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Herkules-Brauerei AG Kassel Geschichte des Unternehmens
- Autor: Gerhard Böttcher
- Zeit: 1999
- Ort: Pulvermühle / Herkulesbrauerei
- Vom: 24.01.2021
- Themen: Firmen- und Industriegeschichte, Handel und Dienstleistungen
Die Actiengesellschaft Herculesbrauerei wurde 1897 unter Übernahme der beiden Kasseler Brauereien E. Wentzell (gegr. 1827) und Losch'sche Brauerei Gebrüder Sumpf (gegr. 1861) sowie der Greifswalder Brauerei August Sumpf Söhne gegründet. Produktionsstandorte waren das 1895 von der Losch'schen Brauerei Gebrüder Sumpf errichtete Brauhaus in der Hafenstraße in Kassel sowie - für kurze Zeit - die Betriebsgebäude der früheren Brauerei August Sumpf Söhne in Greifswald. Am 2. März 1999 verkündete auf einer Betriebversammlung K. Peter Erbrich die Schließung des Standortes Hafenstraße.
Bereits 1897 wurden die Brauereien H. Eisengarten und die Schiebeler`sche Brauerei auf dem Kupferhammer beide in Kassel, übernommen. 1912 erfolgte die Fusion mit der seit 1872 bestehenden Hessischen Actien-Bierbrauerei in Kassel-Wehlheiden, der ältesten Aktienbrauerei im Raum Kassel, deren Bier ob ihres Geschmacks und der Gesellschaftsform wegen, im Volksmunde „Dividendenjauche“ genannt wurde.
Die Namensdoppelung der verschiedenen Brauereien, führte dann zu einer einheitlichen Firmenbezeichnung, zur Herkules-Brauerei AG. Kassel, benannt nach dem Wahrzeichen Kassel`s, dem Herkules-Bauwerk. Die Bierproduktion in Wehlheiden wurde gegen Ende des Ersten Weltkriegs eingestellt.
1921 übernahm die Herkules-Brauerei die Brauerei Gebrüder Panse in Hann. Münden, zwei Jahre später auch die Vereinsbrauerei AG in Hofgeismar. Beide Produktionsstandorte wurden stillgelegt. 1940 erfolgte dann eine neue Umfirmierung, mit dem Namen "Herkulesbrauerei AG".
Weil das Brauhaus an der Hafenstraße bei einem Luftangriff 1944 schwer beschädigt worden war, konnte die Bierproduktion erst Mitte 1948 wieder aufgenommen werden. 1950 erwarb die Frankfurter Binding-Brauerei AG die Mehrheit an der Herkulesbrauerei AG. Nachdem ihre eigene Kasseler Braustätte, die Schöfferhof-Brauerei, im Krieg völlig zerstört worden war, kam es 1953 zur Übernahme der Kasseler „Schöfferhof-Brauerei“, der „Binding AG Frankfurt.
Dies markierte den Beginn der engen Zusammenarbeit zwischen den Brauereien Binding und Herkules. 1964/66 braute und vertrieb die Herkulesbrauerei AG Bier unter der Marke "Binding", was von den nordhessischen Konsumenten jedoch nicht angenommen wurde. Der stadtbekannte „Herkules Römer-Pils“ wurde auf „Binding-Pils“ und der bekannte „Herkules-Export“ auf „Binding-Export“ um etikettiert. Dieser Flop gelang nicht und 1968 wurde die Marke "Herkules" deshalb wiederbelebt.
1972 wurde die Herkulesbrauerei AG mit der Binding-Brauerei AG verschmolzen. Aus der eigenständigen Brauerei wurde eine Niederlassung der Frankfurter Großbrauerei. Zwar investierte Binding in den beiden folgenden Jahrzehnten rund 80 Millionen DM in die Kasseler Braustätte, doch Herkules-Bier wurde nur noch in kleinen Mengen produziert. Im Zusammenhang mit einem Streit mit der „Kropf Brauerei“ in Kassel um die Rechte am Namen "Herkules", der zu Gunsten der Binding Brauerei ausging, wurde die Marke 1998 ein letztes Mal wieder aus der Taufe gehoben.
Der Untergang der Kasseler Traditionsbrauerei war nicht mehr aufzuhalten, aus der eigenständigen Brauerei wurde eine Binding-Zweigniederlassung. Noch 1997 Jahre wurde vom Vorstand des Konzerns eine Bestandsgarantie für den Standort Kassel gegeben. Im Dezember 1999 wurde der Betrieb in der Binding-Dependance völlig aufgegeben. Auch die Produktion der letzten Kasseler Biermarke „das Schöfferhofer Weizenbier“, wurde nach Frankfurt am Main verlegt.
Die Herkules-Brauerei hatte auf Grund Ihrer Zonenrandlage vom Staat erhebliche Zuschüsse und steuerliche Erleichterungen erhalten. Nach der Wiedervereinigung 1990 hatten diese Sonderregelung noch 10 Jahre also bis zum Jahre 2000 Gültigkeit. In dieser Zeit ab 1993 wurden ca. 80 Millionen DM investiert, bei nur 180.000 hl Ausstoß 1990 lag der Ausstoß noch bei 364.000 Hektoliter, obwohl schon damals eine Sättigung auf dem Biermarkt abzusehen war. In diesen 10 Jahren mussten die Investitionsbedingungen realisiert sein, sonst gingen erheblich Beträge an den Staat zurück.
Um diese Rückzahlung zu vermeiden wurde eine der modernsten Abfüllanlagen und neues Brauhaus gebaut, mit der technischen Voraussetzung fast alle Biersorten darin zu brauen. Das Brauhaus war nie voll ausgelastet. Schon vorher bestand der Plan der Brauereien, die mehrheitlich dem Oetker-Konzern gehörten, die Standorte Binding-Frankfurt, Kassel, Karlsruhe und Mainz, zu Leitbraustätten zusammenzufassen.
"Schalander" — ein uraltes Wort, niemand vermag sich die Herkunft genau zu erklären. Manche sagen auch „Scharlander". Einst wohnten die Brauerei-Knechte in der Brauerei, eben im Schalander. Heute bezeichnet man damit die Umkleide- und Speiseräume der Belegschaft.
Am 2. März 1999 verkündete auf einer Betriebsversammlung K. Peter Erbrich die Schließung des Standortes Hafenstraße. Begründet wurde das mit einem Markteinbruch, allerdings bestand dieser schon seit über 5 Jahren. „Wir richten uns auf weitere 100 Jahre in Kassel ein“, dieses Versprechen des Bindingvorstandvorsitzenden Klaus Peter Erbrich wurde damit gebrochen. Der Schließung der gesamten Kasseler Produktion ging ein Beschluss des Binding Gesamt-Betriebsrates in Frankfurt voraus. Eine Fotokopie lag im Februar 1999 auf dem Tisch des Schalanders.
Den Standort Kassel weiter aufrecht zu erhalten würden zu Lasten der Binding-Brauerei in Frankfurt führen, um einen Konflikt im Gesamtbetriebsrat zu vermeiden, beschloss man die Herkules Brauerei zu opfern. Abfüllanlage und Brauhaus wurde abmontiert und ins Ausland verkauft. 2008 Abbrucharbeiten des Brauturms und Teilabruch der Abfüllanlage am Gebäude des „Schalander“. Die Vorderfront des „Schalander“ und das alte Brauhaus stehen unter Denkmalschutz und durften nicht abgerissen werden.
Das Bild zeigt das alte Brauhaus, das 1897 erbaut wurde, es steht jetzt unter Denkmalschutz. Mit dem Neubau des modernen Sudhauses Mitte der 90er Jahre wurde das alte Brauhaus komplett zu einer gastronomischen Funktion umgebaut. Der erste Umbau des Sudhauses erfolgte 1935. Mit dem Bau des neuen Gärhauses 1991 wurde der vordere Teil des alten Brauhaus als Gaststätte zu repräsentativen Zwecken umgebaut.
Erst mit der Schließung der Brauerei 1999 erfolgte eine Vermietung und Verpachtung der Gaststätte. Das Umfeld wurde zu einem Biergarten mit einer Fläche von 3.000 qm umgestaltet der größte Biergarten in Kassel.
Der erste Pächter führte dem Brauhaus unter dem Namen "Wolpertinger" und war damals die größte Gaststätte Kassel`s, mit dem höchsten Bierausstoß der Stadt.
Allerdings verzettelte sich der damalige Pächter mit weiteren gastronomischen Betrieben, was letztendlich zur Schließung des "Wolpertinger", führte. Erst mit der Schließung der Brauerei 1999 erfolgte eine Vermietung und Verpachtung der Gaststätte. Das Umfeld wurde zu einem Biergarten mit einer Fläche von 3.000 qm umgestaltet, es war damals der größte Biergarten in Kassel.
Das neue Sudhaus wurde 2005 nach Schließung der Herkules Brauerei abgerissen. Der unter Denkmalschutz stehende alte Bau wurde komplett saniert und unter Erhalt der alten Kupferkessel komplett als Gaststätte restauriert.
Nach dem Umbau führte der erste Pächter 1994, die Gastätte unter dem Namen „Wolpertinger“, es war damals die größte Gaststätte Kassel`s mit dem höchsten Bierausstoß. Allerdings verzettelten sich die Pächter sich mit weiteren Gaststätten, was schließlich zur Vernachlässigung des Brauhauses und zur Schließung führte.
Nach Jahren des Stillstandes wurde das Brauhaus von den neuen Pächtern, Frank Schicker und Armond Soltan, renoviert und teilweise neu gestaltet. Die unter den Denkmalschutz-Kriterien stehenden Teile des Brauhauses, der komplette Innenraum mit den drei Kupferkesseln und der Fassade, mussten erhalten bleiben.
Die Brauerei-Gaststätte im denkmalgeschützten alten Sudhaus der früheren Herkules- und späteren Binding-Brauerei hat drinnen 200 und im riesigen Biergarten mehr als 500 Plätze. Mehrere Wochen wurde das in die Jahre gekommene, seit 1994 bestehende „Wolpertinger“ grundsaniert und ordentlich aufgehübscht. Die Radeberger-Gruppe, zu der Binding gehört, hat sich die Kneipen-Kur einen mittleren sechsstelligen Betrag kosten lassen. Jetzt glänzen nicht allein die historischen Sudkessel, sondern auch die beiden neugestalteten Säle für das Veranstaltungsgeschäft: Das Jagdzimmer für 60 Personen und der Festsaal für bis zu 50 Gäste. Neben dem auf dem Gelände liegenden Biergarten, mit 3000 m² der größte im Stadtgebiet, entstand 2009 auch der OBI Baumarkt.
Autor: Gerhard Böttcher, 2020
Editor: Erhard Schaeffer, Januar 2021
Bilder + Quellennachweis:
- hessisches Wirtschaftsarchiv,
- Historie Bier Werbung Hessen, Vereinigte Kulturanstalten Kaufbeuren
- Stadtmuseum,
- Archiv g/b,Kassel
- Rolf Lang,Niestetal
- Wikipedia
- hessisches Wirtschaftsarchiv,
- Archiv Herkulesbrauerei, Archiv Binding
- hna 26.4.1972, 2.5.1972, 12.7.1972, 3.3.1999
- Regiowiki
- eigene Gesprächsnotizen
- Bilder Sudhaus
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Kurzbeschreibung
Die Actiengesellschaft Herculesbrauerei wurde 1897 unter Übernahme der beiden Kasseler Brauereien E. Wentzell (gegr. 1827) und Losch'sche Brauerei Gebrüder Sumpf (gegr. 1861) sowie der Greifswalder Brauerei August Sumpf Söhne gegründet. Produktionsstandorte waren das 1895 von der Losch'schen Brauerei Gebrüder Sumpf errichtete Brauhaus in der Hafenstraße in Kassel sowie - für kurze Zeit - die Betriebsgebäude der früheren Brauerei August Sumpf Söhne in Greifswald. Am 2. März 1999 verkündete auf einer Betriebversammlung K. Peter Erbrich die Schließung des Standortes Hafenstraße.
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