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Johann Heinrich Brencher - ein Leben in Bettenhausen
- Autor: Bernd Schaeffer
- Zeit: 1938
- Ort: Charité / Salzmanns Hof
- Vom: 17.03.2019
- Themen: Stadtteilkultur, Bedeutende Persönlichkeiten
Die stürmische Entwicklung des Dorfes Bettenhausen zum industriell geprägten Stadtteil von Kassel hatte nicht nur die Ansiedlung von Großbetrieben wie Salzmann & Comp. oder Schüle-Hohenlohe zur Folge, sondern erforderte auch den Neubau von Wohnungen für die zahlreichen, neu angeworbenen Mitarbeiter dieser Firmen. Neben dem Heer der Handwerker und Tagelöhnern kamen auch Führungskräfte als Zuwanderer nach Bettenhausen, die sich persönlich berufen fühlten, am Ausbau und der Gestaltung ihres neuen Wohnumfeldes mitzuwirken. Einer von ihnen war der bei Salzmann angestellte Direktor Johann Heinrich Brencher.
Johann Heinrich Brencher wurde am 19.12.1862 als Sohn des Nagelschmieds Johannes Brencher in Hess. Lichtenau geboren. Nach seiner kaufmännischen Ausbildung fand er 1893 eine Anstellung bei Salzmann & Comp. in Kassel. Mit seiner Frau Elise Pauline geb. Stückrath zog er in eine Dienstwohnung im Salzmannshof (die ehemalige Charité) an der Leipziger Straße 123. Hier wohnte er Tür an Tür mit dem Fabrikant Heinrich Salzmann.
Salzmann machte ihn zum kaufmännischen Direktor. Das Vertrauen des Fabrikbesitzers in Brencher war so groß, dass man sagen kann, er wurde zu seiner rechten Hand. Zu seinen herausragenden Aufgaben gehörte die Geschäftsführung der Industriebahn Bettenhausen (ab 1900) und ab dem 1. Februar 1910 die Geschäftsführung der Cassel-Bettenhäuser-Gemeinnützigen-Wohnungsbaugesellschaft mbH mit Sitz in Salzmannshausen. Nach dem frühen Tod von Heinrich Salzmann am 03.11.1915 blieb H. Brencher die kaufmännische Stütze der Firmenleitung unter der Führung der Witwe Minna Salzmann, geb. Scheffer.
Der Höhepunkt seines Wirkens bei Salzmann & Comp. war zweifelsfrei die Ausgestaltung der Jubiläumsfeiern zum 50jährigen Bestehen der Firma in 1926. In einer edelgestalteten Chronik, hergestellt in der firmeneigenen Druckerei, wird mit großem Aufwand der Aufstieg und Erfolg der Kasseler Textilfabrik mit zahlreichen Zweigwerken verteilt in Europa beschrieben.
Ein Jahr später geht H. Brencher mit 65 Jahren in den verdienten Ruhestand und widmete sich ab diesem Zeitpunkt zunehmend seinem bürgerlichen Engagement in Bettenhausen.
In seinem Privatleben hat er, als Vater von sechs Kindern, bis zum Renteneintritt mehrere schwerwiegende Schicksalsschläge hinnehmen müssen.
Sein erster Sohn, Karl Adolf, starb 1912 mit 20 Jahren an den Folgen eines ärztlichen Fehlers nach einer Beinoperation. Seine älteste Tochter, Kunigunde Wilhelmine, verunglückte als Sportlehrerin am Barren und wurde zum Pflegefall. Sein zweiter Sohn, Albert Ernst, fiel als Kriegsfreiwilliger als Zwanzigjähriger im Ersten Weltkrieg in Nordfrankreich. Sein dritter Sohn, August, lebte bis 1954 als Strafverteidiger in Kassel. Seine zweite Tochter, Erika Martha Catharina, war zweimal verheiratet und verstarb 1949 in Metze. Seine dritte Tochter Hildegard Lisette Friederike Auguste Gertrud wurde 95jährig im April 2004 in Kassel beigesetzt.
Brencher war 1907 Mitbegründer des Bürgervereins Bettenhausen. Der Verein hatte sich laut Satzung zum Ziel gesetzt, den Angelegenheiten und Wünschen des Stadtteils Bettenhausen in der großen Stadt Kassel eine Stimme zu geben. Als erster Vorsitzender des Vereins war er der Macher bei der Ausrichtung der unvergessenen „800 Jahrfeier“ des Dorfes Bettenhausen in 1927.
Der nächste Höhepunkt im Vereinsleben waren die Feiern zum 25jährigen Bestehen des "Bürgerverein Bettenhausen" mit Aufführung des Bühnenstücks „Die Werkstatt im Grünen“ in 1932. Die Erinnerung an diese gemeinschaftsfördernden Veranstaltungen hat in vielen Familien den Zweiten Weltkrieg überlebt.
Um den Gefallenen des Ersten Weltkrieges, unter denen auch sein Sohn Albert Ernst war, in angemessener Form zu gedenken, startete H. Brencher mit Gleichgesinnten in 1920 eine Spendenaktion zur Errichtung eines Denkmals auf dem Bettenhäuser Friedhof. Der in der Mitte des Hauptweges stehende Obelisk war zwischenzeitlich stark verwittert und wurde erst 2018 restauriert.
Heinrich Brencher starb 75jährig am 18. Mai 1938 und wurde auf dem Bettenhäuser Friedhof beigesetzt. Knapp ein Jahr später, am 4. April 1939, entschlief auch seine Frau Elise Pauline und fand an gleicher Stelle ihre letzte Ruhe.
Die Ruhestätte ziert ein erhaltenswertes Grabmal, das inzwischen, auf Antrag des Ortsbeirats Bettenhausen, in die Liste der Ehrengräber der Stadt Kassel aufgenommen wurde.
Männer wie Heinrich Brencher, den das Zeitgeschehen nach Bettenhausen versetzte, haben viele Stunden ihres Lebens mit gemeinnützigen Aufgaben gefüllt. Sein wertvolles Wirken für den Stadtteil, sollte 80 Jahre nach seinem Tod mit diesem Rückblick gewürdigt werden.
Autor und Editor: Bernd Schaeffer, März 2019
Quellen:
- Der Autor dankt dem Nachfahre von Johann Heinrich Brencher, Herrn Horst Falko Billek aus Oberschneiding, für seine tatkräftige Unterstützung durch die Überlassung von Ahnenfotos und Lebensdaten.
- Festschrift zum 50-jährigen Bestehen der Firma Salzmann & Comp.,Firmendruck, 1926
- Festschrift zum 75-jährigen Bestehen der Firma Salzmann & Comp., Firmendruck, 1951
- Geschichte des Dorfes Bettenhausen, Bruno Jacob, 1927
- Satzung des Bürgervereins Bettenhausen, 1907
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Kurzbeschreibung
Die stürmische Entwicklung des Dorfes Bettenhausen zum industriell geprägten Stadtteil von Kassel hatte nicht nur die Ansiedlung von Großbetrieben wie Salzmann & Comp. oder Schüle-Hohenlohe zur Folge, sondern erforderte auch den Neubau von Wohnungen für die zahlreichen, neu angeworbenen Mitarbeiter dieser Firmen. Neben dem Heer der Handwerker und Tagelöhnern kamen auch Führungskräfte als Zuwanderer nach Bettenhausen, die sich persönlich berufen fühlten, am Ausbau und der Gestaltung ihres neuen Wohnumfeldes mitzuwirken. Einer von ihnen war der bei Salzmann angestellte Direktor Johann Heinrich Brencher.
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