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Elise von Hohenhausen aus Waldau - die Gastgeberin der Berliner Gesellschaft -

E. von Hohenhausen

Elise von Hohenhausen, Bild von Wilhelm Hensel 1822
Foto: @Stadtteilzentrum Agathof e.V.

Am 4. November 1789 erblickte ein kleines Mädchen im Pfarrhaus in der Bergshäuser Straße in Waldau das Licht der Welt: Elise von Ochs. Ihr Großvater Johann Philipp Schödde war Pfarrer in Waldau, der Vater General im Amerikanischen Bürgerkrieg, die Mutter lebte mit dem Kind deshalb bei den Eltern im Pfarrhaus.

Elise, die mit Leopold Freiherr von Hohenhausen „verheiratet“ wurde zog 1809 mit ihrem Mann ins Schloss in Eschwege. Im Anschluss lebte sie in Kassel. Am Kasseler Hof war Elise eine viel bewunderte Schönheit.

Schloss Eschwege
Schloss in Eschwege  Foto: @Stadtteilzentrum Agathof e.V.

Nachdem Napoleons und Jéromes Herrschaft zu Ende ging – Völkerschlacht bei Leipzig 1813 - musste sich Leopold in der Funktion als Unterpräfekt und Staatsrat im Königreich Westfalen um neue Positionen bemühen. So kam seine Familie über Münster und Minden 1820 nach Berlin, wo er sich durch Vermittlung des damaligen Staatskanzlers von Hardenberg – eine Stellung am Hofe des preußischen Königs erhoffte.

Man bezog zunächst eine Wohnung „Unter den Linden 59“ – schon damals eine der besten Adressen in Berlin; heute befindet sich dort das ZDF Hauptstadt-Studio. Aber die beruflichen Erwartungen Leopolds erfüllten sich nicht und zerbrachen endgültig, als von Hardenberg 1822 plötzlich verstarb.

Berlin Unter den Linden 19. Jhd.
Berlin Unter den Linden, 19. Jahrhundert  Foto: @Stadtteilzentrum Agathof e.V.
Gendarmenmarkt 19.Jhd
Berlin Gendarmenmarkt, 19. Jahrhundert  Foto: @Stadtteilzentrum Agathof e.V.

So musste die Familie zur Krausenstraße 10 umziehen, nicht weit vom Gendarmenmarkt entfernt, auch keine schlechte Wohngegend.

Dort verbrachte Leopold viel Zeit in der Weinstube Lutter & Wegner und in der Konditorei Stehely, damals bekannte Treffpunkte für Intellektuelle und Künstler in Berlin.

Solche Lokalitäten, in denen auch die wichtigsten Zeitungen auslagen, gehörten zu den wenigen öffentlichen Orten, wo sich „öffentliche Meinung“ bilden konnte. Sicherlich war das für Leopold interessant, befriedigend war es nicht; denn seine Familie konnte er damit nicht ernähren.

Da war seine Frau, Elise von Hohenhausen, doch erfolgreicher. Schon als sie 1820 nach Berlin kam, war sie eine bekannte Übersetzerin für englische Literatur. Insbesondere waren es die historischen Romane von Walter Scott und die Gedichte von Lord Byron, die sie ins Deutsche übertrug. Außerdem schrieb sie für mehrere Zeitungen (z.B. Cotta`s „Morgenblatt für gebildete Stände“ siehe unten) über das gesellschaftliche Leben in Berlin und trug damit wesentlich zum Lebensunterhalt der Familie bei.

Anlässlich des Staatsbesuchs des russischen Großfürsten und späteren Zaren Nikolaus I. und seiner Gattin Charlotte, der ältesten Tochter von Friedrich Wilhelm III. und Königin Luise, kam es am 21. Januar 1821 im Berliner Stadtschloss zu einer denkwürdigen Aufführung:

Die populäre Orient-Märchensammlung "Lalla Rookh" des irischen Dichters Thomas Moore wurde als prunkvoller Festzug mit Gesang und Tanz unter Mitwirkung des gesamten Hofstaats in orientalischen Kostümen mit „Lebenden Bildern“ nachgespielt. Elise von Hohenhausen war dabei und berichtete darüber.

Ihre größten und nachhaltigsten Erfolge feierte sie freilich nicht als Übersetzerin, auch nicht als Hauptstadtkorrespondentin – sondern als Salonière (Gastgeberin). Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hatten die Fürstenhöfe, die bis dahin für Kunst und Literatur bestimmend gewesen waren, immer mehr an Einfluss verloren. Ihre Funktion übernahmen jetzt bürgerliche Salons, in denen man miteinander diskutieren und die neuesten künstlerischen und literarischen Erscheinungen besprechen konnte.

Dichte der Salons in Berlin, 19. Jhd
Dichte der Salons in Berlin, 19. Jhd  Foto: @Stadtteilzentrum Agathof e.V.

Vor allem im Zentrum Berlins wurden viele solcher Salons eröffnet – in der Regel von schönen, geistreichen Frauen, die nicht nur den äußeren Rahmen stellten, sondern auch inhaltlich im Mittelpunkt des Geschehens standen. Zu der Zeit waren das besonders:

Henriette von Crayen, Henriette Herz, Elisabeth von Staegemann, Rahel Varnhagen von Ense, von der es sogar eine Briefmarke gibt, und Elise von Hohenhausen, die jüngste und schönste von allen; auf dem Einstiegsbild oben, das Wilhelm Hensel 1822 gemalt hat und das im Kupferstichkabinett im Museumsviertel bis heute zu sehen ist.

Wihelm Hensel 1794-1861
Wilhelm Hensel, Maler, Selbstbildnis  Foto: @Stadtteilzentrum Agathof e.V.
Rahel Varnhagen von Ense
Rahel Varnhagen von Ense, Tochter des Juwelenhändlers Levin Marcus; Bild von W. Hensel  Foto: @Stadtteilzentrum Agathof e.V.

Man traf sich bei ihr zu den „Dienstagen“: Mitglieder der Hofgesellschaft und Künstler und Dichter. Die Gästeliste gleicht einem „Who is who“ der damaligen Gesellschaft - mit Persönlichkeiten, die auch heute noch einen großen Namen haben: Adalbert von Chamisso, Bettina von Arnim (sie war auf den alten 5 DM Scheinen zu sehen), Karl August Varnhagen, Wilhelm Hensel - und viele andere, die heute fast vergessen sind.

Berliner Salongesellschaft
Mitglieder der Hofgesellschaft, Künstler und Dichter im Salon  Foto: @Stadtteilzentrum Agathof e.V.

An bedeutendster Stelle ist jedoch Heinrich Heine zu nennen, den Elise von Hohenhausen schon 1818 in Hamburg kennengelernt hatte und mit dem sie bis zu seinem Tode in reger Verbindung blieb.
In den Jahren 1821 bis 1823, als Heine in Berlin Jura studierte, war er regelmäßiger Gast in ihrem Salon.1820 war Elise von Hohenhausens Übertragung des Korsaren von Byron erschienen und wurde in ihrem Salon diskutiert. Es spricht manches dafür, dass hier die Begeisterung Heines für Byron gefördert wurde.

Heinrich Heine 1829
Heinrich Heine im Jahre 1829  Foto: @Stadtteilzentrum Agathof e.V.

Heine las an den „Dienstagen“ auch aus eigenen Werken vor, z.B. aus der Harzreise. Am Urteil der hübschen Elise lag ihm sehr viel, er schätzte sie als Übersetzerin hoch ein und traute ihr einen sicheren Geschmack zu. In einem „Brief aus Berlin“ vom 16. März 1822 äußert er sich zu ihrer Übersetzung von Walter Scotts Ivanhoe: „Frau von Hohenhausen ist jetzt mit der Übersetzung des scottischen Ivanhoe beschäftigt, und von der trefflichen Übersetzerin Byrons können wir auch eine treffliche Übersetzung Scotts erwarten. Ich glaube sogar, dass diese noch vorzüglicher ausfallen wird, da in dem sanften, für reine Ideale empfänglichen Gemüthe der schönen Frau die frömmig heitern, unverzerrten Gestalten … sich weit klarer abspiegeln werden.. In keine schönern und zartern Hände könnte die schöne, zarte Rebecka gerathen, und die gefühlvolle Dichterin braucht hier nur mit dem Herzen zu übersetzen.

Morgenblatt 3.11.1814
Cotta`s „Morgenblatt für gebildete Stände“  Foto: @Stadtteilzentrum Agathof e.V.
Roman Ivanhoe Übersetzung E. von Hohenhausen
"Ivenhoe" von Walter Scott, übersetzte Ausgabe  Foto: @Stadtteilzentrum Agathof e.V.

Der Kontakt zwischen Heine und den Hohenhausens riss nicht ab, nachdem sie Berlin verlassen hatten. Briefe und Bücher wurden ausgetauscht. 1825 war Heine zu Gast bei der Familie in Minden, und noch im Jahre 1852 besuchte Elise von Hohenhausen den kranken Dichter in Paris.

Zum Schluss noch eine Würdigung aus einem Aufsatz, der 1996 in der Berlinischen Monatsschrift erschienen ist: „Elise lebte nur vier Jahre in Berlin, hat aber in der kulturellen Geschichte der Stadt eine unvergessliche Spur hinterlassen, nicht nur, weil sie einen „Byron“-Salon führte, sondern weil sie neben Rahel (Varnhagen) diejenige war, die den jungen Heinrich Heine in seinen Berliner Jahren unterstützte. Mehr noch, sie proklamierte zum ersten Mal den damals noch ganz unbekannten schüchternen „blassen Studenten“ zum „deutschen Erben“ des Lord Byron.

Pfarrhaus Waldau, 1912
Altes Pfarrhaus von Waldau 1910  Foto: Arbeitskreis Waldauer Geschichte(n)

Damit dürfte erwiesen sein, dass dieses kleine Mädchen, das am 4. November 1789 im alten Pfarrhaus in der Bergshäuser Straße geboren wurde, wohl eine der berühmtesten Persönlichkeiten gewesen ist, die Waldau (bisher) hervorgebracht hat.

Text: Pfarrer Hochhuth,  Arbeitskreis Waldauer Geschichte(n)

Editor: Erhard Schaeffer, März 2014

Quellen:

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Kurzbeschreibung

Am 4. November 1789 erblickte ein kleines Mädchen im Pfarrhaus in der Bergshäuser Straße das Licht der Welt: Elise von Ochs. Ihr Großvater Johann Philipp Schödde war Pfarrer in Waldau, der Vater General im amerikanischen Bürgerkrieg, die Mutter lebte mit dem Kind deshalb bei den Eltern im Pfarrhaus. In diesem Beitrag wird über ihr Wirken als Salonière in Berlin berichtet.

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