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"Mister Hit" hatte keinen Erfolg in Kassel.
- Autor: Bernd Schaeffer
- Zeit: 1969
- Ort: Flugplatz Kassel-Waldau / Industriegebiet Waldau
- Vom: 12.02.2023
- Themen: Arbeiterbewegung, Industrie und Gewerbe
Der zunehmende Verlust an Industriearbeitsplätzen Ende der 1960er Jahre veranlasste die Stadt Kassel auf der Fläche des ehemaligen Flugplatzes in Waldau ein Gewerbegebiet auszuweisen, um dort neue Firmen anzusiedeln. Förderungsgelder in beträchtlicher Höhe vom Land Hessen und der Stadt Kassel veranlassten den AEG-Telefunken-Konzern als einen der Ersten, sich um den Erwerb eines Firmengrundstücks zu bemühen. Ein Plattenspieler mit dem griffigen Namen „Mister Hit“ sollte in einem neu erbauten Fabrikgebäude in großer Stückzahl produziert werden und tausende Arbeitsplätze schaffen. Nach einem erfolgversprechenden Start in 1970 wurde schon ein Jahr später die Produktion nach Berlin verlagert und das Phonowerk in Kassel geschlossen.
Auf der Suche nach Flächen zur Ansiedlung von Investoren wurden die Verantwortlichen der Stadt Kassel unter Führung des damaligen Oberbürgermeisters Karl Branner (OB von 1963 bis 1975) in Waldau fündig. Der dort zur Bedeutungslosigkeit herabgesunkene Flugplatz sollte nach Calden verlegt und das freiwerdende Gelände zum Gewerbegebiet ausgebaut werden.
Der Großkonzern AEG-Telefunken, der in Kassel schon an verschiedenen Stellen Fertigungsanlagen unterhielt, bewarb sich in 1969 als einer der Ersten um eine Fläche zum Aufbau eines Phonowerkes. Ein günstiger Grundstückspreis und staatliche Förderungen in beträchtlicher Höhe veranlassten die Konzernchefs zu vollmundigen Versprechungen. In den nächsten fünf Jahren sollten in das Werk Kassel-Waldau 25 Millionen D-Mark investiert werden und in der Endphase 2000 neue Arbeitsplätze entstehen. Produziert werden sollte in erster Linie ein Plattenspieler mit Verstärker und Lautsprecher mit dem griffigen Namen „Mister Hit“. Das als Massenprodukt konzipierte Gerät sollte gegen die auf den Markt drängende Konkurrenz aus Fernost antreten und die Herstellung von Unterhaltungselektronik in Deutschland sichern.
Bereits im März 1970 suchte der Konzern in großformatigen Anzeigen nach neuen, qualifizierten Mitarbeitern für das neue Werk. In einer bestehenden Fabrikationsstätte an der Leipziger Straße 407 (der ehemalige Kupferhammer) wurden die eingestellten Fachkräfte auf ihre neue Tätigkeit vorbereitet und eingearbeitet.
Im Juni 1970 begann die Fertigung im Werk Waldau und bis zum Ende des Jahres produzierten dort 677 Männer und vor allen Dingen angelernte Frauen den Plattenspieler „Mister Hit“ und andere Phonogeräte. Zur selben Zeit wurde im Werk Berlin schon Kurzarbeit angeordnet. Fünf Monate später am 3. Mai 1971 kündigte die Konzernleitung von AEG-Telefunken die Schließung des Werkes in Kassel zum 30.09.1971 an.
Trotz des heftigen Protests der von der Arbeitslosigkeit bedrohten Mitarbeiter und der staatlichen Stellen wegen der verlorenen Fördermittel wurde nach nur 15 Monaten die Herstellung des Plattenspielers in Kassel eingestellt. Die Produktion wurde nach Berlin verlagert. Die protestierende Belegschaft erhielt eine Abfindung oder wurde in andere Kasseler Werke übernommen, z.B. in die Kühlgeräte-Produktion an der Lilienthalstraße. „Mister Hit“ wurde ein Opfer der Globalisierung.
Der Streit um die verlorenen Fördergelder endete für die Stadt Kassel und das Land Hessen erfolglos. In den leerstehenden Hallen in Waldau zog später die AEG Isolier- und Kunststoff GmbH (AIK) ein.
Text und Editor: B. Schaeffer, Februar 2023
Quellen:
- Lacher, Michael, Arbeit und Industrie in Kassel, S. 357, Schüren Verlag Marburg, 2018
- HNA-Archiv, Ausgaben vom 29.05.1969, 29. und 30.05.1970, 27.04.1971 und 03.05.1971
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Kurzbeschreibung
Der zunehmende Verlust an Industriearbeitsplätzen Ende der 1960er Jahre veranlasste die Stadt Kassel auf der Fläche des ehemaligen Flugplatzes in Waldau ein Gewerbegebiet auszuweisen, um dort neue Firmen anzusiedeln. Förderungsgelder in beträchtlicher Höhe vom Land Hessen und der Stadt Kassel veranlassten den AEG-Telefunken-Konzern als einen der Ersten, sich um den Erwerb eines Firmengrundstücks zu bemühen. Ein Plattenspieler mit dem griffigen Namen „Mister Hit“ sollte in einem neu erbauten Fabrikgebäude in großer Stückzahl produziert werden und tausende Arbeitsplätze schaffen. Nach einem erfolgversprechenden Start in 1970 wurde schon ein Jahr später die Produktion nach Berlin verlagert und das Phonowerk in Kassel geschlossen.
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