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Die Geschichte eines „glücklichen Juden“
- Autor: Bernd Schaeffer
- Zeit: 1937
- Ort: Wollwäscherei Mosbacher
- Vom: 21.11.2010
- Themen: Stadtteilkultur, Industrie und Gewerbe
Die nordhessische Autorin Eva M. Schulz-Jander beschreibt in ihrem Buch "Von Kassel nach Haifa", wie der Kasseler Jude Hans Mosbacher die Gefahren der Verfolgung umschiffte.
Es erscheint wie ein Tabubruch: Die Kasseler Autorin will „den glücklichen Juden als Legende in die Welt setzen“. Ihr vor kurzem erschienenes Buch „Von Kassel nach Haifa“ über den Kasseler Juden Hans Mosbacher soll das Jüdische aus dem Ghetto des permanenten Unglücks herausholen. „Die Geschichte des glücklichen Juden“, so der Untertitel, erzählt von der unbeschwerten Kindheit und Jugend Mosbachers, der 1882 in Kassel geboren wurde. Der Vater betrieb eine Wollwäscherei in Bettenhausen in der Sandershäuser Str. 48 (zuvor 106 1/4), die der Sohn 1923 übernahm.
Außer der Wollwäscherei Mosbacher gab es in Bettenhausen entlang der Losse noch zwei weitere Wollwäschereien.
Mehr dazu lesen Sie unter dem Beitrag "Wolle waschen mit Lossewasser."
Mosbacher gehörte einer wohlhabenden jüdischen Familie an, für die nicht die Religion, sondern die Kultur im Vordergrund stand. „Darüber“, so Literaturwissenschaftlerin Schulz-Jander, „ist in Deutschland wenig bekannt, vieles ist im Loch der Shoah (Holocaust) untergegangen“.
Als die Nazis an die Macht kamen, verlief Mosbachers Leben zunächst noch normal. 1935 feierte seine Wollwäscherei ihr 50-jähriges Firmenjubiläum. Doch 1937 verhaftet ihn die Gestapo, die jüdische Loge, in der er Mitglied war, wurde aufgelöst. Schon nach einem Tag kam er wieder frei und emigrierte im selben Jahr mit Frau und Sohn nach Palästina.
Seine Firma konnte er zu einem akzeptablen, freilich unter dem wahren Wert liegenden Preis verkaufen. Haifa wurde die neue Heimat, auch für weitere Kasseler Familien. Die Flüchtlinge pflegten die Sprache und Kultur des Landes, aus dem sie vertrieben worden waren. Hans Mosbacher beantragte nach dem Krieg die deutsche Staatsbürgerschaft, die ihm 1953 wieder zuerkannt wurde. Doch er kehrte nicht zurück und starb 90-jährig in Haifa.
Schulz-Jander wurde auf Umwegen zu seiner „Biografin“. Die Kasseler Universität vergibt seit 1987 an jüdische Gelehrte, die von den Nazis vertrieben wurden, die Franz-Rosenzweig-Gastprofessur. 1994 war der Psychoanalytiker Benyamin Maoz, der in Kassel geborene Sohn Hans Mosbachers, zu Gast. Er übernachtete im Haus der Autorin und erzählte oft von seinem Vater. Später interviewte sie ihn in Israel. Diese Gespräche sowie Mosbachers Nachlass lieferten den Stoff für das aktuelle Buch. Es „erzählt keine Opfergeschichte, sondern die eines Lebenskünstlers“, schreibt der ehemalige Kasseler Philosophie-Professor und Mitinitiator der Rosenzweig-Gastprofessur, Wolfdietrich Schmied-Kowarzik, im Vorwort. Schulz-Jander nennt Mosbacher einen „Hans im Glück“.
Ihr Buch provoziert erwartungsgemäß Kritik: „Einige Leser haben Mühe damit, dass nichts Dramatisches passiert“, der Vorwurf der Verdrängung wurde gar laut. Das Buch verschweigt freilich nicht das Leid, dass Juden angetan wurde, doch es beschreibt auch, was im öffentlichen Erinnerungsdiskurs unterzugehen droht: Es gab Zeiten, in denen Juden in Deutschland glücklich lebten. Mosbachers Sohn Benyamin macht im Nachwort klar, dass ehemalige Kasseler Juden wie er durchaus „Spaß am Leben haben“.
Text: Ralf Pasch
Am 4. Februar 2010 verlieh Oberbürgermeister Bertram Hilgen an Herrn Prof. B. Maoz, Sohn des Hans Mosbacher, die Goldene Ehrennadel der Stadt Kassel. Die Festrede kann unterhalb des Beitrags als pdf-Datei abgeladen und gelesen werden.
Editorin: Larysa Chernina
Quelle: Eva M. Schulz-Jander, „Von Kassel nach Haifa – Die Geschichte des glücklichen Juden Hans Mosbacher“, euregioverlag Kassel, ISBN 978-3-933617-33-0
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Kurzbeschreibung
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