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Inferno - 18000kg Propangas explodieren bei der Nitag in Bettenhausen.
- Autor: Erhard Schaeffer
- Zeit: 1952
- Ort: Am Sälzerhof
- Vom: 24.02.2015
- Themen: Katastrophen, Künstler, Chronisten und Biografen
Die Mineralölfirma Nitag betrieb in den 1950er Jahren ein Lager für Treibgas (Propan) und Kraftstoffe. Bei einer Gasexplosion an der Abfüllanlage kämpften Feuerwehrmänner im Winter 1952 unter Lebensgefahr. Hier die Schilderung über diesen gefährlichen Einsatz aus den Unterlagen der Feuerwehr und den Berichten der Zeitung zusammengestellt.
Das Firmengelände der Nitag in der Sandershäuser Straße 80 verfügt über einen Gleisanschluss zum Bahnhof Bettenhausen. Die Zufahrt für Fahrzeuge liegt in der Straße Am Sälzerhof und die Ausfahrt führt zur Sandershäuser Straße. Ein- und Ausfahrt sind aus Sicherheitsgründen getrennt und das Gelände ist mit einem zwei Meter hohen Drahtzaun abgesperrt. Im Betrieb besteht striktes Rauchverbot. Auf dem Grundstück befindet sich ein Bürogebäude mit Keller für Öl und Schmierstoffe. Am 22.01.1952 stehen in der Lagerhalle 500 gefüllte Druckgasflaschen. Außerdem sind 200.000 Liter Otto- und 175.000 Liter Dieselkraftstoff in Tanks auf dem Hof gelagert. Zum Betrieb gehört eine Treibgasabfüllanlage mit unterirdischem Tank zum Befüllen der Kundenflaschen. Daneben lagern 16000kg Propangas in Flaschen. Drei mit Treibgas befüllte Kesselwagen der Bahn stehen ebenfalls auf dem Hof der Firma.
Dienstag der 22. Januar 1952 ist niederschlagsfrei, die Temperaturen liegen um null Grad, es liegt Schnee und Nachtfrost ist angesagt. Im Thalia Kino in Bettenhausen spielt am Abend der Film „Mit Eiserner Faust“ mit Errol Flynn.
Um 13.30 Uhr strömt durch einen Ventilbruch an der Abfüllanlage der Firma Nitag Brenngas aus. Unsichtbare Gaswolken lagern sich vor allem in der Nähe des Tankes ab. 500 bis 700 Meter im Umkreis werden sofort danach von der Polizei und der Berufsfeuerwehr sämtliche Zündquellen gelöscht und strengstes Rauchverbot erlassen. Die Straßen rings um die Nitag werden für den Verkehr abgesperrt. Es wird versucht, die Leckstelle zu schließen. Gegen 19.30 Uhr sehen dann die bereitstehenden Feuerwehrleute plötzlich eine Stichflamme und hören einen alles übertönenden Donner ähnlichen Knall. In einer ungeheuren Explosion entzünden sich mehr als 16.000 kg Propangas in der Nitag-Abfüllstation in der Sandershäuser Straße. Das einstöckige Gebäude über der Tankanlage brennt sofort. Wege stehen in Flammen und selbst der Schnee beginnt, da von Gas geschwängert, zu brennen.
Weitere Kräfte der Berufsfeuerwehr Kassel werden sofort von der Wache Nebelthaustraße im Westen der Stadt nach alarmiert. Zusätzlich wird die Militärfeuerwehr der amerikanischen Besatzer zur Verstärkung angefordert. Wegen der Brisanz der Lage rückt der Branddirektor Arved Behrens zur Einsatzstelle aus und übernimmt die Einsatzleitung. Der erfahrene Feuerwehrchef leitet kaltblütig aber ruhig und besonnen die Brandbekämpfung. Mit einem B-Rohr wird zuerst der Tank an der Abfüllanlage gekühlt. Bis zu 30 Meter hoch ragt die Rauch- und Feuersäule in den Nachthimmel. Die bereitstehende Berufsfeuerwehr geht unter Lebensgefahr zum Angriff über. Zum Schutz vor der Hitze müssen sich einzelne Männer mit Schildern schützen (siehe Foto unten). Sechs weitere C-Rohre kommen zu Brandbekämpfung und Kühlung im Verlauf des Abends zum Einsatz. Durch Behrens Anweisung können kurz nach der Explosion die drei gefüllten Kesselwagen durch eine sofort von der Bundesbahn bereitgestellte Lok aus dem gefährdeten Hof der Nitag herausgezogen werden.
Doch die bis zu 2000 Grad Celsius heißen Flammen werden von dem ausgeströmten und in die Erde eingesickerten Propangas genährt.
Die Berufsfeuerwehrmänner verhinderte zusammen mit der amerikanischen Feuerwehr aus Kassel und der Nitag-Werksfeuerwehr, dass die 500 gefüllte und unter Druck stehenden Gasflaschen in einer Halle neben dem Brandherd sowie die großen Mengen Otto- und Dieselkraftstoff auf dem Hof in Brand geraten oder explodierten. Mit eisernen Nerven hält auch Kassels jüngster Feuerwehrmann Werner S. am Strahlrohr mit zwei weitere Männern im Inneren des Abfüllraumes aus, in dem die 500 gefüllten Flaschen lagern. Während die Wände bereits dampfen vor Hitze kühlen sie die Flaschen und verhindern so eine Explosion. Um die großen Wassermengen von 7000 Liter / Minute bereitzustellen reichen die Hydranten des öffentlichen Wassernetzes nicht aus, sodass zwei Zubringerleitungen von der 200 Meter entfernten Losse verlegt werden müssen. Unter Einsatz von großen Mengen Löschwasser und Schaum gelingt es bis drei Uhr in der Nacht die Flammen zu löschen. Ein Zug der amerikanischen Wehr wird nach Eindämmung der größten Flammen ins Depot zurückbeordert, um zum Schutz der übrigen Stadt bereitzustehen.
Es besteht aber noch die drohende Gefahr, dass das süßlich riechende Gas, welches sich in tiefer gelegenen Stellen, vor allem in Kellern und Erdgeschossräumen in der Nähe des Nitaggeländes, angesammelt hat, wieder entzündet. Größte Vorsicht ist nach Ansicht der Feuerwehr darum nach wie vor dort geboten. Das Gas ist allerdings nicht giftig. Eine Brandwache der Feuerwehr verbleibt die ganze Nacht. Nach dem sie sämtliche Keller nach Gasrückständen abgesucht hat und nirgends mehr Explosionsgefahr besteht, kann Entwarnung gegeben werden. Die Brandwache bleibt noch den ganzen Mittwoch über einsatzbereit vor Ort, braucht aber nicht mehr einzugreifen.
Vorbildlich war die Zusammenarbeit der Wehren, zu denen auch die Freiwillige Feuerwehr von Harleshausen stieß. Oberbürgermeister Willi Seidel, Bürgermeister Wilhelm Grenzebach und Stadtrat Willi Goethe sprachen noch an der Brandstelle den Feuerwehrleuten ihren Dank aus. Die Feuerwehrmänner kämpften unter Lebensgefahr.
An der Brandstelle wird am Mittwoch bereits mit den ersten Aufräumarbeiten begonnen. Nach Auskunft der Firma sind die Sachschäden wesentlich geringer als anzunehmen war. Tanklager und Apparaturen konnte durch den beherzten Einsatz der Feuerwehr erhalten werden. Verloren sind lediglich die ausgeströmten und verbrannten Mengen (18000kg) an Treibgas.
Die Nitag kann nach kurzer Zeit die Abfüllanlage wieder in Betrieb nehmen.
Editor: Erhard Schaeffer, Januar 2015
Quellen:
- 100 Jahre Berufsfeuerwehr Kassel, Giller, Mierke, Petig 1991
- Hessische Nachrichten, 23. und 24. Januar 1952
- www.dasgeiseltal.de
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Kurzbeschreibung
Die Mineralölfirma Nitag betrieb in den 1950er Jahren ein Lager für Treibgas (Propan) und Kraftstoffe. Bei einer Gasexplosion an der Abfüllanlage kämpften Feuerwehrmänner im Winter 1952 unter Lebensgefahr. Hier die Schilderung über diesen gefährlichen Einsatz aus den Unterlagen der Feuerwehr und den Berichten der Zeitung zusammengestellt.
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