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Leipziger Platz - Zentrum von Bettenhausen
- Autor: Erhard Schaeffer
- Zeit: 1909
- Ort: Leipziger Platz
- Vom: 25.09.2014
- Themen: Stadtentwicklung, Kommunale und staatliche Einrichtungen
Der Leipziger Platz gilt seit jeher als beliebter Anlaufpunkt der Bettenhäuser Gesellschaft. Ursprünglich stießen an dieser Stelle nur Straßen wie die alte Handelsroute Leipziger Straße, die Ochshäuser Straße, die Stiftstraße (heutiger Dormannweg), die Pfarrstraße und die Burgstraße zusammen. Lange Zeit hatte diese Kreuzung keinen Namen, obwohl mit der Einrichtung einer Wendeschleife für die Straßenbahn längst ein Platz entstanden war. Erst 1954 erhielt dieser Verkehrs- und Geschäftsmittelpunkt im Kasseler Osten offiziell seinen Namen Leipziger Platz. Der Beitrag beleuchtet mit der unvollständigen Aufzählung von Ereignissen der Geschichte und der Beschreibung von ehemaligen und noch bestehenden Gaststätten, Geschäften und Firmen rings um den Platz die Bedeutung für das urbane Leben im Stadtteil.
Um den wie ein Dreieck ausgeformten Platz stehen noch einige Häuser aus früherer Zeit, allerdings nicht die „Dorfkirche“ wie das bis 1943 am Unterneustädter Kirchplatz, der bis Ende des 18. Jahrhunderts den Namen Leipziger Platz trug, der Fall war. Die Marienkirche steht in Bettenhausen in einiger Entfernung im alten Dorfkern. Alles im heutigen Bettenhausen wird hier bestimmt von dem erheblichen Durchgangsverkehr von und zur Kasseler Innenstadt, bzw. von Osten über die Bundesstraße B7.
Der Ausbau der Straßenbahnlinie nach Bettenhausen über die Leipziger Straße begann schon 1898 und endete vorerst am Pfaffenstieg. Nach einer durch den Weltkrieg bedingten Pause wurde der Ausbau des Schienennetzes fortgesetzt und so konnte am 23. November 1920 der Betrieb auf der Strecke mit der ersten Schleife an der Ochshäuser Straße aufgenommen werden. Es entstand ein baumumringter Platz allerdings ohne Namen. Mit der Erweiterung der Leipziger Straße zwischen Kirchgasse und dem namenlosen Platz 1953 wird auch der Platz neugestaltet. Erst mit dem Beschluss der Magistratssitzung vom 01.03.1954 erhält der Platz auf einen Vorschlag von Fritz Radke die Bezeichnung Leipziger Platz. Man kann sich heute kaum noch vorstellen, dass dieser Platz, der damals das neue Zentrum Bettenhausens darstellte, jahrzehntelang ein Kuriosum, ein Platz ohne Namen gewesen war. Der Volksmund hatte sich bis dahin immer zu helfen gewusst eine inoffizielle Bezeichnung zu finden. So hieß der Platz in weiten Teilen der Bevölkerung nach dem Ersten Weltkrieg - Invalidenplatz -. Später als die Straßenbahnlinie bis dorthin verlängert wurde, nannte man ihn ganz einfach die -Endstation-.
1848 wird neben dem späteren Leipziger Platz, etwa an der Stelle der ehemaligen Ton und Steinzeugwerke, ein neuer Friedhof für Bettenhausen angelegt. Auf dem Gelände des ehemaligen Bettenhäuser Friedhofs an der Leipziger Straße ließ sich 1883 das Tonwarenwerk Bettenhausen nieder. Nach dem Zusammenschluss mit drei weiteren Steinzeugherstellern firmierte das Werk zuerst unter dem Namen „Vereinigte Tonwarenwerke AG“. Erst 1975 schloss die Firma aus wirtschaftlichen Gründen.
1900 fand im Gasthaus Fritz Belz Ecke Burgstraße der erste Maskenball statt. 1912 wurde daneben das "Colonialwarenladen-Viereck" eröffnet, das Waren aus den Kolonien des Deutschen Reiches (Togo, Deutsch-Ostafrika, Kiautschou, Deutsch-Südwestafrika, Kamerun) anbot.
Ab 1909 verkauften zwei Generationen der Familie Liphardt am Leipziger Platz in der Stiftstraße 3 (heute Dormannweg 3) in einem kleinen Ladenlokal Textilien.
An der Ostseite des Platzes in der Pfarrstraße anstand 1927 eine geschlossene Wohnbebauung aus Klinkersteinen die im Volksmund „Rot Front“ genannt wurde. Fast neun Jahrzehnte lang zapften zwei Generationen der Familie Barthel in der Gaststätte „Zur Römerhalle“ am Leipziger Platz ein gepflegtes Schöfferhof-Pils. Nur das repräsentative Eckhaus aus der Gründerzeit in der Leipziger Straße 211 erinnert heute noch an die hier gewährte Gastlichkeit. Gleich nebenan in der Leipziger Straße 213 repariert Otto Lucas in seiner Werkstatt DKW Motorräder.
Im Rahmen eines Projektes der Stadt Kassel wurde 1928 die Firma "Junkers Luftbild" beauftragt, eine exakte Stadtkarte mit stereoskopischen Ansichten zu erstellen. Dabei entstanden auch viele Luftaufnahmen von Bettenhausen und u. a. die vom Platz an der Leipziger Straße.
Martin Petzing gründete 1922 mit seinem Partner Hartmann und sechs Mitarbeitern die Fabrik zur Herstellung von Holzschnittbandsägen in der Leipziger Straße 158. Dieses Spezialunternehmen an der Südseite des Leipziger Platzes hatte zu seiner Spitzenzeit bis zu 160 Beschäftigte weltweit und bestand bis zum Konkurs in 2003 an dieser Stelle.
Das kulturelle Leben in Bettenhausen hatte nach 1945 im Theater des Ostens, dem " T.d.O." einen geeigneten Platz gefunden. So nutzte auch das Kasseler Staatstheater, das zerbombt war, die Möglichkeiten und vermittelte hier Kassels Bürgern lange vermisste schöne Aufführungen. Eingerichtet wurde es im Saal der ehemaligen Gaststätte Belz am Leipziger Platz, wo sich später das Möbelhaus Salomon befand. In den 1960ern Jahren organisierte der Betreiber des legendären Kasseler "Clubs 21" Auftritte von Live-Bands in diesem Festsaal entlang der Burgstraße. Über Kassel bekannt wurde das Tanzlokal mit dem Namen "Tenne" als Vorläufer der Diskotheken.
Wie erwähnt wurde erst 1954 das Karree an der Leipziger Straße 207 bis 209 "Leipziger Platz" genannt. Vier Jahre später eröffneten die Brüder Scheda ihre Hausschlachterei. Da sie kein Frischfleisch verkaufen dürfen, verarbeiten sie alles zu Wurst - auch Filet. Dadurch werden sie in Kassel bekannt. Aus allen Stadtteilen kommen die Kasseler, um ihre Wurst bei den Scheda-Brüdern zu kaufen.
In der Leipziger Straße 207 vor der Haustür der Scheda-Brüder stand zu der Zeit auch die Groß Tankanlage Otto Happe, die von August Theis betrieben wurde. Nach heutigem Verständnis mit nur einer Zapfsäule und einem Wagenplatz war diese die Bezeichnung Großtank nicht wert.
Frisches Obst und Gemüse kaufte man damals in der Kleinen Markthalle von Gerhard Vaupel. Der Laden befand sich in der sogenannten Mauer auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes in der Kurve zur Ochshäuser Straße. Hier lagen auch der Laden von Schuh Scholl , die Ring Drogerie von Renköwitz, das Elektrogeschäft Enseleit, das Eislädchen Naschkätzchen, die Kohlenhandlung Malkomes & Rode und der Baustoffhandel Walter Seidel KG.
Im Kiosk neben dem Trafo Haus an der Ecke zur Burgstraße befand sich die Toto Annahmestelle von Herrn Siewert und schräg dahinter der Lebensmittelhandel Rheika. Ab 1958 betreibt nebenan im Dormannweg 1 die Familie Stiehl schon in vierter Generation die Kleine Goldschmiede von Kassel-Bettenhausen. Am 01. Februar 1975 feierte die Werkstatt ihr 100jähriges Geschäftsbestehen. Daneben vor dem Haus Dormannweg 3 lag lange Zeit die Omnibushaltestelle.
1977 entstand am Standort des ehemaligen T.d.O. das Möbelhaus Salomon. 13 Jahre später feierte die Familie Salomon das 100-jährige Bestehen ihrer Firma, die aus einer Möbelschreinerei hervorging. 2006 wurde das Möbelhaus Salomon wegen starken Konkurrenzdrucks geschlossen.
Im Jahr 1992 wird in der Leipziger Straße 164 auf der Südseite des Platzes ein modernes Wohn- und Geschäftshaus mit anschließendem Parkhaus zur Ochshäuser Straße errichtet. In diesem Gebäudekomplex sind neben Einzelhandelsgeschäften auch ein Ärztezentrum und eine Apotheke integriert. Für Bettenhausen ist dies ab sofort die erste Adresse für die Belange des täglichen Lebens und die Gesundheitsfürsorge. Durch die Haltestellen der Straßenbahnen, der Regio-Tram und der KVG Busse unmittelbar vor der Tür ist die gute Erreichbarkeit gewährleistet. Die Haltestelle ziert eine Herkules-Statue. Auch verkehrstechnisch wird der Platz in den kommenden Jahren umgestaltet und aufgewertet. Die Wendeschleife vergangener Tage verschwindet, auf der Fläche entsteht eine kleine Oase mit Bäumen, Brunnen und Bänken zum Rasten.
Alljährlich im Dezember wird auf dem Platz eine beleuchtete Weihnachtstanne aufgestellt und im Autohaus Hessenkassel schräg gegenüber findet ein großer Nikolaus-Markt statt. Viele Vereine und Geschäftsleute sorgen dann für vorweihnachtliche Stimmung. Unter anderem mit Jazz, Musik und Tanz, Glühwein, Kinderpunsch und Tee, Grünkohl, polnischer Wurst und Bratwurst, Kaffee, Kuchen und türkische Spezialitäten. Verlost werden außerdem edle Nordmann-Tannen.
Seit 2008 wird das Solomon-Gebäude an der Leipziger Straße 207 bis 209 von der Stadt Kassel als Depot für die drei städtischen Museen genutzt. Die Schaufenster ermöglichen durch zahlreiche historische großflächige Fotos ein Blick auf das alte Bettenhausen, insbesondere aus der Vogelperspektive durch Luftaufnahmen von Junkers.
Text: Erhard Schaeffer, September 2014
Quellen:
- Chronik anläßlich des 50. Jahrestage der Eingemeindung Bettenhausens, Kurt Klehm 1956
- Festzeitung 850 Jahre Bettenhausen, 1976
- Stadtarchiv Kassel
- regiowiki.hna.de/Leipziger_Platz
- www.kassel-weblog.de
- HNA vom 20.11.2013
- Schriftenreihe Kasseler Schienennahverkehr Band 1-5, Wolfgang Kimpel 1989-93
- Bettenhäuser Heimatblatt 1954
- Geschichtskreis "Bettenhausen früher und heute"
- K-P. Wieddekind, Kassel
- Möbelhaus Salomon Chronik
- Goldschmiedemeisterin Doris Stiehl, Kassel
- Frau Waltraud Becker, geb. Barthel, Kassel - B.
- Volker Renkwitz, Kassel
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Kurzbeschreibung
Der Leipziger Platz gilt seit jeher als beliebter Anlaufpunkt der Bettenhäuser Gesellschaft. Ursprünglich stießen an dieser Stelle nur Straßen wie die alte Handelsroute Leipziger Straße, die Ochshäuser Straße, die Stiftstraße (heutiger Dormannweg), die Pfarrstraße und die Burgstraße zusammen. Lange Zeit hatte diese Kreuzung keinen Namen, obwohl mit der Einrichtung einer Wendeschleife für die Straßenbahn längst ein Platz entstanden war.
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