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Espenlaub Flugzeugbau aus Cassel-Bettenhausen
- Autor: Falk Urlen
- Zeit: 1925
- Ort: Ölmühlenweg
- Vom: 13.01.2016
- Themen: Firmen- und Industriegeschichte, Industrie und Gewerbe
Der "Espenlaub Flugzeugbau Cassel" war ein deutscher Hersteller von Segel- und Leichtmotorflugzeugen. Die Segelflugzeugbauer Gebrüder Espenlaub mieteten 1925 im Bettenhäuser Sägewerk Nölke ( Ölmühlenweg 18) eine Werkstatt, um hier Segelflugzeuge zu entwickeln und zu bauen. Schon 1927 übersiedelten sie dann nach Düsseldorf.
1. Geschichte
1925
Der Segelflugpionier Gottlob Espenlaub hatte im August diesen Jahres den Kontakt zum Vorsitzenden des Mitteldeutschen Flugverbandes e.V. (MFV) bekommen. Der wollte ihn gerne auf dem Segelfluggelände Dörnberg bei Kassel als Fluglehrer einsetzen. Der damals 25-jährige Espenlaub und sein jüngerer Bruder Hans betrieben in Grunau/Riesengebirge eine Werkstatt in der sie Segelflugzeuge bauten. Dafür wollte man ihnen im Ölmühlenweg 18 in Kassel-Bettenhausen in Paul Nölkes Sägewerk eine Werkstatt bereitstellen. Im November kamen sie nach Kassel und nahmen die Arbeit auf. Nun war hier der Grundstein für die professionelle Herstellung von Segelflugzeugen gelegt. Am 29. November startete Gottlob Espenlaub, auch kurz Espe genannt, mit seiner Espenlaub E 5 erstmals am Dörnberg. Der Espenlaub Flugzeugbau lief gut an und so mussten die Brüder zum Jahresende bereits Facharbeiter einstellen und anlernen. Maschinen der Typen E 5 und E S (Schulmaschine) wurden hergestellt und vertrieben. Dazu hatten sie eine Werbekarte drucken lassen.
1926
Espes Schulflugzeug war auf dem Dörnberg in der Halle des MFV untergebracht und die Bedingungen für den Schulbetrieb erforderten große Anstrengungen. In diesem Winter hatte er Pläne für ein neues Segelflugzeug mit einer Spannweite von 24 Metern entwickelt, die Espenlaub E 9. In ihrer Werkstatt waren die Brüder mit dem Bau angefangen.
Espenlaub erkannte, dass die Flugzeugbauer Dietrich und Raab-Katzenstein mit der Organisation von Flugveranstaltungen und der Teilnahme daran Einnahmen erzielten. Daher entschloss er sich, auch auf diesem Wege die Firmenkasse zu füllen. Am 7. März veranstaltete er ein Schaufliegen in Melsungen, eine kleineren Stadt ungefähr 30 Kilometer südlich von Kassel gelegen. Das Wetter war für den Segelflug nicht besonders geeignet, aber die Zuschauer wollten für ihr Eintrittsgeld auch Flugbewegungen sehen. Espe startete in seiner E 5 und dieser Flug endete mit der bekannten ‚Telegraphendraht-Landung‘ über einer Eisenbahnstrecke. Er selbst blieb unverletzt. So sorgte er zwar für Schlagzeilen in allen Zeitungen, aber die Einnahmen aus der Veranstaltung deckten gerade mal die Reparaturkosten.
Wahrscheinlich durch dieses Ereignis angeregt, erschien am 2. April ein Artikel in den Kasseler Neuesten Nachrichten mit einer Zeichnung, die Espenlaubs E 5 zwischen den Türmen der Kasseler Martinskirche hängend darstellte. Wenn sich die Bruchlandung wirklich so ereignet hätte, wäre der Kasseler Fotograf Eberth zur Stelle gewesen, um das Ereignis festzuhalten, so blieb es ein etwas verspäteter Aprilscherz der Zeitung.
Am Ostersonntag flog Espe sein neues Riesenflugzeug auf dem Dörnberg ein, so wurde die E 9 bezeichnet. Die Probeflüge verliefen zufriedenstellend. Ob ihn Max Kegel dabei unterstützte, ist nicht klar. Der war inzwischen selbst Mitglied des MFV und flog auch auf dem Gelände.
Der Bau eines weiteren Flugzeugs, der Espenlaub E 10 wurde in Angriff genommen. Dieser Typ war als Nachfolger der E 5 gedacht. Bis Anfang August hatte man zum Rhön-Wettbewerb zwei davon fertiggestellt und Espe meldete sie zusammen mit einer E 5 und der E 9 an. Bei diesem Wettbewerb auf der Wasserkuppe führte er dann dem Fachpublikum die E 9 mit 24 Metern Spannweite vor. So etwas hatte man bisher noch nicht gesehen! Espenlaubs Annahme, dass eine gute Flugleistung von einer großen Spannweite abhängig war, bestätigte sich. Zum Ende des Wettbewerbs startete er bei widrigen Windverhältnissen nochmals. Heftige Böen zwangen ihn zu starken Ruderausschlägen, aber bei der ungewohnten Trägheit der großen Maschine konnte er nicht richtig reagieren und der Flug endete mit einem Bruch. Espe kam wieder einmal mit nur leichten Blessuren davon. Inzwischen gebrauchte man in der deutschen Fliegerei bei Bruchlandungen ohne Personenschaden den Ausspruch: „Der hat Glück wie Espenlaub.“ Vom Preisgericht wurde ihm der erste Platz in der Konstruktionswertung zugesprochen und dazu erhielt er das so wichtige Preisgeld.
Gottlob Espenlaub musste es inzwischen zu einem gewissen Wohlstand gebracht haben, denn er war im Besitz eines Automobils vom Typ Opel-Laubfrosch. Diesen gab er zum Kauf eines weißen Bugatti in Zahlung. Von nun an waren elegante und schnelle Kraftfahrzeuge seine bevorzugten Fortbewegungsmittel.
Auf dem Flugplatz Kassel-Waldau herrschte reger Flugbetrieb durch die Motorflugschulung von Raab-Katzenstein und da sich Espes Betrieb im Bereich der Platzrundenflüge befand, muss in ihm der Wunsch entstanden sein, ein richtiger Motorflieger zu werden. So entschloss er sich zum Bau eines Motorflugzeugs, der Espenlaub E 11, ausgestattet mit einem 35 PS Anzani Drei-Zylindermotor.
1927
Anfang des Jahres brachten Gottlob und Hans Espenlaub die E 11 zum Flugplatz in Waldau. Trotz solider handwerklicher ‚Rhönarbeit‘ fiel das Urteil der dort anwesenden Piloten und Flugzeugbauer von Raab-Katzenstein nicht positiv aus. Keiner der Piloten wollte es wagen, die Maschine einzufliegen. Espe bestieg nun selbst das Flugzeug startete den Motor, gab Vollgas, war in der Luft und stieg schnell auf 250 Meter Höhe. Auch die Landung glückte ihm unter dem Beifall der Anwesenden.
Es stellte sich aber heraus, dass die E 11 stark schwanzlastig war und abgeändert werden musste. In der Werkstatt im Sägewerk Nölke machten sich die Brüder sofort an die Arbeit. Nach der Fertigstellung wollte Espe die Maschine zum erneuten Probeflug nicht wieder nach Waldau bringen, sondern nutzte eine nahe gelegene Wiese als Flugfeld. Nach einem abenteuerlichen Start brachte er die E 11 auf eine sichere Flughöhe flog zum Flugplatz Waldau und landete er dort wohlbehalten. Mit der Durchführung dieses Fluges wie auch des Erstfluges hatte Espe gegen alle damaligen gesetzlichen Bestimmungen verstoßen. Er besaß keinen Flugzeugführerschein, die Maschine war weder versichert, noch zugelassen, außerdem hatte er die Flugplatzzone verlassen und war sogar von einer nicht genehmigten Fläche gestartet. Aber auch dieses Mal hatte Espe Glück. Sein Freund Max Kegel, der als Luftpolizist in Waldau Dienst tat, konnte den Fall in der Form regeln, dass Espe mit einer Verwarnung davon kam und der Auflage, den Pilotenschein zu erwerben. Außerdem musste er die E 11 versichern und zulassen. Gottlob Espenlaub hatte bewiesen, dass er neben dem Kleinserienbau von Seglern fähig war, auch Motorflugzeuge zu bauen. Das sollte nun seinen weiteren Berufsweg bestimmen.
Im Februar 1927 entwickelte sich ein Vorhaben, das Espenlaubs weiteren Aufenthalt in Kassel stark beeinflussen sollte. Es war die Durchführung des ersten Schleppfluges eines Seglers durch ein Motorflugzeug (siehe dazu die Ausführungen in Link Raab-Katzenstein Flugzeugwerk GmbH, Kassel).
Nach dem misslungenen Schleppflug am 20. März reparierten die beiden Espenlaubs ihre neue E 7 und verstärkten dabei wahrscheinlich auch den Seitenruderaufbau.
Die Streitigkeiten um die Urheberrechte des Schleppfluges belasteten Gottlob Espenlaub sehr, er fühlte sich in Kassel nicht mehr wohl. Da bot sich die Möglichkeit, in Düsseldorf direkt am Flugplatz Lohausen eine neue Werkstatt zu beziehen. Im April bereitete Bruder Hans die Abwicklung des Umzugs vor, während Gottlob sich bemühte, die Firmenkasse wieder aufzufrischen. Dazu meldete er sich zum IV. Küsten-Segelflugwettbewerb in Rositten an, um mit der E 11 als Schleppmaschine und der geänderten E 7 als Anhänger den neuen ‚Luftschleppzug‘ vorzuführen. Der E 11 hatte er dazu eine Schleppkupplung am Hauptspant an der Rumpfunterseite in der Nähe des Schwerpunktes angebracht. Die Kupplung der E 7 war ein Nachbau der Raab-Katzenstein-Kupplung und wurde an der Rumpfspitze angebaut.
Als Flugzeugführer für den Segler hatte er den 19-jährigen Segelflieger Edgar Dittmar gewinnen können und für die E 11 den 30-jährigen ehemaligen Militärflieger Wilhelm Mejo. Er selbst assistierte bei den Startvorbereitungen. Am 3. Mai gelang in Rositten der Schleppflug – unter Aufbietung aller fliegerischen Fähigkeiten der beiden Flugzeugführer. Es zeigte sich, dass die E 7 für diesen Zweck zu schwer war und die 35 PS des Anzani-Motors in der E 11 dafür nicht ausreichten. Außerdem hatte es noch ernsthafte Probleme beim Ausklinken des Seglers gegeben, der RaKa-Nachbau war anscheinend nicht richtig gelungen. Immerhin konnte Espe eine Geldprämie mit nach Hause bringen.
Am 27. Juli 1927 meldete sich Gottlob Espenlaub in Kassel ab und verlegte seinen Betrieb nach Düsseldorf.
2. Produktübersicht
Espenlaub E S – Schulflugzeug; Spannw. 12,00 m, Rüstgew. 150 kg.
Espenlaub E 5 – Übungsflugzeug; Spannw. 12,00 m, Rüstgew. 86 kg.
Espenlaub E 8 – Segelflugzeug m. Hilfsmot.; Victoria 2-Zyl. Mot. 12 PS, Spannw. 12,80 m, Rüstgew. ca. 150 kg.
Espenlaub E 7 neu – Anhängerflugzeug; Spannw. 12,80 m, Rüstgew. ca. 130 kg.
Espenlaub E 9 – Segler doppelsitzig; Spannw. 24,00 m.
Espenlaub E 11 – Leichtmotorflugzeug; Anzani 3-Zyl. Mot. 35 PS, Spannw. 10,00 m, Rüstgew. ca. 250 kg.
3. Literatur
Rolf Nagel, Thorsten Bauer: Kassel und die Luftfahrtindustrie seit 1923, A. Bernecker Verlag GmbH, Melsungen 2015, ISBN: 978-3-87064-147-4.
Autor: Rolf Nagel, Falk Urlen
Redakteur: Falk Urlen, Januar 2016
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Kurzbeschreibung
Der Espenlaub Flugzeugbau Cassel war ein deutscher Hersteller von Segel- und Leichtmotorflugzeugen. Die Segelflugzeugbauer Gebrüder Espenlaub mieteten 1925 im Bettenhäuser Sägewerk Nölke (Ölmühlenweg) eine Werkstatt, um hier Segelflugzeuge zu entwickeln und zu bauen. Schon 1927 übersiedelten sie dann nach Düsseldorf.
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