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Vom Fasshandel zum Transportgeräte-Spezialisten

Altes Logo Expresso

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Foto: Fa. August Manss, Kassel

Wer in einem Bahnhof oder Flughafen schon mal mit einem Kofferkuli fürs Gepäck unterwegs war, hat sich sehr wahrscheinlich mit einem Produkt der Firma EXPRESSO den Transport erleichtert. Das Unternehmen, das wegen seines dem italienischen Espresso ähnelnden Namens gelegentlich mit einem Kaffeelieferanten verwechselt wird, stellt heute weitaus mehr her als Sackkarren und Gepäckwagen. Die Gründung dieses weltweit tätigen Unternehmens fand 1945 an seinem ersten Standort in Kassel Bettenhausen statt.

Reklame Gebrüder Manns Fassfabrik Kassel bettenhausen
Anzeige Fassfabrik   Foto: Deutsche Reklame Chassalla, 1926

Sein erstes Kommissionsgeschäft hatte August Manss sen. (geb. 1888) in der Leipziger Straße 32 ¾ (später Nr. 139) schon 1902 gegründet. Noch vor dem ersten Weltkrieg zog er in die Ochshäuser Straße 23 auf das ehemalige Grundstück der Käsefabrik von Friedrich Riepenhausen um. Dort gründete er mit seinem Bruder Rudolf Manss eine Faßgroßhandlung unter dem Namen Gebrüder Manss. Für die Lage des Areals sprach die Anbindung an die Gleise der Cassel-Waldkappeler-Eisenbahn. Bei dieser Firma fand auch der bekannte Bettenhäuser Küfer Richard Vicum (sen.) sein erste Anstellung in Kassel bis er 1921 sich selbständig machte und seine eigene Küferei in der Hegelsbergstraße eröffnete.

Ehemaliger Firmensitz, Hofeinfahrt Ochshäuser Straße 23
Ehemaliger Firmensitz der Firma August Manss, Ochshäuser Straße 23, 2015  Foto: Erhard Schaeffer, Kassel

1939 gründet der Sohn August Manss jun. (geb. 1916) in Wien die Einzelfirma „August Manss“, einen Fasshandel. Nach dem zweiten Weltkrieg zieht er mit seiner Firma 1945 nach Kassel in die Ochshäuser Str. 23 um. Wo der Vater August Manss sen. bereits seinen Unternehmenssitz hat.

Der ursprüngliche Fasshandel führt in der Ochshäuser Straße zur Entwicklung der ersten Handtransportkarre aus Stahl, um das Handling von schweren Fässern zu erleichtern. Das erste eigene Produkt ist „geboren“ und wird zukünftig unter dem Namen EXPRESSO vertrieben. Das Produkt ist gefragt und findet auf dem Markt der Brauerreien guten Absatz.

Sackkarre im Einsatz an der Verladerampe
Sackkarre im Einsatz  Foto: Fa. August Manss, Kassel

Immer mehr Spezialtransportgeräte werden von nun an für praktisch alle Güter und Branchen entwickelt und eine flächendeckende Außendienstorganisation aufgebaut. Die erste Patentanmeldung erfolgt 1953. Es folgen im Laufe der Jahre über 200 weitere Schutzrechte, die den Erfolg des Unternehmens entscheidend mit prägen.
Im Jahr 1954 stirbt August Manss sen. Der Junior führt die Geschäfte weiter und konzentriert sich auf das Transportgeräte-Geschäft. Fässer und Tanks werden nur noch abverkauft. Frau Annemarie Eysel tritt 1957 als Prokuristin in die Firma August Manss ein. Sie wird später Geschäftsführerin der Expresso Deutschland GmbH und vier Jahrzehnte ihres Lebens in den Dienst der Firma stellen.

Alu Sackkarre, Expresso
Foto: Expresso Deutschland

1964 besteht das Unternehmen von August Manss jun. bereits 25 Jahre. Die Firma stellt patentierte Kleintransportgeräte her, die als „Expresso-Transportgeräte" bekannt geworden sind. Sie stehen z. B. als Selbstbedienungskarren am Kasseler Hauptbahnhof, in Bahnhöfen vieler anderer Städte und am Flughafen in Wien. Eigene Firmen bestehen in Österreich, Frankreich und der Schweiz.1967 wird die erste Stapelkarre im Aluminium Baukastensystem entwickelt. Diese Innovation legt maßgeblich den Grundstein für die heutige Marktführerposition von EXPRESSO im Bereich Aluminium-Transportgeräte.

1968 Beginnt die Produktion von Gepäckwagen. Von nun an helfen EXPRESSO Produkte Bahn- und Fluggästen weltweit beim Reisen. Rund 40 000 Stück werden jährlich im Direktverkauf vertrieben. Kennzeichen der Transportgeräte sind die blauen Applikationen wie Handgriffe und Blenden. Sie werden in Handarbeit an die montierten Metallrahmen angebracht.

(Anmerkung des Verfassers: Während meiner Semesterferien 1970 habe ich als Werkstudent bei Manss am Standort Ochshäuser Str. gearbeitet und genau diese Tätigkeiten ausgeführt.)

1978 wird aus der Einzelfirma eine GmbH in Familienbesitz. Zur Olympiade 1979 in Moskau liefert die Firma Manss aus Kassel die Kofferkulis für den Flughafen der Olympia-Stadt.

EXPRESSO bringt 1989 den ersten Aluminium-Kofferkuli der Welt auf den Markt. Inzwischen werden weltweit mehrere hunderttausend Gepäckwagen auf Flughäfen und Bahnhöfen eingesetzt.

EXPRESSO-Deutschland Transportgeräte GmbH, hervorgegangen aus der Einzelfirma August Manss, wird 1990 eingebunden in die Unternehmensgruppe Loh. Joachim Loh wird Inhaber. Die Firma bekommt ein neues Logo.

August Manss zieht sich nach über 50 Jahren aus dem Geschäft zurück und ein Geschäftsführer wird eingesetzt.

Die EXPRESSO-Deutschland Transportgeräte GmbH zieht 1994 nach Kassel-Waldau um. Im dortigen Industriegebiet hat das Unternehmen auf 37 000 m² Grundstücksfläche in Verwaltungsgebäude mit rund 1600 m² und großzügige Montage- und Lagerhallen mit etwa 4000 m² erstellt. Die bisherigen Gebäude in der Ochshäuser Straße waren für die wachsende Firma seit Jahren zu eng geworden. Produktschwerpunkte von EXPRESSO sind hochwertige Stapelkarren und Vierradwagen aus Aluminium, Stahl und Edelstahl für den Einsatz im Transportwesen, Handel, Handwerk und Industrie. Kofferkulis aus Aluminium und Stahl werden auf vielen Flughäfen und Bahnhöfen genutzt. International arbeitet das Kasseler Unternehmen mit Partnern in 17 Staaten zusammen.

Airside_Gepäckwagen
Airside_Gepäckwagen  Foto: Expresso Deutschland

1997 wird der Fahrtreppen-Gepäckwagen „Luggy“ mit dem if-Design-Award, einem der wichtigsten Designpreise der Welt, ausgezeichnet. Die batteriebetriebene Hebehilfe „Lift&Drive“ und das patentierte, sensor-gegesteuerte Antriebskonzept „MagiC“ werden in die Produktpalette aufgenommen. Weitere innovative Gepäckwagensysteme werden entwickelt. So der Gepäckwagen „LightLiner“, der erste EXPRESSO Gepäckwagen, der perfekt mit Fahrzeugen gezogen und nicht nur geschoben werden kann, kommt 2005 erstmalig an Flughäfen zum Einsatz.

Mit Niederlassungen in Frankreich, Österreich und Singapur ist das Unternehmen weltweit vertreten. Als 2010 die Fußball WM in Südafrika ausgetragen werden, ist die Firma mit ihrem Produkt ebenfalls vertreten. Das Unternehmen aus Kassel beliefert den Flughafen in Johannesburg mit 1500 Gepäckwagen.Auch im neuen Kasseler Flughafen in Calden sind Kofferkulis von EXPRESSO im Einsatz.

Luftbild Expresso_Antonius-Raab-Str.2020
Expresso_Antonius-Raab-Str.,2020  Foto: Expresso Deutschland

Die Firma Expresso hat ihren Sitz in der Antonius-Raab-Str. 19 weiter ausgebaut. Ihr Kundenzentrum in Kassel im Industriepark Waldau liegt damit zentral, mitten in Deutschland mit optimalen Autobahn- und Bahnanbindungen. An dem alten Standort in der Ochshäuser Straße befindet sich 2020 das Unternehmen R + P MECHANISCHE FERTIGUNG GBR. Es ist auf die mechanische Ver- und Bearbeitung von Blechen spezialisiert.

Text und Editor: Erhard Schaeffer, April 2020

Quellen:

  • www.expresso-group.com aufgerufen April 2020
  • Verschiedene Ausgaben der HNA 1954 – 2013
  • Geschichtskreis Bettenhausen früher und heute

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Kurzbeschreibung

Wer in einem Bahnhof oder Flughafen schon mal mit einem Kofferkuli fürs Gepäck unterwegs war, hat sich sehr wahrscheinlich mit einem Produkt der Firma EXPRESSO den Transport erleichtert. Das Unternehmen, das wegen seines dem italienischen Espresso ähnelnden Namens gelegentlich mit einem Kaffeelieferanten verwechselt wird, stellt heute weitaus mehr her als Sackkarren und Gepäckwagen. Die Gründung dieses weltweit tätigen Unternehmens fand 1945 an seinem ersten Standort in Kassel Bettenhausen statt.

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