die beschlagnahmten Räumlichkeiten mussten bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Die untergebrachten Soldaten hatten einen Anspruch auf Möbel (Spind, Tisch, Stuhl und Bett), Heizung, und Verpflegung. Bei Alarm sollte das Zimmer von außen gut erkennbar und erreichbar sein. Auch Stallungen für die dazugehörigen Pferde mussten zur Verfügung gestellt werden. In einem Bürgerquartier konnten, abhängig von den vorhandenen Platzverhältnissen, auch mehrere Soldaten untergebracht werden.
Auf größeren Höfen, wie z.B. in der ehemaligen Dorfstraße 20 (jetzt Erfurter Straße), steht noch heute im Hof ein halbverfallenes Fachwerkhäuschen. Ältere Zeitzeugen berichteten, dass es im Zweiten Weltkrieg der Unterbringung von russischen Zwangsarbeitern diente und deshalb „Russenhaus“ genannt wurde. Es ist anzunehmen, dass das Gebäude auch schon in der Zeit der Bürgerquartiere bestanden hat und mehreren Soldaten eine Unterkunft bot
1864 war der Rittmeister Friedrich Philipp Theodor Heusinger von Waldegge (*09.11.1820 in Fritzlar, † 28.03.1873 in Kassel) der Vorgesetzte der in Bettenhausen einquartierten Eskadron. Er war der dienstälteste Rittmeister des Regiments und führte 1866 als Major die kurhessischen Husaren in die Schlacht bei Aschaffenburg.
Danach lag die 1. Eskadron des 2. Husarenregiments Landgraf Friedrich II. (später Nr. 14) in Bettenhausen in Quartier. Sie trugen dunkelblaue Waffenröcke mit weißer Verschnürung. Rittmeister war Carl von Blumenstein (1823-1867).
Für den Transport von Waffen und Verpflegung waren in der Armee die Trains zuständig. Sie sorgten mit einem großen Aufgebot an Pferden für die reibungslose Versorgung der Truppe mit Verpflegung, Ausrüstung und Waffen. Auch für den Nachschub bei Manövern auf dem Kasseler Forst waren Trains im Einsatz. Ihre Unterbringung in Soldatenstuben war, schon allein wegen der großen Anzahl an Pferden, nicht leicht zu organisieren. Die damals in Bettenhausen betriebenen Gasthäuser, wie z.B. Lamprechts Hof am Dorfplatz, verfügten in der Regel über große Scheunen und Stallungen um den Anforderungen zu genügen. Im Gasthaus des Wirts Georg Heinrich Till, der bis 1858 die Wirtschaft „Zur Stadt Antwerpen“ an der Chaussee nach Leipzig Nr. 30, direkt neben dem jüdischen Hospital, führte, waren bei Übungen auf dem Forst nachweislich über 70 Pferde untergebracht.
Die Einwohnerzahl des Dorfes Bettenhausen steigerte sich von 1062 Einwohner in 1840 bis auf 1207 Einwohner in 1872. Neben den Gasthäusern gab es höchstens 20 Bauernhöfe und Bürgerhäuser in denen militärische Einquartierungen möglich waren. Daraus ergibt sich, dass die Requisition durch das Militär immer eine große Belastung für das ganze Dorf bedeutete. Um dieser wiederkehrenden Auflage, die auch unter preußischer Herrschaft andauerte, wenn das Kurhessische Train-Bataillon Nr. 11 auf dem Forst Manöver hatte, zu entgehen, versuchte die Gemeinde Bettenhausen 1895 das leerstehende Landkrankenhaus, die Charité, für diese Einquartierungen zu erwerben. Der Kauf kam aber nicht zustande. Der Fabrikant Heinrich Salzmann erwarb die Charité und baute sie unter der Bezeichnung „Salzmannshof“ zu Werkswohnungen aus.
Die einstigen Soldatenstuben haben in den Bauerhöfen im Ortskern von Bettenhausen schon lange eine andere Nutzung gefunden und sind nicht mehr nachzuweisen. Ein seltenes Zeugnis über die Anwesenheit von Husaren in Alt-Bettenhausen befindet sich auf einem Gemälde aus dem Treppenhaus des Schreinermeisters Otto Imgrund, der sein Haus in der Miramstraße 38 hatte. Auf dieser Darstellung aus der Mitte des 19. Jahrhunderts mit den Häusern um den noch unbefestigten Dorfplatz hat der Künstler am linken Bildrand zwei Soldaten in Uniform plaziert.
Erst in der Zeit zwischen 1871 und 1914 wurde, speziell wegen der wachsenden Präsensstärke des Heeres, die zentrale Unterbringung von Soldaten in Kasernen zur Regel.
Das Regiment der 14er Husaren hieß nach 1866 „Garde-du-Corps“ und zog in die Gebäude an der gleichnamigen Straße zwischen Fünffenster- und Wilhelmsstraße. 1890 wurde das Husaren-Regiment geschlossen, 1910 die Garde-du-Corps-Kaserne geräumt und abgerissen.
Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass ab und zu aus der temporären Einquartierung ein lebenslanger Standort wurde. Wenn der schmucke Husar Gefallen an der Tochter des Hauses gefunden hatte und Gehör fand, wurde mit Vorliebe geheiratet und der Militärdienst quittiert.
Text und Editor: Bernd Schaeffer, im Juni 2021
Quellen:
- Jacob, Bruno, Bettenhausen 1126 – 1926, eine Chronik, Hrsg. Bürgerverein Kassel-Bettenhausen, 1927
- https://de.wikipedia.org/wiki/Hessen-kasselsche_Armee, aufgerufen im Juni 2021
- https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCrgerquartier, aufgerufen im Juni 2021
- http://grebenstein-topcitiies.de/regimenter.htm, aufgerufen im Juni 2021
- https://www.wikiwand.com/de/Einquartierung
- http://regiowiki.hna.de/Garde-du-Corps-Stra%C3%9Fe
- Engelen, Beate, Soldatenfrauen in Preußen: Eine Strukturanalyse der Garnisonsgesellschaft im späten 17. und 18. Jahrhundert EAN: 9783825880521
- Simon, Herbert, Die Familie Till, ihre Entwicklung, und ihre Beziehungen zu Melsungen
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Kurzbeschreibung
Bis in die Mitte des 17.Jahrhunderts wurden die zahlenmäßig kleinen Einheiten der Soldaten zum unmittelbaren Schutz der feudalen Herrscher in der direkten Nähe der Residenz untergebracht. Ausgebaute Bastionen an strategisch wichtigen Punkten hatten eine meist überschaubare Friedensbesatzung. Ausrüstung und Waffen wurden ebenfalls in der Festung untergebracht. Erst in den Zeiten des Absolutismus wurden ständig präsente Regimenter bestehend aus angeworbenen Söldnern und zwangsausgehobenen Untertanen aufgestellt. Die Soldaten wurden durch Requisition in der Nähe ihrer Übungsplätze in dörflichen Soldatenstuben oder sogenannten Bürgerquartieren untergebracht. Bewaffnung und andere Ausrüstungsgegenstände lagerten in großen Zeughäusern und Magazinen. Die Unterbringung in Kasernen war die Ausnahme und geschah in Kassel erstmals ab 1631 mit dem ersten stehenden Heer. Die letzten Einquartierungen von Kurhessischen Soldaten in der Nähe ihres Exerzierplatzes auf dem Forst erfolgten in Bettenhausen und Waldau bis 1866.
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