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Kundendienst für alle Zweiräder durch die Otto Lucas OHG

Werbung der Otto Lucas OHG 1961 in der Zeitung

Werbung der Otto Lucas OHG 1961 in der Zeitung
Foto: HNA 1961

In der Leipziger Straße 213, direkt neben der traditionellen Gaststätte „Zur Römerhalle“, eröffnete 1928 Otto Lucas sein Zweiradgeschäft. Er und sein Sohn Gerd Lucas betrieben für die Zweiradfahrer in Bettenhausen ein gern besuchtes Ladengeschäft für den Verkauf und den Service von Fahrrädern und später auch für Mopeds und Motorräder. Nach über sechzig Jahren gab Gerd Lucas 1990 krankheitsbedingt sein Geschäft an den Erzieher und Maschinenbauer Helmut Mauer weiter. „Mauer‘s Bike Shop“ existiert noch heute unter neuer Leitung auf der gegenüberliegenden Seite der Leipziger Straße.

In der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen zählte für „Otto Normalverbraucher“der Kauf eines Fahrrades schon zu den größeren Anschaffungen. Das Geld war knapp und die Arbeitslosigkeit war hoch. Trotzdem gründete Otto Lucas mit viel Zuversicht sein Zweiradgeschäft in der Leipziger Straße 213 im Erdgeschoss der neu erbauten Siedlungshäuser der GWG. Hinter dem bescheidenen Geschäftsräumen von höchstens 20 Quadratmetern befand sich eine ebenso begrenzte Werkstatt mit Zugang zum Innenhof. Schon sehr früh verkaufte und reparierte er speziell Motorräder der 1922 gegründeten Marke DKW aus dem sächsischen Zschopau. Es ist davon auszugehen, dass er als geschickter Mechaniker nicht nur Zweiräder reparierte, um seinen Lebensunterhalt zu sichern. Das Geschäft blieb von den Zerstörungen des 2. Weltkrieges verschont und so konnten nach dem Tod von Otto Lucas seine Frau Elisabeth und sein Sohn Gerd im Jahr 1952 das 25jährige Firmenjubiläum feiern

25jähriges Firmenjubiläum der Otto Lucas OHG
25jähriges Firmenjubiläum der Otto Lucas OHG  Foto: HNA 1952

In den 1960er Jahren nahm die Nachfrage nach Motorrädern und Mopeds richtig Fahrt auf und das Geschäft lief gut. Als Auszubildender konnte ich mit zwar nur ein gebrauchtes Moped leisten, doch dafür war der Bedarf an Ersatzteilen umso größer. Es bedurfte keiner Frage, der Gang zum Zweiradgeschäft Lucas war erste Wahl bei der Beschaffung von Einzelteilen. Als mein Freund Dieter im Rahmen seiner Ausbildung in den Landkreis versetzt wurde, kaufte er sich für die damals beachtenswerte Summe von 650 DM eine neue DKW-Hummel-Super, natürlich beim Lucas. Dieses Moped hatte sogar eine Sitzbank für eine zweite Person und damit konnte er mit seiner Abgebeteten am Wochenende schon einmal eine Spritztour unternehmen

Moped DKW Hummel-Super, 1961
Moped DKW Hummel-Super, 1961  Foto: Alf van Beem, fotografiert im Auto-Union Museum in Bergen; https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:DKW_Hummel?uselang=de#/media/File:DKW_Hummel_Super_pic3.JPG

Der Verkauf von Neuware war das Lieblingsgeschäft von Gerd Lucas. Für Kunden, die nur auf der Suche nach einem neuen Ventil oder einer Speiche seinen Laden betraten, war er ein etwas brummiger Geschäftsmann. In die hinter den Geschäftsräumen liegende Werkstatt hatte man jederzeit Einblick. Dort werkelte ein ölverschmierter Angestellter an allem was zwei Räder hatte.

Hinter dem schweren Eisengitter am linken Bildrand befand sich der Laden der Otto Lucas OHG
Hinter dem schweren Eisengitter am linken Bildrand befand sich der Laden der Otto Lucas OHG  Foto: Archiv Stadtteilzentrum Agathof e.V.

Die meisten Kunden müssen zufrieden gewesen sein, denn 1978 konnte die Otto Lucas Zweirad OHG ihr 50jähriges Geschäftsjubiläum feiern. Expandiert hat die Firma nie, das ließen die stark begrenzten Geschäftsräume auch nicht zu und ein Standortwechsel kam nicht in Frage. Doch der Markt und die Nachfrage entwickelten sich weiter. Wer Geld verdienen wollte, musste Autos verkaufen oder in das aufkeimende „Bike-Geschäft“ einsteigen. Die Firma Otto Lucas blieb bis 1990 der gefragte Service-Händler von nebenan, für alle, die ihr Zweirad „in Schuss“ halten wollten.

Werbung der Otto Lucas OHG, 1956
Werbung der Otto Lucas OHG, 1956  Foto: Bettenhausen Chronik, Kurt Klehm

Krankheitsbedingte musste Gerd Lucas in 1990 seinen Laden an Helmut Mauer abgeben. Mit neuem Konzept und vergrößertem Verkaufsraum gründete dieser am 1. Juli 1990 Mauer‘s Bike Shop auf der gegenüberliegenden Seite der Leipziger Straße. Gerd Lucas starb noch im selben Jahr.

Es gibt zwar heutzutage (2024) mehrere Fahrradhändler mit großflächigen Verkaufsräumen östlich der Fulda in Kassel, doch der persönliche Kontakt zum Geschäftsinhaber und die Einsicht in die Geheimnisse der Werkstatt werden dort nicht mehr geboten.

Text und Editor: B. Schaeffer, Juni 2024

Quellen:

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Kurzbeschreibung

DKW (anfangs D.K.W. von Dampf Kraft Wagen) ist eine ehemalige deutsche Automobil-, Motorrad- und Kühlmaschinenmarke.

Ab 1922 wurden in Zschopau Motorräder hergestellt und als engster Mitarbeiter des Unternehmensgründers übernahm Carl Hahn die Verkaufsleitung. Am Anfang der Entwicklung stand das DKW Reichsfahrtmodell mit gebläsegekühltem 142-cm³-Motor und einer Leistung von 1,5 PS. Das erfolgreichste Modell der ersten Jahre war die DKW E 206 mit 206-cm³-Einzylindermotor, die für 750 Reichsmark angeboten wurde und damit preiswerter als vergleichbare Typen war. Da ab 1928 alle Motorräder bis 200 cm³ steuerfrei und ohne Führerschein gefahren werden durften, entstand aus der E 206 die E 200. Im gleichen Jahr war die Zschopauer.Motorenwerke J. S. Rasmussen AG mit 65.000 Motorrädern der Marke DKW der größte Motorradhersteller der Welt.

Quelle: de.wikipedia.org/wiki/DKW

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